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Foto: ANDY BUCHANAN/AFP via Getty Images

Black Sabbath: Der lange Stream zum kurzen Abschied

Der kurze Brief zum langen Abschied heißt ein Roman des bekannten österreichischen Schriftstellers Peter Handke. Würde man den gestrigen Black-Sabbath-Konzerttag, dem der Autor dieser Zeilen via bezahlungspflichtigem Live-aber-nicht-Livestream beiwohnte, summieren, könnte man Handkes Titel etwas umformulieren: der lange Stream zum kurzen Abschied.

Ozzy Osbourne und Black Sabbath setzten ihrer Karriere am 5. Juli 2025 mit einem denkwürdigen Konzerttag im Villa Park in ihrer Heimatstadt Birmingham einen Schlusspunkt. Einen endgültigen (wieder mal, diesmal aber wirklich). Die Gründerväter des Heavy Metal verabschiedeten sich mit einem Tag voller Metal-Prominenz, Überraschungen und relativ kurzen Sets. Wer’s nicht nach Birmingham schaffte und/oder keine Tickets ergattern konnte, konnte via Livestream dabei sein. Der kostete rund 36 Euro und war alles andere als live – sondern zwei Stunden zeitversetzt.

War’s die Kohle wert? Geht so. Live-Feeling kam keines auf, das Bild war meistens gut, der Ton auch okay, technische Schwierigkeiten gab es immer wieder mal. Man musste sich schon zusammenreißen, um nicht im Internet nachzugucken, was bereits längst passiert war, während auf den Bildschirmen noch die Ereignisse von vor zwei Stunden flackerten. Da wäre mehr gegangen, und das wäre kostengünstiger gegangen, ohne Zweifel. Auch die ewigen Recaps und Wiederholungen machten es einfach sehr mühsam und langatmig.

Was so passierte

Es gab viele kurze Shows, so mancher noch so prominente Act spielte unter einer Viertelstunde. Viele Sabbath-Coverversionen. Es gab Überraschungs-Allstar-Bands, in denen Tom Morello, Nuno Bettencourt, Danny Carey von Tool oder Chad Smith spielten – auch Ozzy-Bassist Rudy Sarzo war erfreulicherweise dabei. Bei diesen Ü-Bands sangen unter anderem Yungblud (tolle Performance!), Smashing-Pumpkins-Chef Billy Corgan (weniger tolle Performance, Metal kann er weniger), Disturbed-Frontmann David Draiman (wurde kurz ausgebuht). Es gab ein Drum-Off zwischen Danny Carey von Tool, Chad Smith von Red Hot Chili Peppers und Travis Barker von Blink-182. Das klingt spannender, als es sich tatsächlich anhörte – natürlich sind die drei absolute Drum-Gottheiten, aber so richtig in Erinnerung blieb es trotzdem nicht. Es gab jede Menge Tribute-Videos. Dolly Parton, Cyndi Lauper und viele andere Promis wandten sich mit Grußbotschaften an Sabbath.

Die Allstar-Bands

Eine der größten Überraschungen des „Back To the Beginning“-Abschiedskonzerts war – beleuchten wir das Thema nochmal genauer – der Auftritt zweier Allstar-Supergroups, die sich aus namhaften Musiker:innen verschiedenster Rock- und Metalbands zusammensetzten. Mit dabei waren bei der ersten Ü-Band unter anderem Lzzy Hale (Halestorm), David Draiman (Disturbed), Whitfield Crane (Ugly Kid Joe), Yungblud, Jake E. Lee, Nuno Bettencourt (Extreme), Scott Ian und Frank Bello (beide Anthrax), David Ellefson (Ex-Megadeth), Mike Bordin (Faith No More), II (Sleep Token) sowie Adam Wakeman. Gemeinsam zelebrierten sie in einem mitreißenden Tribute-Set die Musik von Ozzy Osbourne und Black Sabbath. Gespielt wurden fünf Songs: Ultimate Sin, gesungen von Lzzy Hale, Shot In The Dark und Sweet Leaf, beide von David Draiman interpretiert, sowie Believer und eine besonders emotionale Version von Changes, die Yungblud dem am 3. Juli tödlich verunglückten Fußballprofi Diogo Jota widmete.

