W:O:A – diese drei Buchstaben lassen jedes Jahr zehntausende Musik-Fans in die norddeutsche Provinz pilgern, zum Wacken Open Air, dem größten Heavy-Metal-Festival der Welt. In diesem Jahr wurde auf dem legendären Acker nicht nur Musik gemacht, auch die Dreharbeiten zur sechsteiligen Serie The Legend of Wacken begannen. In den Hauptrollen: Aurel Manthei und Charly Hübner.
von Andrea Leim
Seit über 30 Jahren bestimmt die harte Musik am ersten Augustwochenende das Leben in Schleswig-Holstein. Tausende schwarz-gekleidete Metal-Fans reisen aus der ganzen Welt an, um in dem kleinen Örtchen Wacken in der Nähe des Nord-Ostsee-Kanals ihre liebsten Bands zu sehen, mit Gleichgesinnten zu feiern und Spaß zu haben.
Schon früh eine Maiden-Kutte
Die Gründer des legendären Open Airs kommen selbst aus besagtem 2.000-Seelen-Dorf: Die Veranstalter Holger Hübner und Thomas Jensen haben sich mit dem Festival einen Jugendtraum erfüllt, der stetig und unaufhaltsam wächst. Die 80.000 Tickets für das W:O:A 2023 waren innerhalb von fünf Stunden ausverkauft – Rekord! Kein Wunder also, dass diese ganz besondere Erfolgsgeschichte nun auch auf den Bildschirm kommt: Unter dem Arbeitstitel The Legend of Wacken haben mitten auf dem Festival die Dreharbeiten zu einer sechsteiligen RTL+-Serie begonnen. In den Hauptrollen: Charly Hübner, bekannt etwa aus Polizeiruf 110, als Holger Hübner und Aurel Manthei als Thomas Jensen.
Die echten W:O:A-Macher: Thomas Jensen und Holger Hübner (Foto: KS/WOA Festival GmbH)„Den Wacken-Chef zu spielen, ist natürlich eine Nummer“, sagt Manthei im Interview. „Ich habe Glück, dass wir optisch relativ nah beieinander liegen. Wenn ich dann noch die Perücke aufsetze, die schwarze Jacke anziehe und mit schwerem Gang durch die Leute marschiere, ist die Grundlage für die Rolle schon da“, erzählt der Wuppertaler und lacht. Auch die Liebe zum Heavy Metal teilt der Schauspieler mit dem Veranstalter bereits seit früher Jugend. Manthei verbrachte seine zum Teil gar nicht weit von Wacken, nämlich in Hamburg. „Ich bin mit genau der Mucke groß geworden. Alle anderen im Hamburger Westen waren Popper und haben Plastikmusik gehört, ich hatte lange Locken, eine Iron-Maiden-Kutte und war Metaller. In der Zeit habe ich auch meine ersten Bands gesehen: Motörhead, Ramones und so. Mit 14 habe ich angefangen, Schlagzeug zu spielen und mit Freunden eine Band gegründet. Wir hießen ‚Die Kaputtnix‘.“
Tanzschule ist nicht Metal
Und noch eine weitere Erfahrung teilen Manthei und Jensen: den Horror der Tanzschule! Aurel Manthei erzählt: „Beim Casting ging es um eine Situation von Thomas, in der seine Mutter ihn zum Tanzkurs in den Landgasthof geschickt hatte. Aber Thomas hatte darauf keinen Bock und sortierte lieber Flaschen, um sich etwas Geld zu verdienen. Im Casting habe ich direkt noch meine eigene Tanzkurs-Geschichte erzählt: Bei einer Tombola in der Schule habe ich einen Kurs in der Tanzschule Wendt gewonnen und mich gefragt, was ich damit soll. Aber meine Mutter hat mich gezwungen, da hinzugehen.“ Der Schauspieler muss lachen: „Mit meinen langen Haaren tippten mir ständig Jungs auf die Schulter, die mich auffordern wollten, weil sie dachten, ich sei eine Schnitte.“
Aus der Tanzkarriere wurde also nichts, und weil Manthei auch nicht zu den strebsamsten Pennälern zählte, flog er immer wieder von der Schule und musste schließlich umziehen. Abi und Zivildienst machte er dann in Dortmund und studierte schließlich an der Folkwang-Universität Schauspiel. „Zum Wacken konnte ich deshalb auch nie fahren, weil mir einfach immer die Kohle fehlte. Stattdessen sind ein paar Kumpels und ich gemeinsam im Van zum Dynamo Open Air in den Niederlanden gereist und haben dort gecampt.“ An Festival-Erfahrung fehlt es dem Schauspieler also nicht.
Dreharbeiten bis Ende des Jahres
Bis einschließlich November 2022 sollen die Dreharbeiten für The Legend Of Wacken laufen, überwiegend in Schleswig-Holstein, dem Schauplatz des Wacken Open Airs. Die von der Produktionsfirma Florida Film entwickelte fiktionale Serie ist inspiriert von wahren Begebenheiten und erzählt die einzigartige Geschichte der Gründer des W:O:A, die trotz harter Rückschläge ihren Traum von einem der größten Heavy-Metal-Festivals der Welt mit viel Mut, Leidenschaft und norddeutscher Sturheit verwirklichen.
Wacken-Chef Thomas Jensen mit den Fans während der Dreharbeiten (Foto: KM/WOA Festival GmbH)„Das Wacken Open Air ist Kult und Sinnbild für ein ganz besonderes Lebensgefühl. Es war längst überfällig, diese einzigartige Geschichte fiktional zu erzählen“, sagt Hauke Bartel, Bereichsleiterin Fiction bei RTL Deutschland. Auch Maren Knieling, Geschäftsführerin von Florida Film, zeigt sich begeistert vom Ursprung des Festivals: „Wenn du in den Achtziger Jahren auf einem Dorf in der norddeutschen Tiefebene aufwächst, willst du so schnell wie möglich weg – aber kaum bist du es, vermisst du es. Und genau darin bestand der genialische Kniff von Thomas Jensen und Holger Hübner: Weil die Welt oft zu weit weg war, holten sie sie nach Wacken.“
Feuertaufe beim echten W:O:A
Die Story der Serie wurde im engen Austausch mit den wahren Protagonisten entwickelt, während des Festivals fanden ein paar der wichtigsten Dreharbeiten statt – unter anderem bei der Eröffnung des Infields, des Geländes vor den Hauptbühnen, als Holger Hübner und Thomas Jensen ihre Seriendarsteller den zigtausend Wacken-Fans vor der Bühne vorstellten. Die bedankten sich mit lautem Applaus und wohlwollendem Grölen – Feuertaufe bestanden!
Aurel Manthei alias Thomas Jensen beim Dreh auf dem Festival (Pic: Andrea Leim)Die Ausstrahlung der Serie ist fürs kommende Jahr geplant, was auch Thomas Jensen freut: „Dass unsere Geschichte als Inspiration für die Handlung einer Serie dient, ehrt uns sehr. Auch das hätten wir uns nie träumen lassen, als unsere idealistische kleine Idee zu einem immer noch andauernden Abenteuer wurde.“