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Foto: Tina Niedecken & Fin Costello/Redferns/Getty Images

„Springsteen hat alles richtig gemacht“: Wolfgang Niedecken im Interview über 45 Jahre „Born To Run“

Am 25. August 1975 veröffentlichte Bruce Springsteen sein drittes Album Born To Run – und schuf damit ein Meisterwerk, das ihn an an die Speerspitze des Rock’n’Roll katapultierte.

von Markus Brandstetter

Auf Born To Run ging es um alles: Die endlosen, amerikanischen Straßen und ihre ewigen Versprechen, Working-Class-Charaktere und ihre Träume vom Ausbruch in eine andere Stadt und in ein anderes, besseres Leben – und natürlich (siehe Tenth Avenue Freeze Out) die wahre Geschichte von Scooter (Springsteen) und dem Big Man (der 2011 verstorbene E-Street-Band Saxophonist Clarence Clemons), die sich trafen, um die Stadt mit ihrer Freundschaft und ihrer Musik umzukrempeln. „Ich habe die Zukunft des Rock’n’Roll gesehen und ihr Name ist Bruce Springsteen“, hatte Springsteens Manager Jon Landau 1974 gesagt. Nur ein Jahr später stellte sich diese Prognose als gänzlich wahr heraus.

Hier könnt ihr Born To Run hören:

Born To Run gilt als absoluter Klassiker, als eines der besten Rock’n’Roll-Alben aller Zeiten. Einer, der das genauso sieht, ist Wolfgang Niedecken. Den Sänger, Gitarristen und Songschreiber – der mit seiner legendären Band Niedeckens BAP demnächst sein neues Album Alles fließt veröffentlicht – verbindet mit Springsteen eine langjährige Freundschaft. Wenn ein Außerirdischer von ihm wissen wollen würde, was Rock’n’Roll bedeute, erklärte Niedecken einmal, dann würde er ihm ein Exemplar von Born To Run geben.

Wir baten Wolfgang Niedecken anlässlich des 45. Jubiläums von Born To Run zum Interview. Im Gespräch erzählte er, was für ihn die Zeitlosigkeit und den Reiz des Albums ausmacht, wie die Freundschaft zu Springsteen entstand und welche Rolle der US-amerikanische Songwriter in der Rockwelt immer noch inne hat. Niedecken sprach außerdem auch über sein aktuelles Album Alles fließt, das am 18. September 2020 erscheint.

Herr Niedecken, als Born To Run erschien, waren Sie 24 Jahre alt – im Jahr darauf gründeten Sie BAP. Wie haben Sie das Album damals wahrgenommen?

Ich hatte Born To Run nicht unmittelbar mitbekommen, es ist ein wenig später zu mir durchgedrungen. Zu jener Zeit studierte ich Malerei und hörte hauptsächlich Dylan, Stones, Kinks und Gallagher. Mich störte anfangs dieser blöde Ruf, Springsteen wäre der neue Dylan. Ich habe mir die ersten beiden Alben angehört und dachte: „Noch ein paar von diesen Alben brauche ich nicht.“

Wann ich das Album mitbekommen habe, kann ich gar nicht mehr genau sagen. Aber als ich es mitbekommen habe, war meine Begeisterung ganz, ganz groß. Born To Run war ein unglaublicher Schritt. Ein Quantensprung, das muss man schon sagen. Ich habe in der Folge auch später immer wieder gesagt: Wenn mich ein Marsmensch fragen würde, was denn Rock’n’Roll ist, würde ich ihm dieses Album geben. Es ist die beste Definition davon, die Essenz. Born To Run ist genau genommen nicht zu toppen.

Was macht Born To Run Ihrer Meinung nach denn zum prototypischen Rock’n’Roll-Album?

Es wird nie langweilig. Es ist musikalisch unglaublich dringlich. Es besitzt eine Dringlichkeit, die andere Alben oft vermissen lassen. Und es ist natürlich auch sehr amerikanisch. Wenn man es ein bisschen vereinfachen will, dann ist Born To Run eine Mischung aus einem Roadmovie und West Side Story. Da steckt so viel Amerikanisches drin: Es sind die Fotos von Robert Frank enthalten, es steckt Motown drin, die ganzen klassischen Blues-Geschichten, Folk … Alles ist in diesem Album konzentriert.