Allstar-Band Nummer zwei bestand aus Billy Corgan (The Smashing Pumpkins), Sammy Hagar (Van Halen, Montrose), Steven Tyler (Aerosmith), Papa V Perpetua (Ghost), Tom Morello (Rage Against the Machine), Nuno Bettencourt (Extreme), Rudy Sarzo (Quiet Riot), K.K. Downing (Judas Priest), Adam Jones (Tool), Vernon Reid (Living Colour), Adam Wakeman, Ron Wood (The Rolling Stones), Andrew Watt sowie gleich drei Ausnahme-Schlagzeugern: Travis Barker (Blink-182), Chad Smith (Red Hot Chili Peppers) und Danny Carey (Tool).

Ihr Set war ein Medley aus Rockklassikern, bei dem nicht nur Black Sabbath, sondern auch andere Wegbegleiter von Ozzy Osbourne gewürdigt wurden. Den Auftakt machte der Sabbath-Klassiker Symptom Of The Universe, gefolgt vom Judas-Priest-Hit Breaking the Law, bei dem Gitarrenlegende K.K. Downing selbst mitmischte. Anschließend folgte mit Snowblind ein weiterer Griff in den Sabbath-Katalog, bevor Flying High Again und Bark at the Moon an Ozzys Solokarriere erinnerten. Sammy Hagar übernahm den Gesang beim Montrose-Song Rock Candy, und Steven Tyler steuerte mit Train Kept A Rollin’ und einem Medley aus Walk This Way und Whole Lotta Love (Aerosmith trifft Led Zeppelin) den Schlusspunkt bei.

Die Highlights

Den Auftakt machten Mastodon (drei Songs), Rival Sons folgten, ebenfalls mit drei Stücken. Anthrax gingen nach zwei Stücken wieder, Halestorm und Lamb of God folgten. Witzig war die Videoperformance von Jack Black mit Tom Morellos Sohn Roman – gemeinsam mit Revel Ian performten sie das Ozzy-Stück Mr. Crowley. Nach Alice in Chains folgte das erste musikalische Highlight: Gojira zeigten wieder mal, warum sie zu den derzeit heißesten Metal-Bands gehören. Pantera zollten nicht nur Sabbath, sondern auch Dimebag und Vinnie Paul Tribut, Tool waren musikalisch der sperrigste Act.

Nächstes Highlight: Slayer. Pardon: SLLAAAAAAAYYYYYEEEEEERRRR. Die eröffneten mit Disciple, gingen in War Ensemble über – ehe sie Sabbaths Wicked World coverten. Klang gut. Es folgten South of Heaven, Raining Blood und Angel Of Death. Slayer as usual.

Guns N’Roses spielten dann fast nur Sabbath-Stücke – von sechs Songs waren vier Coverversionen. Am Ende gab’s Welcome To The Jungle und Paradise City, Axls Stimme klang leider nicht so gut. Metallica huldigten Sabbath mit zwei Coverversionen (Hole In The Sky und Johnny Blade) und spielten vier eigene Stücke.

Ozzy und Sabbath: Ein letztes Mal

Dann war’s so weit. Ozzy enterte die Bühne, zunächst mit Solo-Band. Er saß auf einem Fledermaus-Thron – körperlich ist er natürlich im Eimer. Dass er kam und durchhielt, ist beeindruckend. Er war sogar verhältnismäßig gut bei Stimme. Fünf Songs performte der Prince Of Darkness: I Don’t Know, Mr. Crowley, Suicide Solution, Mama I’m Coming Home und Crazy Train. Wirkte Ozzy fragil? Klar, aber besser in Form, als man ihn zuletzt sah. Er sagte dem Publikum, dass er es fucking liebe. Das Publikum liebt ihn mindestens genau so zurück. Dann der Höhepunkt: die finale Sabbath-Show. Vier Stücke gab’s: War Pigs, N.I.B., Iron Man und als Finale: Paranoid

Es gab nie eine wichtigere Metal-Band als Black Sabbath – darüber sind sich an diesem Tag alle einig. Was Tony Iommi, Geezer Butler, Bill Ward und Ozzy Osbourne geschaffen haben, definierte und ermöglichte alles, was danach kam. Man kann ihnen nicht genug Denkmäler setzen, Legofiguren widmen, Ehrenplaketten überreichen. War’s ein würdiger Abschied? Definitiv. War’s ein langer Tag im suboptimalen und leicht überteuerten Livestream? Ganz ehrlich, auch das.

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