Zeitsprung: Am 4.1.1970 überfährt The-Who-Schlagzeuger Keith Moon versehentlich seinen Chauffeur.
popkultur22.12.20
von Christof Leim
The Who haben Rock-Geschichte geschrieben – und für Geschichten gesorgt. Drama, Chaos und Tragik gehörten bei den britischen Legenden leider immer dazu, was nicht selten an den Eskapaden ihres Drummers lag. Ein Ereignis sollte ihn bis an sein Lebensende verfolgen: Am 4. Januar 1970 überfuhr Keith Moon versehentlich seinen Chauffeur Cornelius „Neil“ Boland. So lautet zumindest die offizielle Version…
Hört hier die Klassiker von The Who und lest weiter:
Exzessive Party
An jenem Abend nimmt Moon mit seiner Frau Kim und einigen Freunden an der Eröffnung des Red Lion in Hatfield, Hertfordshire teil, eines Pubs mit Disco, der dem Sohn seiner Nachbarn gehört. Wie üblich lässt der Drummer es ordentlich krachen und vergnügt sich mit seinen Lieblingsgetränken Brandy und Champagner. Fahren muss er nicht, dafür gibt es Neil Boland, der als Chauffeur und Bodyguard für Moon arbeitet und den Rocker und seine Entourage in einem sündhaften teuren Bentley zur Party kutschiert.
Es kommt zur Auseinandersetzung...
Mit zur Reisegruppe gehört Jean Battye, die Freundin des Musikers und Moon-Kumpels ‘Legs’ Larry Smith. Sie berichtet später von einer unangenehmen Stimmung im Red Lion, weil Rockstar-Reichtum bei der bodenständigen Klientel dort nicht gerne gesehen wird. Fest steht, dass es zu einer Auseinandersetzung zwischen Moons Entourage und anderen Gästen kommt, die später als „ortsansässige Skinheads“ beschrieben werden. Sie umstellen das Auto, werfen Geldmünzen auf das Dach und machen Anstalten, das Fahrzeug umzukippen. Im Bentley herrscht Angst. Chauffeur Neil Boland steigt aus, es kommt zu einem Handgemenge. Moon, der normalerweise nicht mal nüchtern Auto fährt, rutscht ans Steuer und will sich und seine Freunde in Sicherheit bringen. Unglücklicherweise bemerkt er nicht, dass Boland unter das Auto gestürzt ist. Der 24-Jährige wird mitgeschleift und verstirbt noch in derselben Nacht.
Schuldgefühle
Keith Moon wird wegen Bolands Tod angeklagt, sechs Wochen später jedoch freigesprochen, als das Gericht die Geschehnisse als Unfall einstuft. Der Tod seines Mitarbeiters und Freundes lastet jedoch schwer auf der Seele des Drummers. So berichtet seine zeitweilige Freundin Pamela Des Barres, legendäres Groupie und Autorin von I’m With The Band, dass Moon regelmäßig nachts von Alpträumen geplagt aufwacht und sich fragt, warum er überhaupt am Leben sein darf. Keith Moon selbst stirbt am 7. September 1978 mit nur 32 Jahren an einer Medikamentenüberdosis.
Ungereimtheiten
Jean Battye und andere bestätigen diese Version der Ereignisse des 4. Januar 1970. Neil Bolands Tochter Michelle jedoch, die zu dem Zeitpunkt des Unglücks erst vier Jahre alt war, stellt eigene Nachforschungen an und findet einen der jungen Männer von damals: Peter Thorpe. Der gibt eine gänzlich andere Variante zu Protokoll. Erstens waren die aufrührerischen Gäste des Red Lion „keine Skinheads“, sondern Fans von The Who. Zweitens lief der Abend entspannt, bis einer von Thorpes Kumpels aus Spaß um eine Mitfahrgelegenheit im Bentley bittet, als die Partygesellschaft aufbricht. Kim Moon beantwortet das mit einem beherzten „Fuck off“, woraufhin die jungen Herren Münzen auf das Auto werfen. Boland steigt aus, es kommt zu einer Keilerei – und Kim, nicht Keith, setzt sich ans Steuer.
Suche nach der Wahrheit
Michelle Boland hat ihre Erkenntnisse und Peter Thorpes Aussage auf der Website "Keith Moon Was Not Driving" veröffentlicht. Deren Authentizität lässt sich nur schwer belegen oder widerlegen, allerdings finden sich dort einige augenscheinliche persönliche Fotos von Neil Boland mit Moon und John Lennon, von seinem Grabstein und seiner Mutter. Untersucht wurde diese Version der Ereignisse nie.
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