Alleine der Eröffnungssong Thunder Road ist ja beinahe schon ein „Play within a play“.

Ganz genau. Ich habe mich anfangs gewundert, warum das Album nicht mit dem Titelsong losgeht. Aber Thunder Road ist eine wunderbare Einstimmung, auf die Straße, auf die man sich jetzt begibt. Und dann gibt es da natürlich diese wunderbaren Zeilen  „Mary’s dress waves“ – oder „Roy Orbison singing for the lonely“. Das sind schon Sätze, die man nicht so schnell vergisst. Ehrlich gesagt: Erst nachdem ich dieses Lied gehört habe, habe ich mich ernsthaft mit Roy Orbison befasst. Vorher stand er für mich überhaupt nicht zur Debatte.

Wenn Sie der Produzent – oder Springsteen – gewesen wären: An welche Stelle hätten Sie Thunder Road gesetzt?

Nein, nein, das war keine Kritik, Springsteen hat alles richtig gemacht. Thunder Road ist der richtige Opener. So etwas passiert manchmal: Beim Album, das BAP gerade veröffentlichen, hat es auch etwas gedauert, bis wir drauf gekommen sind, welcher Song die ideale Einführung für das Album ist. Es ist oft so, dass man einen Song schreibt und sich denkt, man habe den perfekten Album-Opener geschaffen. Irgendwann hat man dann aber 14, 15 Songs beisammen und merkt, dass es ein anderes Stück gibt, welches das Album viel eleganter eröffnen könnte. Das muss man dann eben zulassen. Keine Ahnung, wann Springsteen entschieden hat, dass das der Opener für das Album sein sollte. Ich nehme an, das war eine spätere Entscheidung. Bei unserem jetzigen Album wussten wir, mit welchem Song wir anfangen würden – und wir haben die Songs sogar schon in der richtigen Reihenfolge aufgenommen.

Würden Sie sagen, die Reihenfolge der Songs kann das Narrativ deutlich ändern?

Nun, man geht ja ähnlich vor, wenn man ein Buch schreibt. Die Chronologie kann sich schon mal ändern. Man denkt sich, dass es vielleicht spannender wäre, mit etwas anderem weiter zu machen und an diese Stelle etwas anderes setzt. Den Text, ich übertreibe mal etwas, auseinanderzuschneiden und neu zusammenzusetzen, kann eine ganz andere Spannung erzeugen. Das ist mir übrigens oft passiert: Ich hatte einen Songtext schon fertig, habe dann aber die Strophen-Reihenfolge geändert – und damit plötzlich die Spannung gesteigert.

Born To Run hatte ja auch biographisch diese Dringlichkeit. Es war keine einfache Produktion, Springsteen musste alles auf eine Karte setzen. Das Album musste klappen. Hatten Sie in Ihrer Karriere einen ähnlichen Punkt?

Bei uns hat sich ja eher immer eines aus dem anderen entwickelt. Ich glaube, Bruce hatte sich mit diesem Album erst richtig freigeschwommen.  Bei den beiden Alben davor war noch vieles, bei dem man merkte, wo er es her hatte. Mehreren Texten hat man angemerkt, dass sie mit dem Reimlexikon erarbeitet wurden. Ehrlich gesagt, ein Reimlexikon ist nie gut. Man muss sich selbst die Freiheit nehmen, frei zu assoziieren, zu suchen – und hoffentlich auch zu finden –, was zu dem Song passt. Man macht sich viele Notizen, notiert sich Formulierungen.

Ich glaube, bei Born To Run hat dann alles funktioniert. Die ersten beiden Alben waren Fingerübungen. Dann hatte er eine längere Zeit, wo er durch blöde Verträge zum Nichtstun verurteilt war. Es kann schon sein, dass da dieser Druck dahinter verantwortlich war – aber es hat großartig geklappt, auch bei den nächsten beiden Alben. Bis dann Nebraska kam und er eine Möglichkeit hatte, von diesem Berg auch einmal zurückzutreten. Zu sagen: „Moment, ich kann nicht immer so weiter machen.“ Zuerst Born To Run, dann Darkness On The Edge Of Town und dann The River: Das war schon monumental. Da richtig zurückzutreten, noch einmal ganz klein zu werden: Das war ein großartiger Move.

Sie haben sich später mit Springsteen ja angefreundet. Haben Sie mal spezifisch über das Album Born To Run mit ihm gesprochen?

