Zeitsprung: Am 16.11.1974 wird ein Wetteinsatz von John Lennon & Elton John fällig.
popkultur16.11.22
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 16.11.1974.
von Victoria Schaffrath und Christof Leim
Am 16. November 1974 klettert Whatever Gets You Thru The Night von John Lennon an die Spitze der amerikanischen Charts. Eigentlich ein Grund zur Freude für den Ex-Beatle, zeitgleich lacht sich Kumpel Elton John ins Fäustchen: Aufgrund einer Wette schuldet Lennon ihm nun einen Gefallen…
Hört hier in Walls And Bridges rein, auf dem der erfolgreiche Song erschien:
Als John Lennon im Sommer 1974 das Studio in New York betritt, verschwindet sein „Lost Weekend“ langsam im Rückspiegel. Während dieser wilden Zeit hatte unser Mann eine (wohlgemerkt von Yoko Ono abgenickte) Affäre mit der gemeinsamen Assistentin May Pang, erlebte Drogenexzesse im Sündenpfuhl Hollywood und bestritt die letzten Sessions mit Paul McCartney. Im „Big Apple“ will er sich danach wieder ernsthaft der Musik widmen. Die hatte zuvor kommerziell gelitten, auch wenn während des 18 Monate langen „Wochenendes“ durchaus interessante Songs entstanden waren.
Besser nicht mit Elton John wetten!
Im Oktober des Jahres erscheint dann bereits Walls And Bridges, das ihm endlich wieder öffentliches Wohlwollen beschert. Whatever Gets You Thru The Night, die erste Singleauskopplung, gibt es schon im September auf die Ohren, der Song braucht aber eine Welle, bis er schließlich am 16. November die „Pole Position“ erklimmt.
Das dürfte nicht zuletzt an der Zugkraft von zweiter Stimme und Keyboard liegen: Kumpel Elton John lässt es sich nicht nehmen, Lennon beim Comeback zu unterstützen. Was Drogen und Alkohol angeht, mag das vielleicht nicht die weiseste Entscheidung sein, aber das Ding geht gut. So gut sogar, dass der „Rocketman“ noch im Studio herumtönt, die Nummer lande in jedem Falle auf Platz eins der Charts.
Lennon bleibt skeptisch
Der ewig skeptische und von der Kritik gebeutelte Lennon will das nicht so recht wahrhaben und lässt sich prompt auf eine Wette ein: „Ich versprach einigermaßen halbherzig, bei Johns Thanksgiving-Konzert im Madison Square Garden aufzutreten, falls Whatever Gets You Thru The Night es auf Platz eins der Charts schaffen würde. Es gab keinen Grund, davon auszugehen.“ So dürfte ihn die Nachricht vom Erfolg an jenem 16. November einerseits gefreut haben; andererseits gab es vermutlich, ganz Lennon-typisch, einen Spruch mit vielen „bloody“s und schwerem Liverpooler Akzent.
Aber Wettschulden sind Ehrenschulden: Am 28. November 1974 steht John Lennon mit Elton John auf der Bühne des Madison Square Garden in New York City und scherzt:„Ich danke Elton und den Jungs, die mich heute Abend hierher geholt haben. Wir haben versucht, uns auf eine Abschlussnummer zu einigen, damit ich hier wegkomme und mich übergeben kann.“ Dann brechen er, Elton und „die Jungs“ in eine (falls das überhaupt geht) noch rotzigere Version von I Saw Her Standing There der Beatles aus. Vorher bietet das Duo bereits Lucy In The Sky With Diamonds und den Auslöser Whatever Gets You Thru The Night dar. Nach der „Fab Four“-Nummer verschwindet Lennon wieder in den wohlverdienten Auftritts-Winterschlaf: „Das hat Spaß gebracht, aber beruflich würde ich das nicht machen wollen.“ In den folgenden Jahren spielt Lennon nicht mehr live.
Noch eine Wiedervereinigung
Bis heute vermutet man übrigens, die Yoko-Ono-Pause habe am Abend des Konzerts ihr Ende gefunden; schließlich lässt Lennon ihr Karten für den „Garden“ zukommen, sie wiederum schenkt ihm und Elton John Orchideen, die beide auf der Bühne tragen. Andere wollen Lennon und Pang nach dem Konzert gemeinsam auf einer Party gesehen haben, die beiden schmiedeten angeblich Pläne, ein Haus zu kaufen. Macht nichts: Ab Januar 1975 sind Lennon und Ono auch offiziell wieder ein Paar, Söhnchen Sean kommt im Oktober des Jahres zur Welt. Für ein Video zu Whatever animiert sie später Johns Zeichnungen.