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Die Wiege des Rock’n’Roll: Zur Eröffnung der Sun Studios am 3. Januar 1950

In den Sun Studios wurde Rockgeschichte geschrieben, nicht nur einmal. Elvis Presley unternahm hier seine ersten Gehversuche, ebenso wie Johnny Cash. Gründer Sam Phillips eröffnete das Geschäft in Memphis am 3. Januar 1950. Es war der Beginn einer jahrzehntelangen Erfolgsgeschichte, die bis heute andauert.

Etwa zwei Gehminuten von der Beale Street in Memphis entfernt liegt sie, die Hausnummer 706 an der Ecke Union Avenue und Marshall Avenue. Elvis Presley war bereits hier zu Gast, ebenso wie Johnny Cash, Roy Orbison, Jerry Lee Lewis und die Yardbirds. Doch das ist noch längst nicht alles: Auch einer der ersten Rock’n’Roll-Songs überhaupt, wenn nicht sogar der erste, wurde in den legendären Sun Studios aufgenommen: Rocket 88 von Ike Turner und seinen Kings Of Rhythm. Blues-Urgestein Howlin’ Wolf hat dort gesungen, ebenso wie Bobby „Blue“ Bland und Billy „The Kid“ Emerson. Möglich gemacht hat all das ein Mann namens Sam Phillips. Das ist seine Geschichte.

Die Eröffnung der Sun Studios

Der musikalische Werdegang von Samuel Cornelius Phillips beginnt auf den Baumwollfeldern Alabamas. Schon als Kind hilft er auf der Farm seiner Eltern bei der Ernte und lauscht dabei fasziniert den singenden Schwarzen Arbeiter:innen neben ihm. Als Teenager reist er mit seiner Familie durch Memphis, erhascht dabei einen Blick auf das bunte musikalische Treiben auf der Beale Street und verliebt sich fürs Leben. Als sein Vater stirbt, muss er die Highschool abbrechen, um für seine Mutter zu sorgen. Er nimmt einen Job beim Radio an, wo er seine Frau Becky kennenlernt. Am 3. Januar 1950 eröffnet Phillips schließlich sein eigenes Aufnahmestudio. Das Konzept: Auch Amateure dürfen aufnehmen, wenn sie bezahlen. Das lockt Musiker wie B.B. King und Howlin’ Wolf an.

Nach der Entstehung des Songs Rocket 88 im Jahr 1951, gründet Phillips 1952 sein eigenes Label Sun Records. Er möchte nicht nur Aufnahmen ermöglichen, sondern auch Platten verkaufen. Keine Balladen, denn die gibt es bereits überall. Philipps möchte die energiegeladene Musik der Schwarzen veröffentlichen. Doch Schwarze Musik zu hören, ist damals gesellschaftlich kaum akzeptabel für weiße US-Amerikaner:innen. Phillips ahnt: „Wenn ich einen Weißen finde, der klingt wie ein Schwarzer und der das Gefühl Schwarzer Musik rüberbringt, könnte ich Milliardär werden.“ Er ist ein Visionär, der dafür von vielen belächelt wird. Er möchte mehr Freiheit in die Musik bringen – und soll seinen großen Star finden.

Viel Rock’n’Roll-Geschichte in einem kleinen Eckhaus

Anfangs ist Sam Phillips noch völlig unbeeindruckt von Elvis Presley. Der 19-jährige LKW-Fahrer kann singen, keine Frage. Doch die Pop-Songs, die der junge Musiker zum Besten gibt, lösen bei Phillips aber keine Gefühle aus. Erst am 5. Juli 1954, als Elvis im Studio unbedacht das Stück That’s All Right von Arthur Crudups mit seiner Band jammt, bricht der Studio-Inhaber in Begeisterungsstürme aus. „Was zum Teufel macht ihr da?“, möchte er von der Band wissen. Die weiß es ehrlich gesagt gar nicht so genau. Elvis hatte nur die Stimmung auflockern und bisschen Quatsch machen wollen. Doch Phillips fordert die Gruppe auf, den Song noch einmal zu spielen. Der erste Hit von Elvis Presley entsteht – und wir alle wissen, was daraus geworden ist.

Heute sind die Sun Studios bei Tag ein Museum und eine wichtige Pilgerstätte für Musik-Fans aus aller Welt. Doch auch der Studiobetrieb in der legendären Plattenschmiede läuft noch immer, und zwar nachts. „Wir finden es sehr wichtig, dass das Studio aktiv bleibt“, erklärt der aktuelle Inhaber Mike Schorr, der die Sun Studios mit seinen Brüdern John und Chris weiterführt. „Es ist das Herz und die Seele dieses Geschäfts.“ Mehrfach pro Woche bauen junge Musiker:innen ihr Equipment in den Räumen auf, in denen schon Elvis Presley, Johnny Cash und Ike Turner Historisches geleistet haben. Die Geschichte der Sun Studios wird also seit inzwischen 75 Jahren weitergeschrieben. Sam Phillips, der am 30. Juli 2003 im Alter von 80 Jahren gestorben ist, würde das bestimmt gefallen.

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