Nein, das haben wir nicht. Wir haben uns über Meeting Across The River unterhalten, das ich unglaublich gerne mag. Ich habe ihn gefragt, warum er das nie spielt – und er meinte: „Stimmt, eigentlich müsste ich das mal tun.“ Meeting Across The River ist ein unglaubliches Juwel dieser Platte. Das ist so eine herzerweichende Story, die so viel Konkretes bietet, aber auch so unglaublich viel offen lässt. Eigentlich wird das erzählt, was nicht erzählt wird. Diese zwei Jungs, die sich denken, dass sie jetzt diesen Tunnel von Hoboken nach New York nehmen und dann den Durchbruch schaffen. Aber womit? Mit einem Banküberfall? Das Stück sollte ja ursprünglich The Heist, also der Banküberfall heißen – aber der Titel Meeting Across The River ist natürlich viel besser. Auch das Trompeten-Intro von Randy Brecker ist großartig. Wir haben mit BAP eine Hommage an das Stück gemacht – mit einem ähnlichen Trompetensolo. Der Song hieß Diss Naach ess alles drinn [enthalten auf der BAP-LP Zwesche Salzjebäck un Bier aus dem Jahr 1984 – Anm.]. Aber da kannte ich Bruce noch gar nicht persönlich. Kennengelernt haben wir uns Mitte der 1990er-Jahre.

Im Zuge des Videodrehs von Hungry Heart – oder schon zuvor?

Schon zuvor, der Videodreh kam drei Wochen später. Der damalige Sony-Chef Jochen Leuschner rief mich an und fragte, ob ich Zeit und Lust hätte, nach New York zu fliegen und Springsteen für die ARD zu interviewen. Damals feierte die E Street Band gerade ihre Reunion. Sie probten in einem Studio in Chelsea und spielten ein Konzert vor kleinem Publikum, am nächsten Tag gab es einen Interviewtag. Ich war als letzter dran – und dachte nur: „Oh Gott, er wird mich hassen.“ Ich weiß wie das ist, wenn man bei Interviews als letzter dran ist. Dann ist der Künstler leergelabert und kann nichts mehr erzählen – ich weiß das aus eigener Erfahrung.

Ich wurde Bruce als Musiker vorgestellt und er war sehr entgegenkommend. Er wäre aber ohnehin freundlich gewesen, denn Bruce ist ein unglaublich nahbarer Zeitgenosse. Er ist offen zu jedem, ein äußerst positiver Mensch. Wir haben uns nach dem Interview noch länger unterhalten. Weil es das letzte Interview an diesem Tag war, kamen dann auch noch Patti [Scialfa, Springsteens Ehefrau und E-Street-Band-Kollegin, Anm.] und die Kinder dazu. Es war alles sehr, sehr nett. Zwei oder drei Wochen später kam dann die Anfrage, ob wir nicht die Band in seinem Video zu Hungry Heart sein wollten, das in Berlin aufgenommen wurde. Wir guckten im Tourplan nach, ob das gehen würde. Ich war damals mit der Leopardefell-Band unterwegs, mit der wir all die eingekölschten Dylan-Songs gespielt haben. Es ging – und so waren die Leoparden dann die Band von Hungry Heart, nicht BAP.

Es war unglaublich. Am Vorabend kam noch ein Anruf, dass das doch nicht ginge, dass wir das Publikum als Statisten missbrauchen und dort bloß Playback-Mucke machen würden – immer nur das gleiche Stück. Wir sollten doch mal überlegen, welche Stücke man ungeprobt spielen könnte, in den Umbaupausen, wenn die Kameras nicht laufen. Wir haben dann mal nachgeschaut, welche Stücke da gingen – Honky Tonk Women, Jumpin Jack Flash, Knockin’ On Heaven’s Door, ein paar Chuck-Berry-Nummern und so weiter. Wir haben jeweils dreimal Hungry Heart gespielt – und während des Kameraumbaus dann Coverversionen, und wieder Hungry Heart aus einer anderen Perspektive aufgenommen.

