20 Jahre „All We Know Is Falling“: Paramores schwieriger Start in Richtung Weltstars
popkultur26.07.25
Damals ein Erfolg, mittlerweile ein kleiner Szene-Klassiker – und dennoch immer wieder kritisch beäugt: Mit ihrem Debüt All We Know Is Falling empfehlen sich Hayley Williams und Paramore vor 20 Jahren als zukünftige Pop-Punk-Stars.
Paramore werden in einer Zeit geboren, in der Emo, Pop-Punk und Screamo die Titelseiten beherrschen. Das Spektrum ist zur Jahrtausendwende ein denkbar breites: Der Mainstream wird von Pink abgeholt, die Teenies identifizieren sich mit Avril Lavigne und die coolen Kids lackieren sich die Fingernägel schwarz und vergraben sich zu My Chemical Romance in ihren Kinderzimmern. Paramore bewegen sich mehr oder weniger genau dazwischen.
Hayley Williams wehrt sich
Als Teenagerin lernt Sängerin Hayley Williams die Brüder Josh und Zac Farro kennen. Sie merken schnell, dass sie musikalisch auf einer Wellenlänge sind. Die Farros halten anfangs zwar nicht viel davon, eine Frau als Sängerin zu haben, aber irgendwie kann Williams die beiden dann doch überzeugen. Männer eben. Dabei wären die beiden ohne sie eh mehr oder weniger aufgeschmissen gewesen: Hayley Williams hatte nämlich bereits einen lukrativen Deal als Solokünstlerin bei Atlantic in der Tasche. Die wollten sie zu einer Pop-Künstlerin machen, zu einer neuen Avril Lavigne.
Das war aber nichts für Williams, die schon mit 15 sehr genau weiß, was sie will. „Sie wollte sichergehen, dass wir sie nicht als eine Pop-Prinzessin für die Top 40 betrachteten“, sagte Steve Robertson, der damalige A&R von Atlantic, mal. „Sie wollte sichergehen, dass sie und ihre Band die Chance bekamen, zu zeigen, was sie als Rockband mit eigenen Songs leisten können.“ Label-Präsidentin Julie Greenwald beschloss, ihrem Wunsch nachzukommen.
Eine blutjunge Band setzt sich durch
Blutjung geht die Band ins Studio, um mit All We Know Is Falling ihr erstes Album aufzunehmen. In Orlando, Florida, entstehen Songs, die den Ausstieg von Jeremy Davis thematisieren. Der verlässt die Band unmittelbar vor ihrer Reise nach Florida, was die Songs und den Albumtitel direkt inspiriert. Laut Williams symbolisiert auch das Cover des Albums Davis’ Weggang: „Die leere Couch und der weggehende Schatten stehen für Jeremy, der uns verlässt, und für das Gefühl, dass eine Lücke zurückbleibt.“
In zwei hektischen Wochen entstehen mit mehreren Produzenten eine Handvoll Songs, die irgendwo zwischen Pop-Punk, Emo und Alternative Rock landen. Avril Lavigne meets Fall Out Boy, so etwas in der Art. Der Erfolg des Albums ist moderat, aber er ist da. Das beruhigt ein Team aus Labelmenschen und Managern, die der Band sehr kritisch gegenüberstehen. Sie fürchten, dass diese Bande Teenager nicht weiß, was sie tut, und ihre vorgeschossene Kohle verbrennt.
Szene-Klassiker oder holpriger Start?
Aber das ist das eigentlich Erstaunliche an All We Know Is Falling: Obwohl das Werk über die Jahre durchaus zu einem kleinen Szene-Klassiker avanciert, sind vor allem spätere Betrachtungen eher negativer Natur. Das hat einen wahren Kern: Die Songs sind allesamt solide, aber eher beliebig. Dennoch ist das Debüt die Initialzündung einer erstaunlichen Reise, die schon mit dem Nachfolger Riot! ganz andere Züge annimmt: Plötzlich ist er da, der Mainstream-Erfolg, plötzlich ist mit Hayley Williams eine neue Ikone geboren – für all die, denen Avril Lavigne zu soft ist.
All We Know Is Falling bleibt somit ein spannender erster Schritt einer blutjungen Band, die sich durchgesetzt und ihr eigenes Ding gemacht hat. Sie haben an sich geglaubt, als alle anderen zweifelten. Weshalb sich Paramore letztlich unter Tausenden ähnlichen Bands durchsetzte, liegt dann aber eh an Hayley Williams, ihrem Gesang, ihrer Ausstrahlung, ihrem Auftreten und ihrer Attitüde. Selbstbestimmt schon als Teenagerin, mit starkem Willen und starker Meinung. Das ist manchmal wichtiger als perfekte Songs. Aber die kamen dann später ja ganz von selbst.