Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 3.3.1979.
Schweinkram im Radio: In Bobby Brown Goes Down singt Frank Zappa mit süßlicher Stimme allerlei Anzüglichkeiten und landet mit der Singleveröffentlichung am 3. März 1979 einen Hit. Allerdings nur in Europa. Woran das wohl liegt?
Hier könnt ihr euch Sheik Yerbouti in voller Länge anhören:
Vielleicht liegt es ja an der neugewonnenen geschäftlichen und damit künstlerischen Freiheit: Die Texte des 1979er-Zappa-Albums Sheik Yerbouti klingen fast noch ein Stück abgedrehter, lustiger und satirisch bissiger als zuvor. Kann er jetzt ja auch machen, denn das Werk erscheint nicht mehr über das Majorlabel Warner, sondern über Zappa Records. Dass der freiheitsliebende Musiker mit Stücken wie Jewish Princess oder I Have Been In You dann auch mal aneckt, gehört zum Job. Den Verkaufszahlen tut das keinen Abbruch, im Gegenteil.
Klingt nur harmlos
Der größte Hit der Scheibe heißt Bobby Brown Goes Down, meist einfach abgekürzt mit Bobby Brown, und den kennen sogar diejenigen, die sonst mit Zappa gar nichts am Hut haben. Denn das Stück läuft seit seiner Veröffentlichung ständig im Radio – allerdings nur in Europa. Anscheinend wurde und wird hierzulande beim Text nicht so genau hingehört.
Zappa, der alte Provokateur, lässt seine Worte zwar harmlos klingen, aber letztendlich geht es um Schweinkram, den insbesondere in USA kein Sender anpacken kann. Bobby Brown ist eine „hundsgemeine Satire auf reiche Jungs in Eliteschulen, die als selbstverliebt und frauenverachtend dargestellt werden“, wie die FAZsehr treffend schreibt. In seinem Text lässt Zappa den Protagonisten erstmal ordentlich auf die Sahne hauen („the say I’m the cutest boy in town“), freut sich auf einen guten Job mit viel Kohle und überlegt, sich an einem Cheerleader zu vergehen.Eindeutige Zweideutigkeiten
Allerdings holt ihn die Frauenrechtsbewegung ein, außerdem leidet er nach einer Liaison mit einer Lesbe namens Freddie an vorzeitigem Samenguss. In der dritten Strophe wird er homosexuell und erfreut sich an Sadomaso-Sex („sort of drifted along into S&M“), gerne mit etwas „golden shower“ und einem „tower of power“, einem Stuhl mit einem Dildo drauf. Und so weiter und so weiter. Aber Karriere will der Bursche natürlich trotzdem machen. So heißt es: „I do anything to get ahead“, was mit einer Leerstelle vor dem „head“ schon wieder zu Schweinkram wird. Auch die Phrase „I’m going down“ lässt sich, so ein Zufall aber auch, leicht anders verstehen.
Wir sehen: Die Verwendung des praktischen kleinen Wörtchens „fuck“, bei dem die US-Öffentlichkeit sowieso schon Schnappatmung bekommt, stellt bei der Nummer das kleinste Problem dar. Als das Stück am 3. März 1979 als Single erscheint, boykottiert das US-Radio den Einsatz komplett, und verhindert so einen kommerziellen Erfolg. In Europa allerdings sieht die Welt anders aus: Platz eins der Singlecharts in Norwegen und Schweden, Platz vier in Deutschland, Top 5 in Österreich und der Schweiz. Die Popularität dort verwundert den Künstler so sehr, dass er angeblich dafür plädiert, Fachleute aus der Anthropologie anzuheuern, um das Phänomen zu untersuchen. Vielleicht kriegt man die ferkeligen Feinheiten (auf Deutsch) hierzulande nicht so genau mit. Vielleicht stellt man sich hier bei offensichtlicher Satire auch einfach nicht so an…