Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 3.11.1977.
von Timon Menge und Christof Leim
Mit Erfolgsalben wie Goodbye Yellow Brick Road und Don’t Shoot Me I’m Only The Piano Player legt Elton John Anfang der Siebziger einen Höhenflug hin, der seinesgleichen sucht. Doch der Ruhm bringt Probleme mit sich, so dass der Sänger am 3. November 1977 im Wembley Stadion das Ende seiner Bühnenkarriere verkündet — nicht zum letzten Mal.
Hört hier in Goodbye Yellow Brick Road rein:
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Nicht jeder Musiker kann mit dem Ruhm umgehen, den eine Megaveröffentlichung wie Goodbye Yellow Brick Road (1973) nach sich zieht. So ergeht es auch Elton John, dessen Karriere während der ausgehenden Siebziger einen Knick erleidet. Besonders brisant: sein Coming-out im Rahmen eines Rolling Stone-Interviews. Was heute selbstverständlich sein sollte, sorgt damals dafür, dass John geächtet wird. Vermeintliche Fans bezeichnen ihn als Perversen und wollen seine Platten nicht mehr kaufen. Die Angriffe auf seine Person sowie die allgemeinen Anstrengungen des Superstar-Daseins setzen dem Sänger zu, sein Drogenkonsum steigt an: „Ich habe nie Gras geraucht“, erzählt der Brite. „Bei mir war es eher Kokain. Ich habe auch Heroin genommen, aber nie gespritzt. Zeitweise hatte ich Halluzinationen.“
Als ihm seine Probleme über den Kopf wachsen, gibt John am 5. November 1977 im Rahmen einer Show im Wembley-Stadion das Ende seiner Bühnenkarriere bekannt. Dies sei seine letzte Show, erklärt der damals 30-Jährige, doch sein Publikum möchte von dem Rücktritt nichts hören und bricht in lautstarke Entrüstung aus. Die dauert nicht lange: Als der Superstar die ersten Töne von Sorry Seems To Be The Hardest Word singt und die Zuschauer realisieren, dass dies ein historischer Moment werden könnte, schlägt der Schock in Begeisterung um. Glücklicherweise wurden diese Momente auf Video festgehalten:
Heute wissen wir, dass sich der Brite 1977 nicht auf Dauer von der Bühne verabschiedet.
Im Studio bleibt er zudem weiter aktiv, wenngleich mit verringerter Schlagzahl. Schon im Folgejahr erscheint das Album A Single Man, doch auch hierfür hat Elton John einen Schnitt vollzogen und sich von seinem langjährigeren Texter Bernie Taupin getrennt. Zwar spielt der Künstler 1978 tatsächlich nur wenige private Auftritte, doch schon 1979 gibt er satte 125 Konzerte auf vier Kontinenten. Erst 1983 veröffentlicht er wieder mit Taupin ein Album, das den Titel Too Low For Zero trägt - und prompt die rückläufigen Verkaufszahlen wiederbelebt.
Im Laufe der Jahre verabschiedet sich der exzentrische Künstler noch weitere Male von der Bühne. So gibt er 1984, 2010 und 2012 weitere Male das Ende seiner Karriere bekannt. Steht 2012 seine Vaterschaft im Fokus, fühlt er sich 2010 bereits zu alt für seine Popkarriere: „Ich bin 63. Ich möchte nicht auf VH1 oder MTV zu sehen sein“, verkündet Elton John damals. „Ich bin an einem Punkt angelangt, an dem ich keine Musik mehr schreiben kann. Ich bekomme keinen tollen Rocksong mehr zustande. Als ich 25 oder 26 war, war alles okay, aber das ist vorbei. Ich habe mehr als 40 einzigartige Alben aufgenommen. Die Leute schreien nicht nach einer weiteren Veröffentlichung von Elton John, und ich reiße mich auch nicht darum.“ Auch diese Abschiede halten nicht lange.
2014 dankt er ein weiteres Mal ab, als wolle er einen Running Gag etablieren. In der Tat erklärt sein Pressesprecher nur einen Tag später, dass der Musiker bloß einen Witz gemacht habe. Ob er seinen aktuellen Abschied vom 24. Januar 2018 ernst meint, wird sich zeigen. Im Rahmen der Farewell — Yellow Brick Road-Tour sind weltweit beeindruckende 300 Konzerte geplant.