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Titelfoto: Jorgen Angel/Redferns/Getty Images

Tourstress, ein Casinobrand und das nahende Ende von Mark II: Wie Deep Purple unter widrigsten Umständen ihre legendärste Platte "Machine Head" ablieferten

Es gibt die deutsche Nationalelf von 1954, es gibt Jesus mit seinen zwölf Jüngern und es gibt das Mark-II-Line-up von Deep Purple. Mit Machine Head veröffentlichen die Briten am 25. März 1972 ihr wohl legendärstes Album mit ihrem wohl legendärsten Song. Dabei läuft die Produktion alles andere als nach Plan …

von Timon Menge

Hier könnt ihr euch Machine Head von Deep Purple anhören:

Wenn es um das Mark-II-Line-up von Deep Purple geht, geraten die meisten Musikfans ins Schwärmen. Von Juli 1969 bis Juni 1973 lautet die Besetzung der legendären Hardrocker: Ian Gillan am Mikro, Ritchie Blackmore an der Gitarre, Roger Glover am Bass, Jon Lord am Keyboard und Ian Paice am Schlagzeug. Als Einstand veröffentlicht diese Gruppe am 20. Dezember 1969 das Concerto For Group And Orchestra, ein Jahr später erscheint der Rockmusik-Meilenstein In Rock. Im September 1971 bringen Deep Purple mit Fireball das zweite Album in der Mark-II-Besetzung raus, bevor sie Ende des Jahres zu ihrem allergrößten Wurf ansetzen: Machine Head.

Machine Head: Eine Albumproduktion auf Umwegen

Eigentlich sind Deep Purple zu Beginn der Siebziger vor allem mit einer Sache beschäftigt: mit Live-Konzerten. Eine Welt-Tournee folgt auf die nächste, Alben entstehen zwischen Tür und Angel. Für ihre sechste Platte Machine Head möchten sich die Briten ein wenig mehr Zeit nehmen, wenn auch nicht viel mehr. Außerdem wollen sie ein paar Dinge anders machen, weil die Musiker das Gefühl haben, das ihre bisherigen Alben nicht den Deep-Purple-Bühnensound einfangen. Mit neuen Songs und jeder Menge Ideen im Gepäck reist die Band am 3. Dezember 1971 ins Montreux Casino am Genfer See, um dort mithilfe des Rolling Stones Mobile Studio ihre neue Platte aufzunehmen. Manches in der Schweiz läuft streng nach Plan — anderes nicht …

Was Frank Zappa mit dem größten Hit von Deep Purple zu tun hat

Wer Rockmusik hört, kennt in der Regel auch die Stadt Montreux. Nicht nur wegen Deep Purple, sondern auch wegen der zahlreichen anderen Bands, die im Lauf der Jahrzehnte beim Montreux Jazz Festival im Montreux Casino auftreten. Ob Led Zeppelin, Pink Floyd, B.B. King, Gary Moore, Ringo Starr, Status Quo, Prince oder Toto: Sie alle geben sich bei dem Schweizer Event die Klinke in die Hand. Auch über das Festival hinaus dient das Montreux Casino als Spielstätte für die größten Rock-, Blues- und Soulmusiker*innen aller Zeiten. Während der konzertlosen Wintermonate steht das Casino für Aufnahmen zur Verfügung. Ab dem 5. Dezember 1971 können Deep Purple das Gebäude komplett für sich haben, doch am 4. steht noch eine letzte Show an: von Frank Zappa.

Als Frank Zappa und seine Mothers Of Invention im Montreux Casino auf der Bühne stehen, befinden sich Deep Purple bereits im Hotel. Dennoch inspiriert ein Vorfall während der Show die britischen Hardrocker zu ihrem berühmtesten Song. So kommt ein Zuschauer während des Konzerts auf die unkluge Idee, in dem geschlossenen Raum eine Leuchtrakete zu zünden. Das Casino fängt Feuer und brennt lichterloh. „FEUER!“, ruft Frank Zappa von der Bühne. Das Publikum kann gerettet werden, das Casino nicht. Rauchschwaden ziehen über den Genfer See. Deep Purple müssen ihr Album woanders einspielen, machen aber ein Lied aus dem Vorfall: Smoke On The Water.

Machine Head: Der Höhepunkt des Mark-II-Line-ups von Deep Purple

Als erste Single von Machine Head veröffentlichen Deep Purple allerdings den Song Never Before, das sie im weiteren Verlauf ihrer Karriere kaum live spielen. Bei der zweiten Single Lazy handelt es sich um ein gut siebenminütiges Bluesrock-Monumentalwerk, das die Band auf der Bühne auch gerne mal über mehr als zehn Minuten streckt.

Eine besonders nette Geschichte verbirgt sich hinter dem Stück Highway Star: Als Deep Purple 1971 durch England touren, fragt ein Musikjournalist, wie die Musiker ihre Songs schreiben. Ritchie Blackmore schnappt sich zur Demonstration eine Gitarre, Ian Gillan singt dazu. Das Ergebnis: ein fertiges Lied. Noch in derselben Nacht spielt die Gruppe Highway Star live. Smoke On The Water erscheint erst später als Single-Auskopplung und zwar im Mai 1973.

Der Stress kostet Opfer

Zu jener Zeit haben Deep Purple bereits ihr siebtes Album Who Do We Think We Are veröffentlicht und sind schon längst wieder auf US-Tour mit Fleetwood Mac und Rory Gallagher. Pause? Fehlanzeige. Dabei hätten Deep Purple laut eigener Aussage dringend eine gebraucht. In einem Interview kritisiert Sänger Ian Gillan das damalige Management: „Wenn das vernünftige Leute gewesen wären, hätten sie uns für drei Monate in den Urlaub geschickt. Stattdessen haben sie uns gedrängt, die Platte im Zeitplan abzuliefern.“ Im Juli 1973 reist die Band für einige Shows nach Japan. Anschließend kann Gillan nicht mehr und steigt aus.

Der Stress, die Streitigkeiten mit Ritchie Blackmore — all das macht ihm zu schaffen. Nach Gillan muss auch Roger Glover gehen, das Mark-II-Line-up ist vorerst Geschichte. Keyboarder Jon Lord bezeichnet den Bruch später als „die größte Schande des Rock’n’Roll. Gott weiß, was wir in den nächsten drei oder vier Jahren noch gemacht hätten.“ Erst im April 1984 findet die legendäre Besetzung wieder zusammen, ein letztes Mal im August 1992. Seit dem Tod von Jon Lord im Jahr 2012 steht eine erneute Reunion des Mark-II-Line-ups nicht mehr zur Debatte.

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