Nicht jede Straße hat die Ehre, als Namensgeberin eines Beatlessongs zu fungieren. Nur eine, um genau zu sein: die Penny Lane in Liverpool. Wie Paul McCartney in einem Interview im Jahr 2009 mal erklärte, war die Penny Lane der geografische Dreh- und Angelpunkt der Jugendfreundschaft zwischen ihm und John Lennon:
"Penny Lane was kind of nostalgic, but it was really a place that John and I knew; it was actually a bus terminus. I’d get a bus to his house and I’d have to change at Penny Lane, or the same with him to me, so we often hung out at that terminus, like a roundabout. It was a place that we both knew, and so we both knew the things that turned up in the story."
Man stelle sich die Beiden vor, wie sie sich heimlich rauchend und hustend an der Bushaltestelle Penny Lane die ersten Zigaretten teilten, wie sie extra den Bus nach Hause verpassten, um länger zusammen sein zu können, den wartenden Mädchen Streiche spielten. Sehr gut kann man sich das vorstellen. Umso rührender, dass McCartney und Lennon diesem Ort einen eigenen Song widmeten. Er toppte nie die Charts, war aber immerhin überall in Europa unter den Top-10-Hits, als er im Jahr 1967 veröffentlicht wurde.
Im frisch remasterten Video zum Song sieht man die Fab Four im heute wieder sehr zeitgemäßen Dandylook sich an der Straßenkreuzung treffen, hippe Sonnenbrillen ausprobieren und durch die Stadt flanieren oder reiten. Was damals vielleicht seltsam anmutete, war eigentlich ziemlich revolutionär: Songs zu schreiben, in denen man nicht über die ganz großen, sondern die alltäglichen Dinge singt. Zum Beispiel über den Barber an der Ecke, der von jedem Kunden und seinem Schopf ein Foto macht. Oder von dem Banker, der selbst bei Regen keinen Regenmantel trägt, ist das nicht seltsam? Dann heißt es schön nostalgisch: "Penny Lane is in my ears and in my eyes". Und ganz deutlich wird auch das Gefühl besungen, zwar gute Erinnerungen an seine Heimat zu haben, dieser aber auch entwachsen zu sein wie zu kleinen Schuhen.
Wie um diesen Fakt zu unterstreichen, wird dann auch ein Ausritt aufs herbstliche Land veranstaltet und die Fanfaren-Trompete setzt ein, als würde sie zur Fuchsjagd blasen. George Harrison hat sein Pferd so gar nicht unter Kontrolle und Ringo Starr grinst sich einen. Dazwischen sind für Sekunden Nahaufnahmen vom Maul eines Pferdes zu sehen. Es ist auch diese skurrile Bildinszenierung, die die Videos der Beatles zu einem Vergnügen macht. Die Art des Schnitts ist etwas radikal Neues gewesen und passt somit zum textlichen Neuland der Alltagsbeobachtungen. Und wie die Vier so in ihren Gardemänteln, Jacken in egg shape und mit wehenden Mähnen und Schnurrbärten durch die Straßen Liverpools flanieren, würde man sie am liebsten als Reiseführer engagieren.
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