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Zeitsprung: Am (vermutlich) 27.9.1979 veröffentlichen Blondie „Eat To The Beat“.

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 27.9.1979.

von Frank Thießies und Christof Leim

Nachdem das Album Parallel Lines 1978 Blondie auch in ihrer amerikanischen Heimat zu Stars gemacht hat, muss schnell ein Nachfolger her. Mit Eat To The Beat schafft es die Band Ende 1979, sowohl den Schaden der beginnenden inneren Spannungen noch einmal zu begrenzen als auch in kreativer Hinsicht noch wilder daherzukommen.

Hier könnt ihr euch das (Video-)Album Eat To The Beat anhören und ansehen

Das exakte Veröffentlichungsdatum lässt sich nach 40 Jahren allerdings gar nicht mal so einfach ermitteln: Während viele Quellen den 13. Oktober 1979 nennen, finden sich ebenso Belege dafür, dass die Scheibe schon vier Tage vorher den ersten Platz der britischen Charts erklommen hat. Zumindest für Europa stimmt da also etwas nicht. Das früheste auffindbare Veröffentlichungsdatum geht dabei auf den 27. September 1979 zurück und bildet somit den Ausgangspunkt für unseren heutigen Zeitsprung.  

Unter Druck

Von ihrem New Yorker-Underground-Dasein und damit auch den für Blondie immer irgendwie unpassenden, schmuddeligen CBGB’s-Assoziationen haben sich Debbie Harry und Co. bereits 1978 emanzipiert. Einen nicht unwesentlichen Katalysator bildet dabei Produzent Mike Chapman, die eine Hälfte des Hitlieferantenteams hinter Bands wie The Sweet, Suzi Quatro oder Smokie. Der Australier hatte Blondies Punk/New Wave-Sound mit dem Album Parallel Lines auf Charttauglichkeit frisiert und ihnen unter anderem den Evergreen Heart Of Glass beschert. Logisch, dass das vierte Album der Band ebenfalls unter Chapmans Ägide entstehen und – so die ausdrückliche Forderung des Labels – ebenfalls ein richtig großer Hit werden muss.

Mit der Plattenfirma-Pistole auf der Brust treten Blondie im Studio die Flucht nach vorn und parallel dazu auch verstärkt in die Drogen an. Zwar sind sich Produzent und Band immer noch nicht so richtig grün, denn für Sängerin Debbie Harry ist der in Kalifornien residierende Chapman zu sehr Los Angeles und zu wenig New York. Doch letztendlich gibt ihnen das Ergebnis Recht. Allen internen Querelen und stilistischer Sprunghaftigkeit zum Trotz gerät das eklektisch-experimentierfreudige Eat To The Beat zum zweiten großen künstlerischen und kommerziellen Erfolg. 

Blondie 1979: Die Zukunft ist bunt. – Foto: Maureen Donaldson/Getty Images

Querbeet

Vom Opener Dreaming, der von Schlagzeuger Clem Burkes manischem Beat und einer traumhaften Melodie getrieben wird, über den schwitzenden Funk in The Hardest Part bis zur kristallinen Leichtfüßigkeit der Pop-Perle Union City Blue: beweisen Blondie schon auf den ersten drei Songs ein breites Spektrum. Dazu gesellt sich wie im Titeltrack vertontes hibbeliges New-York-Gewusel mit Punk-Schlag und bei Die Young Stay Pretty sogar karibisch angehauchter Reggae-Flair. Slow Motion wiederum fängt das Bubblegum-Pop-Genie von Sixties-Girlgroups wie den Ronettes oder den Shangri-Las ein, während das explosive Atomic New Wave, Rock und Disco mit markigem Surfgitarren-Twang fusioniert. Mit Living In The Real World endet Eat To The Beat schließlich in einer launigen Up-Tempo-Nummer, die man fast als Paradebeispiel für das von Pop und Punk geprägte New-Wave-Verständnis sowie jenes der Neuen Deutschen Welle gleichermaßen heranzitieren möchte. Unterm Strich streift Eat To The Beat in 43 Minuten mehr Genres als andere Bands in ihrer gesamten Karriere.

Das erste Pop-Album zum Angucken

Passend dazu, dass sich die Scheibe in nicht nur eine Schublade pressen lassen will, betreten Blondie übrigens auch auf audiovisueller Ebene mit dem Projekt „Videoalbum“ Neuland: Für jeden einzelnen Song des Albums wird von dem renommierten Regisseur David Mallet ein begleitendes Video gedreht. Das Ganze wird dann im Oktober 1979 in Albumform auf Videokassette und Videodisc veröffentlicht.

Die klassische LP-Version von Eat To The Beat erlangt in den USA schließlich Platinstatus. Zudem hält sie sich ein ganzes Jahr in den amerikanischen Billboard-Charts und wirft die Singles Dreaming, Union City Blue, The Hardest Part und Atomic ab.