Man kennt das ja, da sucht man schier ewig nach der richtigen Perspektive, das Licht ist grade passend, alle zeigen sich von der Schokoladenseite, der Auslöser für das perfekte Foto wird gedrückt – und dieser eine Typ im Hintergrund muss natürlich im selben Moment auch in die Linse gucken. Und wer sonst nur Beiwerk im perfekt arrangierten Foto gewesen wäre, drängelt sich unweigerlich in den Fokus des Geschehens: Die klassische Photobomb.
von Timo Diers
Ein Problem der Selfie-verrückten Millennials? Weit gefehlt! Der Urvater des Photobombing zog – ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein – Ende der 60er seinen Stunt durch und erlangte Weltruhm. Das Beste daran: Das Foto kennen wir alle.
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Wer das berühmte Beatles-Cover zum 69er Album „Abbey Road“ mal näher betrachtet hat, wird sich mit Sicherheit schon diese eine zentrale Frage gestellt haben: Wer zum Teufel ist dieser mysteriöse Herr im dunklen Anzug, der schon fast verstohlen Ringo, Paul, John und George beim Überqueren des wohl berühmtesten Zebrastreifens beobachtet? Jemand von der Plattenfirma? Ein Geheimagent? Nicht ganz...
Es dauerte einige Jahre, aber nachdem das einflussreiche, von diversen Verschwörungstheorien umrankte Albumcover veröffentlicht wurde, und sich schon diverse andere Leute als mysteriöser Mann im Hintergrund ausgegeben hatten, klärte sich endlich auch die wahre Identität des wohl großartigsten Photobombers der Popgeschichte. Sein Name: Paul Cole. Sein Auftrag: Auf seine Frau warten.
Ganz richtig gehört, Paul Cole war ein amerikanischer Tourist, der während seines London-Ausflugs auf dem Bürgersteig der Abbey Road lediglich auf seine bessere Hälfte wartete. Jahre später erinnert er sich in einem The Mirror Interview an den schicksalsreichen Tag. Zu seiner Frau habe er damals gesagt: „Ich habe genug von den ganzen Museen. Ich warte jetzt einfach hier und sehe mal, was draußen so los ist“.
Nun, wie sich herausstellte war das mehr als er zu hoffen wagte. Plötzlich bemerkte er vier seltsam gekleidete und verwegen aussehende Herren (einer dieser Gestalten hatte noch nicht einmal Schuhe an!) mitsamt Fotografen und einem Polizisten, der aus irgendeinem unerfindlichen Grund den Verkehr auf der Abbey Road stoppte.
Hört hier Abbey Road:
„Es war reiner Zufall, dass ich in diesem Moment aufsah und diese vier Typen wie die Enten in einer Reihe über die Straße laufen sah. Eine Bande Verrückte dachte ich mir, da sie für die Zeit damals schon recht radikal aussahen. Man lief nicht einfach barfuß in London rum!“
Aber in diesem Moment machte es schon „Klick“ und Fotograf Iain MacMillan hielt die ikonische Szene für die Ewigkeit fest – mitsamt einem etwas verwundert dreinblickenden Paul Cole im Hintergrund.
https://www.udiscover-music.de/popkultur/auf-diese-beatles-songs-hatte-die-welt-verzichten-konnenAls er sich einige Zeit später auf dem Cover wiederfand, war er doch mehr als milde überrascht: „Als ich das Cover später gesehen habe, erkannte ich mich sofort wieder. Ich trug meine neue sportliche Jacke und die Brille hatte ich mir auch grade erst gekauft. Zu meinen Kindern sagte ich: Holt eine Lupe, dann werdet ihr mich erkennen!“
Paul Cole starb 2008 im Alter von 98 Jahren.