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Foto: Universal Music

Interview mit Good Neighbours: Aufgewachsen „mit diesem ganz besonderen Sound der frühen Zweitausender“

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Schöner kann Indie-Pop nicht sein: Das Londoner Duo Good Neighbours hat mit seinem englischen Feel-Good-Sound längst die ganze Welt erobert – sogar ganz ohne Album! Jetzt kommt ihr Debüt Blue Sky Mentality endlich. Es ist die perfekte Arznei gegen den nassen Herbst. Und voller Coming-Of-Age-Hymnen, die jetzt schon an den nächsten Frühling denken lassen.

Jeder englische Artist träumt davon, in seiner Karriere wenigstens einmal bei Glastonbury auf der Bühne stehen zu dürfen. Good Neighbours haben das geschafft. Und das, obwohl sie noch gar kein Album veröffentlicht hatten! Der verträumte, unbeschwerte, nostalgische Zweitausender-Indie-Pop des Londoner Duos ist eben einfach so hochgradig ansteckend, dass die Band damit aus den kleinen Londoner Pubs geradewegs richtig neues Pop-Phänomen durchstarten konnte. Nach ihrer Erfolgssingle Home steht jetzt endlich das Debüt Blue Sky Mentality in den Startlöchern. Oli Fox und Scott Verrill standen uns Rede und Antwort.

Seid ihr eigentlich gute Nachbarn? Oder kommen da Klagen aus eurer Umgebung?

Oli Fox: Oh, ich hoffe doch! (lacht) Also, von Klagen weiß ich jedenfalls nichts.

Scott Verrill: Wir sind aber auch echt selten zuhause, muss man sagen.

Wohnt ihr beide immer noch in London?

Oli Fox: Ja, wir haben uns mittlerweile in Hackney niedergelassen. Schöne Ecke hier.

Scott Verrill: Wenn wir mal da sind.

Good Neighbours im Circle Store:

Wie hat euch London als Künstler geprägt?

Scott Verill: Wir sind beide an den Rändern Londons aufgewachsen. Das Versprechen der Großstadt mit all ihrer Geschichte war also immer da, immer zu Greifen nah. Wir sind mit all diesen fantastischen Bands aus London und England aufgewachsen, weißt du, mit diesem ganz besonderen Sound der frühen Zweitausender. So was verlässt dich nicht mehr.

Ihr habt beide schon vor Good Neighbours Musik gemacht, seid mit eurem Duo dann aber sagenhaft schnell durchgestartet. Wie habt ihr das eigentlich selbst erlebt?

Oli Fox: Puh, das ist immer noch schwer in Worte zu fassen. Ich meine, wir wussten, dass unsere Songs gut waren, aber wir hätten niemals damit gerechnet, dass es so schnell gehen würde. Es ist verrückt, einfach nur verrückt. Irgendwann gab es diesem Moment, an dem wir beide etwas spürten.

Scott Verrill: Das stimmt. Da lag etwas in der Luft.

Wann war das?

Scott Verrill: Wir spielten schon eine ganze Weile diese kleinen Pub-Shows. Das mochten wir immer, denn so hat Indie in London schließlich angefangen. Eines Abends spielten wir eine kleine Show in einem Pub in Dalston im Osten Londons. Ein wirklich kleiner Laden, aber plötzlich waren da all diese hohen Tiere von den Major-Labels aus den USA vor der Bühne.

Oli Fox: Man hörte überall nur noch diesen amerikanischen Akzent. Und das in Dalston, das war schon bizarr.

Klingt wie bei Elton John damals im Troubadour. Der Buzz um euch ist zumindest ähnlich groß: Ihr habt allein dieses Jahr Glastonbury, Reading und Leeds gespielt, ohne überhaupt ein Album veröffentlicht zu haben ...

Oli Fox: Dieses Jahr ist wirklich kaum zu fassen.

Scott Verrill: Ja, es dauert doch schon mindestens vier Jahre, oder? (lacht) Wir haben dieses Jahr schon weit über hundert Shows gespielt, und es ist noch lange nicht vorbei. Am Ende werden wir viermal in diesem Jahr in den USA gewesen sein und zweimal in Australien. Dazu noch Europa. Es gibt wenige Orte, an denen wir in diesem Jahr noch nicht waren. Ich meine, Glastonbury allein war ein einziger Traum.

Wie hat das viele Unterwegssein, Fliegen und Reisen euch verändert?

Scott Verrill: Das müssen wir selbst noch herausfinden.

Oli Fox: Genau. Wir müssen uns noch in diese Rolle reindenken. Früher haben wir Musik gemacht und hin und wieder einen Gig in London gespielt. Jetzt sind wir extrem viel unterwegs und müssen lernen, auch auf Reisen Musik zu machen. Wir haben jetzt einfach praktisch jeden Gig zugesagt, weil wir so viele Leute wie möglich erreichen wollten.

Geht das denn überhaupt im Herbst oder Winter? Eure Musik hat schließlich so was leicht Sommerliches …

Oli Fox: Oh, bestimmt. Wir lieben den Sommer, aber ich habe ehrlich gesagt auch richtig Bock auf meine dicke Jacke und ein wenig Melancholie. In unserer Musik steckt diese Melancholie bis zu einem gewissen Grad auch. Aber das ist wohl auch dadurch zu erklären, dass wir mit dem Indie der frühen Zweitausender aufgewachsen sind. Und der war ja auch immer ein bisschen Emo.

Der Titel Blue Sky Mentality deutet aber dennoch darauf hin, dass euer Pint-Glas eher halbvoll ist.

Scott Verrill: Das stimmt auch. Für uns ist der Titel aber auch wie eine Manifestation. Eine selbsterfüllende Prophezeiung, wenn man so will, die uns selbst dabei hilft, diesen Optimismus nicht zu verlernen. Wir hoffen, dass das Album das auch für andere Menschen sein kann: eine Erinnerung daran, dass auch wieder bessere Zeiten kommen.

Besonders gelungen finde ich, dass ihr in euren Songs auch ernste Themen anpackt, über Schmerz oder mentale Gesundheit singt, aber dabei immer euphorisierend und aufmunternd klingt. Fällt es euch leicht, textlich so offen zu sein?

Oli Fox: Wir sind beide recht offen und können über viele Dinge reden. Das war auch in der Indie-Szene lange nicht der Fall, aber wir sind sehr froh, dass sich das langsam zu ändern scheint.

Scott Verrill: Viele Menschen fühlten sich jahrelang allein gelassen mit ihren Gefühlswelten. Doch ich denke, so langsam wird uns allen klar, dass wir da alle gemeinsam drinhängen. Also ist es auch wichtig, darüber zu sprechen.

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