Was sind die zehn besten Songs der Stones überhaupt? Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Best-Of- und Greatest-Hits-Compilations gibt es ja zur Genüge, deshalb versuchen wir es hier mal anders herum: B-Seiten, vermeintlich unauffällige Albumtitel, Kuriositäten und andere Favoriten, die allesamt nicht zu den berühmtesten Stones-Songs gehören, aber dennoch die Qualität dieser Band unterstreichen. „Deep Cuts“ nennt man das im Englischen gerne. Songs also, die nur echte Fans kennen und schätzen. Los geht’s!
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1. Sway (Sticky Fingers)
Sway ist einer der heftigsten und niederschmetterndsten Songs, den die Stones je geschrieben haben. Auf dieser B-Seite der White Horses-Single blickt Mick Jagger tief in den Abgrund einer persönlichen Tragödie – ein Drama, das sich in den Drum Fills von Charlie Watts und auch dem grandiosen Solo von Mick Taylor widerspiegelt. Obwohl der Song typisch nach Keith Richards klingt, spielt er hier gar nicht, sondern steuert nur Backing Vocals bei, so wie angeblich auch Pete Townshend und Ronnie Lane von den Faces.
2. Before They Make Me Run (Some Girls)
Eine Nummer, die Keith Richards ganz allein gehört. 1977 wurde er in Kanada wegen Heroinbesitz verhaftet und ihm drohte eine Gefängnisstrafe, was die Zukunft der Rolling Stones sehr unsicher machte. Als Reaktion auf die Drogen-Sackgasse, in der er sich befand, schrieb er diesen Song, in dem er seinen Lifestyle reflektierte und Besserung gelobte. Die Sache ging ja bekanntlich noch einmal gut aus und Before They Make Me Run wurde zu einem von Richards Signature-Songs.
3. Memory Motel (Black And Blue)
Gegen Ende der 1970er-Jahre traten die Stones in eine eher durchwachsene Phase ein. Trotzdem – oder genau deswegen – gibt es auf Alben wie Black And Blue ein paar außergewöhnliche Songs wie Memory Motel, diese extravagant ausführliche und sentimentale Ballade über ein Hippie-Mädchen namens Hannah. Jaggers fast übertriebene Zärtlichkeit und ein ungewohnter Soft-Rock-Sound mit kitschigen Keyboards machen den Song zu einer richtigen Stones-Kuriosität.
4. No Expectations (Beggars Banquet)
Und noch ein ruhiges Meisterwerk. Dieser Song vom Album Beggars Banquet (1968) war ein erstes Ergebnis der neuen Begeisterung für die Wurzeln von Rockmusik, die bei den Stones eingezogen war, also für Country und Blues aus dem frühen 20. Jahrhundert. Diese Horizonterweiterung führte bald zu weiteren Klassikern auf Sticky Fingers und Exile On Main Street. No Expectations war leider auch eine der letzten großen Beiträge von Brian Jones.
5. Connection (Between The Buttons)
Obwohl Connection nie wirklich ein Hit war, ist der Song aus dem Jahr 1967 immer schon ein Favorit von echten Stones-Connaisseuren. Abgesehen davon, dass es sich hier um eines der besten Duette von Jagger und Richards handelt, bringt der Song die Stones der 1960er-Jahre absolut auf den Punkt: ein bisschen düster, nervös, und in rebellischer Pose. So mögen wir sie.
6. Dandelion (Single)
Dandelion ist der wunderbar launische Höhepunkt einer kurzen Affäre der Stones mit Psychedelic Pop, was man schon alleine am Cembalo hört, das Brian Jones hier 1967 spielte. Aber selbst im „Summer Of Love“ waren die Stones alles andere als gewöhnliche Blumenkinder. Das Abgründige schwingt auch dann mit, wenn die Band über Pusteblumen singt, die sich natürlich im Wind auflösen und vergehen. Und so outen sich die Stones selbst in diesem harmonischen Song als ewige Outlaws.
7. Worried About You (Tattoo You)
Ein weiterer Beweis, wie gut diese Band auch in ihren ruhigen Momenten war, ist Worried About You, ein ungewöhnlicher Mix aus Soul-Ballade und Reggae-Anleihen, der auf diverse Höhepunkte und ein schnittiges Gitarrensolo zusteuert. Obwohl der Song auf Tattoo You (1981) erschien, wurde er eigentlich schon für Black And Blue (1976) geschrieben, kurz bevor Ronnie Wood Mick Taylor an der Gitarre ersetzte, letzterer sich aber schon verabschiedet hatte. Heißt: Das Solo auf Worried About You spielt der Amerikaner Wayne Perkins, der zu der Zeit als neuer Gitarrist im Gespräch war. Die Stones wollten dann aber doch lieber ein rein britisches Unternehmen bleiben.
8. Star Star (Goats Head Soup)
Eigentlich hätte diese Nummer Starfucker heißen sollen, wie man im Refrain hören kann. Aber das fanden die Verantwortlichen der Plattenfirma eher nicht so nett. Der Song blieb dennoch derselbe: eine Hymne auf die Groupies. Abgesehen von all den textlichen Obszönitäten, in denen sich Mick Jagger hier ergeht, ist Star Star vor allem ein herrlicher Blues-Rocker in bester Chuck-Berry-Manier.
9. Going Home (Aftermath)
Wir schreiben das Jahr 1966. Progressive Rock machte seine ersten Schritte, aber die Stones hatten mit dieser Entwicklung eigentlich nicht viel am Hut. Trotzdem schrieben sie wohl den längsten Song, der bis dato je auf einem Rockalbum veröffentlicht wurde. Über elf Minuten dauert Going Home, erschienen auf Aftermath. „Dieses Ding kann man unmöglich zusammenschneiden“, soll Keith Richards damals auf Bedenken der Plattenfirma geantwortet haben, und wie recht er doch hatte: Gerade durch seine Längen steigert sich dieser Song weiter und weiter, bis in aller Ruhe ein unglaubliches Intensitätslevel erreicht wird. Ein roher, improvisierter Blues-Jam.
10. I Wanna Be Your Man (Single, 1963)
Und zu guter Letzt ein besonderes Schmankerl: ein Lennon-McCartney-Song, der nach Come On die erst zweite Single der noch jungen Stones wurde und die Band nah an die Top-Ten der britischen Charts heranbrachte. Die Beatles überließen den Stones I Wanna Be Your Man zunächst, da diese dringend auf der Suche nach einem kommerziellen Erfolgserlebnis waren. Nur ein paar Wochen später veröffentlichten ihn dann auch die Beatles. Welche Version ist die bessere? Sagen wir es mal so: Die Stones waren einfach ein bisschen anders. Und die Beatles eben auch.
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