Das Café, in dem wir drehten, hieß damals Eckstein, heute heißt das Butter. In der Pappelallee in Prenzlauer Berg. Der Verkehr brach draußen  zusammen, Menschen ohne Ende – und wir haben reingehauen. Wir haben uns dann auch nicht mehr an das Playback von Hungry Heart gehalten, haben lauter gespielt als das Playback. Wir mussten nur das Timing halten, damit man schneiden konnte. Es war eine unglaubliche Energie auf der Bühne. Irgendwann denkst du dir: „Das ist alles nur ein Traum, gleich klingelt der Wecker und du musst den Müll runtertragen.“

Sie meinten einmal, Springsteen wäre ein glücklicher Sisyphos – eine Anspielung auf Camus. Würden Sie sagen, seine Rolle ist heute noch die gleiche? Bob Dylan wurde ja immer mehr zum Archivar und Konservator eines Amerikas, das es so nicht mehr gibt. Wie sehen Sie das bei Springsteen?

Bruce war ja immer mehr Working Class. Er hat sich das stets bewahrt. Er bemühte sich nie, intellektuell zu wirken. Er ist Working Class – und das mit einer unglaublichen Herzensbildung. Er weiß viel, er liest viel. Er hat sich sehr mit Dylan beschäftigt. Wenn Bruce und ich uns treffen, ist das erste Gesprächsthema die Familie – und dann kommt: „Hast du das neue Album vom Meister gehört?“ Und er hat natürlich auch die wichtigen Bücher gelesen. Bruce kennt seinen Steinbeck, seinen Faulkner und er kennt auch das American Songbook. Aber er benutzt es anders als Dylan. Dylan hat mehr von Rimbaud und den Beat-Poeten übernommen. Ich glaube, die Beat-Poeten interessieren Springsteen nicht – oder nur peripher. Ich glaube schon, dass er On The Road von Kerouac gelesen hat, aber ich glaube nicht, dass Romane wie The Subterraneans eine Bedeutung für ihn haben. Die sind ihm wahrscheinlich zu bekifft, zu abgehoben. Da ist Bruce bodenständiger, Dylan ist Mitte der 60er durch solche Phasen gegangen.

Aber was bei Springsteen durchaus eine Parallele zu Kerouac ist: Diese besungenen, uramerikanischen, endlosen Straßen existieren in dieser Form ja nicht mehr.

Ja, aber die Straßen bei Springsteen sind deutlich konkreter.

Ist sozial engagierter Rock’n’Roll nicht immer Sisyphos-Arbeit? Würden sie sich in gewisser Weise nicht auch selbst als glücklichen Sisyphos bezeichnen?

In gewisser Weise ja. Was ich von Springsteen gelernt habe: Wie man politische Stücke schreiben kann, die auch politisch verstanden werden, ohne dabei in den Polit-Rock zu verfallen. Die Texte von Springsteen bleiben immer nah am Menschen, an Schicksalen – mit ganz viel Verständnis und ganz viel Empathie. Polit-Rock macht etwas anderes. Polit-Rock vertont Parteitage und bevormundet. Alles, was bevormundet, hat in der Musik überhaupt nichts suchen. Musik handelt von Gefühlen. Man darf sie auch nicht missbrauchen. Es ist etwas ganz Heiliges, etwas ganz Zartes. Polit-Rock ist Bevormundung – deshalb kann ich damit auch überhaupt nichts anfangen.

Im Mai 2020 haben Sie das Stück Ruhe vor’m Sturm veröffentlicht – 28 Jahre nach Kristallnaach.

Es ist tatsächlich aus der fünften Strophe von Kristallnaach entstanden. Es war das erste Stück, das ich fürs neue Album geschrieben habe. Ich sage oft, dass ich mich beim Psychiater Niedecken auf die Couch lege und alles rauslasse. Da Ruhe vor’m Sturm das erste Stück war, war das eine Sturzgeburt. Alles, was ich an Ängsten hatte – spätestens seit der Trump-Wahl – floss in dieses Stück. Die Angst vor all diesen Wahnsinnigen, den Bolsonaro-Typen, all das, was sich an Populisten mittlerweile an die Macht gebracht hat. Das kam alles raus. Es war wie ein nicht enden wollender Fluss. Das habe ich selten so erlebt wie bei diesem Stück – es war wie ein Ausbruch.

Und wieder sind wir beim Camus-Vergleich: Sie haben den Stein wieder auf den Hügel rollen müssen.

Ehrlich gesagt: Ich habe keine große Sehnsucht nach weiteren Felsen. Diese Angst, die ich bei Ruhe vor’m Sturm beschrieben habe, ist ganz konkret.

