von Christof Leim
Das hat sich mal gelohnt: An einem Sonntag im November 1984 spielen mehr als drei Dutzend der größten britischen Popstars unter dem Namen Band Aid gemeinsam eine Single ein. Do They Know It’s Christmas? verkauft sich innerhalb einer einzigen Woche eine Million Mal und spielt im Verlauf der nächsten zwölf Monate acht Millionen britischer Pfund ein – Geld, das zur Linderung der verheerenden Hungersnöte in Afrika eingesetzt wird.
Hört hier den Song und lest weiter:
Zu den Künstlern, die an diesem 25. November 1984 in den Sarm West Studios im Londoner Stadtteil Notting Hill zusammentreffen, gehören Leute wie Phil Collins, George Michael, Sting, Paul Weller, Paul Young, Bono und Adam Clayton von U2 sowie die Bands Duran Duran, Spandau Ballet und Bananarama. Zusammengetrommelt wurden sie von Bob Geldof, dem Sänger der Boomtown Rats, der von Fernsehberichten über die Lage in Äthiopien so geschockt ist, dass er etwas unternehmen muss. Zusammen mit seinem Kumpel Midge Ure von Ultravox schreibt er einen Song und beginnt, Musikerkollegen für die Aufnahme zu verpflichten. Sting ist der erste, der zusagt, die größten Popstars der Zeit folgen. Nur drei Künstler lehnen ab – wer das ist, verrät Geldof nicht. Auch in den Medien verbreitet sich das Vorhaben, so dass am 25. November die Kameras bereitstehen, als morgens um acht die Studioarbeit beginnt. Als Produzent fungiert Midge Ure. Nachdem die Instrumentalspuren eingespielt sind, singen zunächst alle gemeinsam den hymnenhaften Chorus, dann kommen nach und nach die Einzelsänger dran. Tony Hadley von Spandau Ballet macht den Anfang und zeigt Nerven, weil die gesamte Prominenz der britischen Popszene ihm dabei zuschaut.
Francis Rossi and Rick Parfitt von Status Quo hatte Geldof eingeladen, um auch unter Rockern auf sein Projekt aufmerksam zu machen. Die beiden sollen einige hohe Harmonien singen, aber wegen zu viel Feierei am Vorabend klappt das nicht so recht. Immerhin tragen Rossi und Parfitt trotzdem zu den Sessions bei, heißt es später – indem sie ein anregendes Pülverchen bereitstellen. Phil Collins rollt mit einem Drumkit an und trommelt das Stück in zwei Takes ein. Paul Weller spielt ein Gitarrensolo, das jedoch gestrichen wird, weil es nicht zu dem Pop- und New Wave-Charakter der Nummer passt.
Boy George von Culture Club, damals einer der angesagtesten Stars der Welt, hatte versprochen, eigens aus New York einzufliegen, lässt sich aber bis zum Mittag nicht blicken. Also wirft Geldof ihn telefonisch aus dem Bett und fordert ihn auf, umgehend eine Concorde zu besteigen. George schläft jedoch wieder ein und nimmt eine spätere Maschine. Um 18 Uhr kommt er in London an und nimmt als letzter Sänger seine Parts auf. Daraufhin beginnt Midge Ure umgehend mit dem Mix, während sich im Studio – keine Überraschung – eine Party entwickelt…
Hört euch hier den Song auf Spotify an und zieht ihn in eure Playlist:
Eine Woche später wird der Song veröffentlicht, rotiert fortan pausenlos im Radio und auf MTV und steigt in 14 Ländern auf Platz Eins der Charts ein. Magazine werben kostenfrei für die Single, Plattenfirma und Vertrieb bringen sie ebenso kostenfrei in die Läden, und die britische Regierung spendet die eingenommene Umsatzsteuer. Bis heute hat sich Do They Know It’s Christmas? weit über 10 Millionen Mal verkauft. Und sämtliche Erlöse gehen in die Hilfe für Afrika. Eine gute Sache.