Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 22.8.1920.
von Timon Menge und Christof Leim
Indem er den Blues des Mississippi Delta mit der E-Gitarre verheiratet, leistet er einen großen Beitrag zur Entwicklung der Rockmusik. Über Jahrzehnte hinweg entwickelt er sich zu einem der wichtigsten und bekanntesten Gesichter des Blues. Am 22. August 1920 kommt John Lee Hooker zur Welt. Soweit man das weiß.
Hier könnt ihr euch einige der bekanntesten Songs von John Lee Hooker anhören:
Normalerweise beginnen wir an dieser Stelle mit dem Geburtsdatum. Heute ist das gar nicht so leicht, denn das Geburtsjahr von John Lee Hooker kennt die Welt gar nicht so genau. Kam die Blueslegende 1912 zur Welt, 1915 oder 1917? 1920 oder gar 1923? Viele Quellen nennen den 22. August 1920, also wäre der Musiker 2020 runde 100 Jahre alt geworden. Sagen wir mal so: Wichtig ist vor allem, dass Hooker irgendwann um 1920 im US-Bundesstaat Mississippi zur Welt kommt. Dieser Ort beeinflusst ihn nämlich ganz schön.
Hookers Eltern unterrichten ihn und seine zehn Geschwister zu Hause. Musik hört die Familie auch, allerdings nur christliche. So kommt der kleine John früh mit den Spirituals und dem Gospel in der Kirche in Berührung. Nach der Scheidung seiner Eltern lernt Hookers Mutter einen Bluessänger und -gitarrist namens William Moore kennen. Der wiederum lernt sein Handwerk in Louisiana und bringt John Lee zusätzlich Gitarrengriffe bei, die es im Delta Blues nicht gibt. Seine erste Gitarre bekommt er von Tony Hollins, dem Freund einer seiner Schwestern.
Delta Blues aus der Steckdose
Mit 14 haut John Lee Hooker von zu Hause ab und sieht seine Eltern anschließend nie wieder. Es verschlägt ihn nach Memphis, wo er auf der Beale Street, im New Daisy Theatre und auf Partys auftritt. Später siedelt er nach Detroit um, wo er nicht nur für den Autohersteller Ford arbeitet, sondern auch seine Musikkarriere weiter vorantreibt. Das gelingt ihm, und er gewinnt schnell an Popularität. Und dann kommt er auf eine Idee, die ihn berühmt macht: Er kauft sich eine E-Gitarre.
Während die meisten den Blues auf Akustikgitarren spielen, adaptiert Hooker den Delta Blues für die E-Gitarre. Das verschafft ihm 1948 seinen ersten Plattenvertrag, mit Boogie Chillun landet er gleich einen Hit. An den Plattenverkäufen verdient er fast nichts, wie die meisten schwarzen Musikerinnen und Musiker zu seiner Zeit. Deshalb nimmt er die gleichen Songs in mehreren Studios für mehrere Labels auf und arbeitet dafür mit Pseudonymen wie Johnny Lee, Texas Slim oder Delta John. Zu seinem Markenzeichen gehört ein minimalistischer Stil, vor allem anfangs nur mit Instrument und Stimme. Den Rhythmus trommelt er mit den Füßen, oft auf – kein Witz – abgelegten Klappstühlen.
Vom Blues zum Rock
In den Sechzigern und Siebzigern startet Hooker dann so richtig durch, tourt durch Europa, veröffentlicht zahlreiche erfolgreiche Alben und spielt mit Größen wie Canned Heat, Steve Miller und Van Morrison. 1980 kann man ihn im Filmklassiker The Blues Brothers sehen, wo er einen Straßenmusiker darstellt und Boom Boom zum Besten gibt, einen seiner größten Hits. Gegen Ende der Achtziger kollaboriert er unter anderem mit Carlos Santana und Bonnie Raitt.
Durch das Zusammenführen von Delta Blues und E-Gitarre nimmt John Lee Hooker maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung der Rockmusik und ebnet den Weg für so viele Gruppen, die wir heute noch gerne hören. Zu seinem Nachteil passiert das nicht: Zu Hochzeiten besitzt Hooker fünf Häuser in Kalifornien und kann es sich gut gehen lassen. Am 21. Juni 2001 stirbt er im Schlaf und hinterlässt acht Kinder, 19 Enkelkinder sowie zahlreiche Urenkel. Rest in peace, John!