Zuletzt wandten Sie sich auf ihren Social-Media-Kanälen ja an Verschwörungstheoretiker und „Aluhutträger“.

Der Begriff Aluhutträger kommt ja aus Science-Fiction-Filmen der 1920er-Jahre. Da trugen Leute Aluhüte, um sich gegen manipulierende Strahlen aus dem Weltall zu schützen. Vielleicht ist das kein fairer Begriff, das mag schon sein. Du hast Leute bei den Corona-Leugnern, die es vielleicht gut meinen – aber auch Leute, die auf Verschwörungstheorien abfahren. Wenn du einmal in solchen Kreisen drin bist, wird es schwer, wieder rauszukommen. Ich habe nichts anderes getan, als vehement gefordert, dass sie auf unserer Facebook-Seite keine Fremd-Postings verlinken sollen. Das gehört sich einfach nicht. Und ich will so einen Müll nicht auf unserer Seite haben. Das ist unverschämt. Ich habe sie einfach darum gebeten, dass das aufhört – und dass sie sich überlegen, mit welchen Leuten sie gemeinsame Sache machen. Wenn ich in Berlin Regenbogenfahnen sehe und im Abstand von fünf Metern laufen Leute mit Reichsflaggen und Nazi-T-Shirts rum – dann darf ich doch wohl fragen: „Leute habt ihr überlegt, mit wem er ihr da gemein macht?“ Ich habe nicht die Aluhüte Nazis genannt, sondern die Leute, mit denen sie sich gemein machen. Aber manche Leute sind zu ignorant, das überhaupt zu begreifen. Aber es gibt deutlich mehr vernünftige, kooperative Menschen, die alles tun, damit der Spuk vorbeigeht.

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Sie veröffentlichen bald Ihr neues Album Alles fließt. Darin singen Sie, dass 70 eher das Alter für Golf und Parkbank ist, Sie aber lieber in der Tradition von „Ronnie, Keith und Bob“ leben wollen. Kann man die nächsten 15 Jahren also mit Tourneen von Niedeckens BAP rechnen?

Ja, ich hoffe, dass wir bald wieder spielen können. Aber auch wir müssen vernünftig sein. Das Livespielen ist für eine Rock’n’Roll-Band das A und O. Alben nimmt man auf, um das Repertoire zu erweitern. Ich freue mich, dass diese ersten vier Songs, die wir vor-ausgekoppelt haben, gut aufgenommen werden, dass die Leute sie mögen. Wir müssen eben Geduld haben, flexibel sein und gucken, wann man wieder spielen kann. Wenn wir eine gute Idee haben, wie man spielen kann, werden wir es tun. Es muss Hand und Fuß haben. Wir scharren natürlich in den Startlöchern.

Haben Sie auch so ein Riesen-Repertoire wie die E Street Band? Könnten Sie Ihren Kolleg*innen sagen: „Diesen und jenen Song aus 1986 in C-Dur“ und sie können ihn sofort spielen?

Nein, das nicht. Aber wir haben mit der aktuellen Besetzung ein ordentliches Repertoire, was live spielbar ist. Wir wechseln ab und zu je nach Tour-Phase was aus. Wir spielen ja nie unter drei Stunden, da musst du schon eine gute Dramaturgie haben. Wenn dieser Bogen einmal gefunden ist – und der ist in der Regel nach ungefähr zehn Konzerten gefunden – dann musst du schon einen sehr guten Grund haben, diesen Bogen zu unterbrechen. Wir haben schon eine reichliche Reserve an Songs. Aber dass wir alle Stücke von zwanzig Studioalben abrufbar hätten, das ist leider nicht so. Wäre aber schön.

Eine letzte Frage: Sind Sie eigentlich noch in Kontakt mit Springsteen?

In letzter Zeit hatten wir leider keinen Kontakt – denn immer, wenn er gerade in Deutschland war, waren wir selber auf Tour. Blöderweise habe ich zu spät mitgekriegt, dass er diese Solo-Shows auf dem Broadway gespielt hat. Da wäre ich schon hingeflogen und wir hätten uns getroffen. Den Mitschnitt auf CD finde ich übrigens großartig: Das war eine sehr schöne Art und Weise, anhand der Songs sein Leben zu erzählen. Hat er genial hingekriegt.