Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 22.8.1968.
von Timon Menge und Christof Leim
Schon Ende der Sechziger kann man die drohende Auflösung der Beatles spüren, zumindest im inneren Zirkel. Am 22. August 1968, während der Aufnahmen zum White Album, verlässt Ringo Starr das Studio und kehrt erst knapp zwei Wochen später zurück.
Hier könnt ihr in das White Album reinhören:
Zwar gibt Paul McCartney erst im April 1970 die Auflösung der Beatles bekannt, doch das Personal in den Abbey Road Studios merkt schon zwei Jahre vorher, dass nicht alles so läuft wie es soll. „Die Stimmung bei den Sessions war zu dieser Zeit sehr angespannt“, erzählt Tontechniker Peter Vince. „Wir wurden oft weggeschickt und sollten was essen gehen. Wir wussten natürlich, dass die Beatles in der Zeit heftig diskutiert haben und niemanden dabeihaben wollten.“
Verwirrend? Für alle.
Im Sommer 1968 arbeiten die „Fab Four“ an der Platte The Beatles, die von aller Welt nur The White Album genannt wird. Dabei fühlt sich Ringo Starr starkem Druck ausgesetzt, wie er in der Beatles Anthology zu Protokoll gibt: „Ich hatte das Gefühl, dass ich als Trommler nicht gut genug bin. Außerdem kam ich mir wie ein Außenseiter vor, während die anderen drei anscheinend sehr glücklich waren.“ Also besucht der Schlagzeuger seinen Freund John Lennon in dessen Apartment und erklärt: „Ich steige aus, weil ich nicht gut genug spiele und mir unerwünscht vorkomme.“ Doch Lennon antwortet: „Ich dachte, ich wäre außen vor!“ Als Ringo bei Paul McCartney klopft und ihm sein Leid klagt, gibt der zu verstehen, dass er sich seinerseits ausgeschlossen fühle. Verwirrend? Durchaus. Das scheint Ringo genauso zu sehen, denn mit George Harrison spricht er gar nicht erst – sondern verlässt die berühmteste Band der Welt. Muss man auch erstmal bringen.
„Ich habe das alles nicht mehr ausgehalten“, sagt er später. „Es gab keine Magie mehr, unser Verhältnis untereinander war komplett im Eimer. Eine schlimme Zeit, ich habe mich einfach nicht gut gefühlt.“ Also verschwindet der Schlagzeuger noch während der laufenden Aufnahmen nach Sardinien und leiht sich die Yacht seines guten Freundes Peter Sellers aus. Zu dieser Zeit entsteht Octopus’s Garden, Ringos zweite Solokomposition für die Beatles, die später auf dem Album Abbey Road (1969) erscheint.
Ohne klappt es nicht
Während der Aufnahmen zum „White Album“ knallt es bei den BeatlesProduzent George Martin fasst die Situation (ebenfalls in der Beatles Anthology) folgendermaßen zusammen: „Wenn man zu einer Party geht, deren Gastgeber sich kurz zuvor gestritten haben, merkt man eine gewisse Anspannung, eine bestimmte Atmosphäre. Man wundert sich dann, ob man die Situation durch die eigene Anwesenheit noch verschlimmert. Und so ging es wahrscheinlich auch Ringo.”
Für die anderen Bandmitglieder heißt es indes: „The show must go on“, das Album soll fertig werden. Paul McCartney spielt das Schlagzeug für die Songs Back in the U.S.S.R. und Dear Prudence, John Lennon übernimmt den Bass. Die drei Musiker merken allerdings schnell, dass das alles ohne Ringo nicht richtig klingt. Deshalb schicken sie ihm ein Telegramm und bitten ihn zurückzukommen.
Zum Wiedersehen Blumen
Das wirkt: Am 4. September taucht der Urlauber wieder auf, gerade rechtzeitig, um die Musikvideos für Hey Jude und Revolution aufzunehmen. Als er am nächsten Tag dann die Abbey Road Studios betritt, ist sein Drumkit dekoriert — mit Blumen und dem Schriftzug „Welcome Back, Ringo“. Die „Fab Four“ sind wieder zusammen.
Einige Jahre später räumt Paul McCartney ein, dass die Band ihrem Schlagzeuger möglicherweise nicht immer die nötige Aufmerksamkeit gegeben habe: „Ich glaube, dass Ringo Angst davor hatte, kein guter Drummer zu sein, weil er nie Soli gespielt hat. Wir haben unser Ding durchgezogen, ohne Pause, und dabei vergessen, ihm zu sagen, dass er unser Lieblingsdrummer ist. Als er deswegen die Band verlassen wollte, haben wir ihm klargemacht, dass er für uns der beste Schlagzeuger der Welt bleibt. Das denke ich auch heute noch.“
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