Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 24.8.1945.
von Frank Thießies und Christof Leim
Manchmal reichen 30 Minuten und zwei Akkorde aus, um nicht nur einen Hitsong zu schreiben, sondern gleich Rockgeschichte. Lady In Black von Uriah Heep stellt einen doppelten Glücksgriff dar. Das Stück, welches auch nach fast 50 Jahren nichts von seiner Faszination verloren hat, ist zudem nicht der einzige Gassenhauer, der auf das kompositorische Konto seines Schöpfers (und in diesem Fall auch Sängers), Keyboarder Ken Hensley geht. Am 24. August jährt sich der Geburtstag des Classic-Rock-Multitalents Geburtstag.
Hier könnt ihr euch etliche Uriah-Heep-Klassiker in der Neuinterpretation von Ken Hensley anhören:
Seinen ersten Schrei tut Hensley in Plumstead, London, seine Kindheit und Jugend verbringt er im direkten Anschluss in Stevenage, Hertfordshire. Mit zwölf Jahren erlernt Kenneth William David Hensley zunächst das Gitarrenspiel. Mitte der Sechziger gründet er mit einem gewissen Mick Taylor, von dem man später noch aufgrund seiner Gitarristentätigkeit für John Mayall & The Bluesbreakers sowie sukzessive bei den Rolling Stones hören sollte, die Psychedelic-Prog-Band The Gods. Bereits hier primär an die Hammond-B3-Orgel gewechselt, beginnt Hensley sich schon früh auch als Songschreiber zu profilieren. Zwar gestaltet sich die Karriere der Gods mit nur ein paar Platten als recht kurzlebig, doch der Organist findet schon im Dezember 1969 bei einer neuen Band Unterschlupf: Spice, die sich pünktlich zum Jahreswechsel 1970 in Uriah Heep umbenennen.
Heep-Heep-Hurra!
Mit der nach einem Charakter aus Charles Dickens’ Roman David Copperfield benannten progressiven Hard-Rock-Band feiert Hensley erste Erfolge. Schon die von Sänger David Byron und Gitarrist Mick Box verfasste Single Gypsy aus dem Debütalbum ...Very ’Eavy ...Very ’Umble (1970) kommt gut an. Doch das von Hensley für den Nachfolger geschriebene und eingesungene, vergleichsweise folkig klingende Lady In Black soll schließlich in die Annalen eingehen – und neben Deep Purples Smoke On The Water Generationen von Gitarrenneulingen für nahezu ein halbes Jahrhundert begleiten.
„Als ich den Song in 30 Minuten geschrieben habe, waren wir grad auf Tour in Nordengland. Für mich war es zunächst nur eine weitere Nummer für das Salsbury-Album. Ich hatte keine Vorstellung davon, dass sie sich millionenfach verkaufen und die Leute das Lied 40 Jahre später noch singen würden“, erinnert sich Hensley 2011 im Gespräch und gibt sich bescheiden: „Ich hatte keine Ahnung, dass ich etwas Besonderes schreiben würde.“
Mehr magische Momente
Mit den Folgealben, Look At Yourself (1971) und Demons And Wizards (1972), zementieren Uriah Heep ihren Erfolg. Letzteres wirft mit Easy Livin’ einen weiteren großen Heep-Hit aus Hensleys Feder ab. Doch für den Hammond-Helden ist es vielmehr das epische Doppelfinale von Paradise und The Spell, das bereits den kreativen Zenit der Band beschreibt. „Musikalisch war das für mich der Höhepunkt. Danach ging es bergab“, findet Hensley, der damit auch auf die Drogen- und Alkoholprobleme innerhalb der Band anspielt. Dennoch hält Heeps Hauptsongwriter – allen schwelenden Schwierigkeiten zum Trotz – seiner Band zunächst noch für neun (!) weitere Alben die Treue. Erst 1980 gehen der Keyboarder und die Gruppe letztlich getrennte Wege.
Nach einem erneuten kurzem Abstecher auf Solopfade schließt sich der Tastenzauberer in den Achtzigern den amerikanischen Southern-Rockern von Blackfoot an und spielt mit ihnen die Alben Siogo und Vertical Smiles ein. Eine Anstellung, die allerdings von überschaubarer Dauer bleibt, denn Mitte des Jahrzehnts begibt sich Hensley quasi in den Vorruhestand. Zumindest, was feste Bandformationen angeht. So lässt es sich der Archetyp des Hard-Rock-Keyboarders nicht nehmen, als Sessionmusiker sowohl The Headless Children (1989) von W.A.S.P. als auch Cinderellas Heartbreak Station (1990) mit seinem Tastenspiel zu veredeln.
Rückspiegel-Blick und Vollgas
Davon und von der Veröffentlichung zweier Soloalben abgesehen, bleibt es in den Neunzigern recht still um Hensley. Neben ersten zaghaften Annäherungsversuchen mit Teilen von Uriah Heep beginnt der Keyboarder nach fast zwei Dekaden, mit dem Album Running Blind (2002) seine Solokarriere wieder aufzunehmen. Sein bis dato ambitioniertestes Projekt im neuen Jahrtausend ist indes die autobiografische Rockoper Blood On The Highway (2007). Hierfür umgibt sich Hensley mit einem prominenten Vokalensemble, zu dem Glenn Hughes (Deep Purple, Trapeze, Black Sabbath), Jørn Lande (Masterplan), John Lawton (Uriah Heep) und Sängerin Eve Gallagher zählen.
Zuletzt ist er mit der Begleitband Live Fire im Studio und auf der Bühne aktiv und plant die Veröffentlichung eines bereits eingespielten weiteren Soloalbums, eines Lyrik-Buches sowie die seiner zweiten Biografie. Zuletzt lebt Hensley mit seiner Frau Monica in der Nähe von Alicante in Spanien. Dort verstirbt er schließlich am 4. November 2020 mit 75 Jahren nach kurzer Krankheit. Das Album My Book Of Answer erscheint schließlich posthum am 5. März 2021. Ruhe in Frieden.
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