Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 19.10.1979.
von Frank Thießies und Christof Leim
Nach anfänglichen Label-Querelen entpuppt sich Damn The Torpedoes für Tom Petty And The Heartbreakers als kreativer wie kommerzieller Befreiungsschlag. Das dritte Album der Band zählt unumstritten zu den späten Classic Rock-Ausnahmealben. Ab 19. Oktober 1979 steht die Platte in den Regalen:
Hier könnt ihr euch Damn The Torpedoes anhören:
Nachdem Petty und seine Heartbreakers mit zwei veritablen Heartland-Rock-Alben in Vorlage gegangen sind, steht vor der Veröffentlichung ihres Karriere-entscheidenden dritten Albums ein harter Kampf: Als 1979 die bisherige Plattenfirmenheimat der Band, Shelter Records, vom Label-Riesen MCA geschluckt wird, sieht sich Petty dem neuen Großkonzern gegenüber nicht in der Pflicht – woraufhin MCA Künstler und Band prompt verklagt. Pettys einziges und letztes juristisches Schlupfloch, die eigene Konkurserklärung, führt jedoch schließlich dazu, dass er und die Band einen neuen (und für sie günstigen) Vertrag mit dem MCA-Unterlabel Backstreet Records unterschreiben können. (Die ganze Geschichte könnt ihr hier nachlesen.) Das Ganze erweist sich durchaus als eine Win-win-Situation, wie sich später in Sachen Verkaufszahlen auch für den Mutterkonzern herausstellen wird.
Flucht nach vorn
Der kreative Entstehungsprozess des Albums und die Darbietung der Band darauf profitieren moralisch wie musikalisch auf jeden Fall enorm vom zusammenschweißenden „Wir-gegen-die“-Gefühl. Was übrigens auch der Albumtitel widerspiegelt: Das Zitat geht auf den im US-Bürgerkrieg aktiven Marineoffizier David Glasgow Farragut zurück und lautet vollständig: „Damn the torpedoes! Full speed ahead!”. Als in den USA geflügeltes Wort symbolisiert es Kampfeslust und Entschlossenheit. Die in die Ecke getriebene Band setzt somit zur Flucht nach vorn an. Und genau davon kann Petty im markanten wie bekannten Album-Opener Refugee, der sich inhaltlich unter anderem mit dem Kampf für die Freiheit beschäftigt, nun ein Lied singen.
Jukebox-Futter fürs Volk
Sein Händchen für griffige Songs hatte Petty schon mit Titeln wie etwa American Girl zu Zeiten des Debüts 1976 unter Beweis gestellt. Mit dem geballten Hit-Feuerwerk von Damn The Torpedoes jedoch setzt die Gruppe aus Gainesville, Florida mehr als nur einen drauf. Schließlich fällt die Spannungskurve nach der erstklassigen Eröffnung keineswegs ab, sondern es schließen sich mit Here Comes My Girl und Even The Losers direkt zwei weitere Knüller (und entsprechende Single-Kandidaten) an.
Nachdem die A-Seite des Albums mit dem ungestümen wie lässigen, durchaus ziemlich britisch anmutendem Rocker Century City beschließt, ist mit der B-Seite kein qualitativer Abstieg zu befürchten. Das eröffnende Don’t Do Me Like That, eine weitere Single-Veröffentlichung, versprüht ungebremst den Party-Spirit einer feuchtfröhlichen Samstagnacht, während das finale und hymnische Louisiana Rain mit balladeskem Dylan-Charme und Kneipen-Vibe daherkommt.
Klassisch und modern
Damn The Torpedoes profitiert nicht nur von den kompakteren Kompositionen und der stärker zur musikalischen Einheit zusammengeschweißten Band, sondern auch hörbar vom Koproduzenten Jimmy Iovine. Der bringt durch seine Arbeiten für John Lennon, Bruce Springsteen und Meat Loaf mehr als die nötige Expertise mit. So gelingt es, dem Sound von Petty und seiner Truppe – verwurzelt im klassischen Rock der Rolling Stones, dem sonnigen Jangle-Pop der Byrds und dem ruralen Roots-Verständnis von The Band – einen zeitlosen Anstrich zu verpassen. Kurz gesagt: Damn The Torpedoes zugleich nostalgisch vertraut wie es zukunftweisend in das beginnende neue Jahrzehnt der Rockmusik blickt.
Damn The Torpedoes macht Petty endgültig zum archetypischen, kumpelhaften und hemdsärmeligen Heartland-Rocker, der es ähnlich wie Bruce Springsteen vor ihm und John (Cougar) Mellencamp danach versteht, dem Durchschnittsamerikaner zwischen Diners und Sägewerken, Fabriken und Roadhouses eine Stimme sowie ein musikalisches Zuhause zu geben. Kein Wunder, das sich die Scheibe letztendlich eine dreifache Platin-Auszeichnung verdient und zu den wichtigsten klassischen Rock-Veröffentlichungen der Post-Siebziger-Ära zählt.