Der Papst ist tot, es lebe der Papst: Mit besseren Hooks, größeren Refrains und diesem unbezahlbaren Gespür für große Classic-Rock-Melodien läuten Ghost auf Skeletá eine neue Ära ein.
Mit einem Timing, das man nur als unheimlich bezeichnen kann, melden sich Ghost zurück. Das sechste Album Skeletá ist der Beginn einer neuen Ära – und das nicht nur stilistisch. Während die halbe Welt am offenen Sarg des toten Papstes Benedikt Schlange steht, haben die Schweden einfach ganz privat hinter verschlossenen Türen ihre eigene Konklave abgehalten – und präsentieren mit Papa Perpetua ihr neues Oberhaupt.
Wer ist der neue Papst?
Mit ihm kommen große Reformen. Wie man das eben so kennt von Päpsten. Da gab es Kriegerpäpste und Antipäpste, falsche Päpste und schlechte Päpste. Jeder von ihnen brachte seine eigene gottgegebene Vision mit ein, die in den meisten Fällen natürlich heuchlerischer und rückständiger nicht sein könnte. Ganz anders Papa Perpetua: Der redet nicht nur von Reformen, er zieht sie direkt bei Amtsantritt durch. Skeletá mag alle typischen Merkmale des Ghost-Signature-Sounds tragen, strotzt immer noch vor donnernden Riffs und hymnischen Refrains irgendwo zwischen Def Leppard, ABBA und Europe; inhaltlich erleben wir hier allerdings eine Abkehr von den weitreichenden Themen religiöser Hierarchien und untergehender Imperien, mit denen sich Mastermind Tobias Forge bislang auseinandergesetzt hat.
Etwas weniger Schwarze Messe
Stattdessen wendet er seinen Fokus nach innen. Skeletá konzentriert sich auf die rohesten Formen menschlicher Emotionen und kreiert so das bislang vielleicht faszinierendste Ghost-Album. Und das heißt was: Seit ihrem ersten Auftauchen in der Okkult-Rock-Szene 2010 ist viel passiert. Fünf Alben voller düsterer, poppiger Pracht, ein viraler Hit mit Mary On A Cross, eine Karriere von kleinen Clubs in die großen Arenen. Jetzt werden die Früchte dieser Arbeit eingeholt. Und mit einigen der stärksten Songs ihrer Karriere gewürdigt.
Skeletá & Co. für Zuhause
Es sind sogar die untypischen Momente des Albums, die herausstechen: Umbra etwa heißt Glam Rock im Sound der Schweden Willkommen, Cenotaph ist der vielleicht poppigste Moment der bisherigen Laufbahn. Auch Skeletá trägt die Gravitas eines Konzeptalbums, ohne sich allzu strikt an einen roten Faden zu halten. Es mag auf den ersten Blick mit etwas weniger Pop, Liturgie und Schwarzer Messe auskommen als man das bisher gewohnt war. Dafür erlaubt das Album einen Blick hinter die Maske und seziert Schuld, Identität, Glauben und Versagen. Aber keine Sorge: Ziemlich theatralisch ist das alles immer noch. Hey, es sind schließlich Ghost.
Einer der größten Hits der Bandgeschichte
Wie sich das Album über die Jahre in ihr persönliches Glaubensbekenntnis einfügen wird, muss man abwarten. Vielleicht wird es auch einige Menschen geben, denen das alles nicht mehr satanisch genug ist. Doch der Charme dieser Songs, dem kann man sich einfach nicht entziehen. Es geht Tobias Forge nicht darum, Hits wie Mary On A Cross zu wiederholen. Stattdessen will er Ghost zukunftstauglich machen. Und deutet fast schon das Ende der Maskenära an.
Einsames Highlight eines introspektiven Albums ist Missilia Amori. Diese Hymne hat das Wort „Klassiker“ in breiten Lettern auf die Brust tätowiert und ist vom Fleck weg auf dem besten Weg, zu einem der größten Hits von Ghost zu werden. Allein das Sabbatheske Eröffnungsriff und der schwere, schleppende Takt reichen aus, um die Gemeinde vollauf zu betören und von den Vorzügen des neuen Papstes zu überzeugen. Mal sehen, ob das auch dem Vatikan gelingt.