Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 16.11.1969.
von Christof Leim
Ende der Sechziger gehört Janis Joplin zu den Stars der Rockszene. Bei einem Konzert in Tampa, Florida mit ihrer Kozmic Blues Band am 16. November 1969 legt sie sich auf offener Bühne mit der Polizei an. Ganz ohne Folgen bleibt das nicht.
Hört hier in die besten Songs von Janis Joplin rein:
Die Langhaarigen, die Hippies, die Rock’n’Roller sind Ende der Sechziger in der „normalen“ Gesellschaft der USA nicht wohlgelitten, und bei der Polizei vermutlich ebenso wenig. Eine junge Sängerin mit gewaltiger Stimme, die eine Vorliebe für Southern Comfort hegt und lebt, wie sie leben will, passt da auch nicht so recht ins Bild. Vor allem, wenn sie Menschen anzieht, die den Spaß bei einem Konzert auch ausleben wollen.
Als die Fans nämlich bei einer Show in Tampa, Florida am 16. November 1969 ihre Sitze verlassen, wird ein Polizist ungehalten. Er brüllt die Besucher an und benutzt dafür sogar ein Megafon. Das gefällt Janis Joplin gar nicht. Sie schreit von der Bühne: „Lass die Leute in Ruhe, Mann! Warum bist du so verspannt? Hast du fünf Dollar für ein Ticket ausgeben?“ Doch der Beamte fordert die Künstlerin dazu auf, der Menge zu erklären, sie solle sitzen bleiben. Die Antwort der 26-Jährigen? „Einen Scheiß werde ich!“
Weil sie jetzt schön in Fahrt ist, schimpft sie noch ein bisschen mehr, beendet das Konzert – und wird prompt verhaftet. Der Grund: vulgäre und unanständige Äußerungen. Gemeint ist damit vor allem das schöne Wörtchen „Fuck“. Das gilt in englischsprachigen Ländern heute noch als unschicklich, aber damals geht das natürlich gar nicht. Andere Zeiten, was? Und auch die Vorstellung, bei einem Rock’n’Roll-Konzert unbedingt sitzen zu müssen, dürfte den meisten von uns befremdlich vorkommen.
Damit hat Miss Joplin aber noch Glück: Jim Morrison von den Doors wird zwei Jahre zuvor in New Haven, Connecticut als erster Rockstar gleich von der Bühne weg verhaftet. Nach einem nachmittäglichen Streit mit der Polizei hatte er den Zuschauern von seiner Begegnung mit den „kleinen blauen Schweinchen“ erzählt. Kam natürlich nicht so gut an.
Janis Joplin muss nach ihrer Verhaftung 1969 eine Kaution von 504 Dollar bezahlen, was damals nicht wenig Geld ist, der durchaus erfolgreichen Dame aber nicht weh getan haben dürfte. Mehr noch: Die Anklage wird später fallen gelassen, die Angelegenheit gilt nach einer Geldstrafe von 200 Dollar als erledigt. Die Sängerin kann deshalb weiter touren und steht zum Beispiel knapp zwei Wochen später mit Tina Turner bei einem Konzert der Rolling Stones im Madison Square Garden auf der Bühne. Weniger als ein Jahr später stirbt sie an einer Überdosis, aber das ist eine andere Geschichte (nämlich die hier)…