Vor 51 Jahren erschien eines der ersten Alben der noch jungen Rolling Stones. Als die Beatles schon längst Superstars waren und ihre anspruchsvollere Phase einläuteten, standen die Stones noch ganz am Anfang. All die legendären Hits und Alben, für die sie heute verehrt werden, gab es noch nicht, auf "No. 2“ machten sich Jagger & Co. langsam auf den weg dorthin. Gerade deshalb lohnt es sich, dieses eher unbekannte Album neu zu entdecken.
Das Cover zu "No. 2". Kein Bandname, kein Album Titel - muss man sich erstmal trauen. Copyright: ABKCODie Beste der Stones? Gute Frage. Sich auf ein Lieblingsalbum einer solchen Band festzulegen, ist nicht einfach, wie bei allen Künstler, die fast über fünf Dekaden aktiv waren und sich nicht nur einmal weiterentwickelt haben. Mit den Beatles, Dylan oder Bowie ist es da nicht anders. Eingefleischte Stones-Fans werden sich vielleicht auf ein eines der legendären Werke wie Exile On Main Street (1972), Let It Bleed (1969), Beggars Banquet (1968) oder Sticky Fingers von 1971 einigen können. No. 2, das zweite in Großbritannien veröffentlichte Album der Stones von 1965, schafft es so gut wie nie in eine solche Best-Of-Auswahl, die wenigsten kennen es überhaupt. Obwohl die Platte das erste Nummer-1-Album der Band um Mick Jagger und Keith Richards in Deutschland war. Und The Rolling Stones, Now!, das nur wenige Monate später in den USA veröffentlicht wurde und bis auf wenige Titel fast deckungsgleich mit No. 2 ist, rangiert in der Liste der 500 besten Alben aller Zeiten des Rolling Stone Magazins immerhin auf Platz 180.
Ja, die Veröffentlichungspolitik war ein bisschen verwirrend Mitte der 60er: Die verschiedenen Märkte wurden mit unterschiedlichen Platten bedient, LPs hatten besonders in UK noch nicht die kommerzielle Bedeutung wie eine Reihe heißer Singles. Auf No. 2 sieht man deutlich, dass es hier noch nicht um ein vollendetes künstlerische Album-Statement ging - die Stones spielten sich quasi erst warm für spätere Glanztaten, waren auf der Suche nach ihrem eigenen Stil. Was nicht heißen soll, dass diese Platte keiner Richtung folgt oder nichts kann, ganz im Gegenteil: Sie ist eine kleine Reise zurück zu den Anfängen der modernen Rockmusik, als afroamerikanischer Rock & Roll und Rhythm & Blues von jungen weißen Bands übernommen wurde. 9 von 12 Songs auf No. 2 sind Coverversionen, mit denen die Stones ihren Blues-Helden Tribut zollten: Chuck Berry, Muddy Waters, Solomon Burke und anderen. Nur drei Songs - What a Shame, Grown Up Wrong und Off the Hook - sind Songs auf der Feder von Jagger und Richards. Noch waren sie nicht die selbstbewussten Songwriter, die sie in den folgenden Jahren wurden, mit Hits wie Satisfaction, Paint it Black oder dem Album Aftermath, das zum ersten Mal ausschließlich Jagger/Richards-Kompositionen enthielt.
Aber Coversongs hatten damals weder Sinatra noch Elvis geschadet, und die Stones setzten sie großartig um: Der traditionelle Blues wurde bei ihnen härter, schneller und aggressiver. Ob ihre Versionen besser oder schlechter als die Originale sind, spielt keine Rolle, denn sie setzten mit diesem Sound ein rotzig wildes Gegengewicht zum insgesamt recht braven Pop dieser Zeit. Schon auf dem Cover starren sie uns wie die Evil Twins der Beatles an, und auf den Songs geht relativ roh und ungeschliffen zu: Es rasselt und rollt in bester Johnny-B-Goode-Manier, Slide-Gitarren swingen zwischen Mundharmonika und Honky-Tonk-Piano, und die Aufnahmen klingen so goldig unperfekt, wie man es an den 60ern schätzt. Die Eigenkompositionen folgen zwar noch relativ strikt den klassischen R&B-Regeln, aber man hört besonders im Gesang von Mick Jagger schon dieses leidenschaftlich kaputte Jaulen, das wenig später zu einigen der größten Rocksongs aller Zeiten führte. No. 2 ist auch so ein großartiges Stück Musik, aber vor allem ein wichtiges Puzzleteil, um die Stones komplett zu verstehen.
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