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Foto: Brian Cooke/Redferns/Getty Images

„Dancing In The Street“: Wie ein Satellit Mick Jaggers und David Bowies Pläne durchkreuzte

Ein Hit der Sechziger, die Ästhetik der Achtziger und ein nicht unbedingt geschmackssicheres Musikvideo: Dancing In The Street von Mick Jagger und David Bowie bescherte den beiden britischen Musikern im Jahr 1985 einen Mega-Hit. Ein paar Schwierigkeiten gab es aber auch – und zwar hoch oben im Weltall.

Wie so oft wird der richtige Song zur richtigen Zeit zum richtigen Hit. Als Martha Reeves & The Vandellas im Jahr 1964 ihre neue Single Dancing In The Street veröffentlichen, landen sie damit einen riesigen Erfolg – obwohl oder gerade weil währenddessen in den USA Straßenkämpfe um die Freiheit der Schwarzen Bevölkerung des Landes stattfinden. Der Titel spiegelt wider, was sich Schwarze US-Amerikaner:innen Mitte der Sechziger wünschen: Lasst uns gemeinsam in den Straßen tanzen – und alle gleich sein. 

„Es war eine schwere Zeit in den USA“, erinnert sich Sängerin Martha Reeves im Interview mit Deutschlandfunk Kultur. „Viel Gewalt, viele Aufstände. Ich glaube, die Autoren des Songs waren davon inspiriert. Wir wollten die Leute dazu bringen, zu tanzen anstatt zu kämpfen oder zu plündern. Wir waren froh, dass wir dieses Lied singen durften.“ Die Autoren, das sind die Motown-Songwriter Marvin Gaye, William „Mickey“ Stevenson und Ivy Jo Hunter. Etwa 20 Jahre später entdecken zwei britische Superstars ihren Hit.

Dancing In The Street – aber nicht bei Live Aid

Die Karrieren von Rolling-Stones-Frontmann Mick Jagger und Glamrock-Legende David Bowie sind 1985 im Sinkflug begriffen. Tattoo You, der letzte große Erfolg der Stones ist vier Jahre her; und Bowie fällt es schwer, an das Hitpotenzial seiner bestverkauften Platte Let’s Dance (1981) anzuknüpfen. Doch am 13. Juli 1985 finden in London und Philadelphia zwei Benefizkonzerte für Afrika statt, bei denen beide wieder ins Rampenlicht rücken sollen: Live Aid. Zu diesem Anlass haben sich Jagger und Bowie etwas ganz Besonderes überlegt: Sie möchten Dancing In The Street covern, live und von zwei unterschiedlichen Kontinenten aus. Sie haben den Song am 29. Juni 1985 für eine gemeinsame Single-Veröffentlichung aufgenommen und wollen die Welt auf ihr Werk aufmerksam machen. Leider kommt alles ein wenig anders als gedacht und die Technik vermasselt den beiden die Tour.

Bowies großer Auftritt sollte im Londoner Wembley-Stadion über die Bühne gehen; Jaggers Plan lautete, zur US-amerikanischen Ausgabe von Live Aid nach Philadelphia zu fliegen und im John-F.-Kennedy-Stadion zu performen. Doch dazu kommt es nicht: Würde man die beiden Superstars per Satellit zueinander schalten, käme es dabei zu einer Verzögerung von einer halben Sekunde – nicht viel, aber zu viel, um gemeinsam einen Song zu singen. Keiner von beiden möchte nur so tun, als ob, also sagen Bowie und Jagger ihren Gig ab.

Stattdessen drehen sie ein Musikvideo, das in beiden Stadien auf der großen Leinwand gezeigt wird. Der Clip ist … nun ja … Nennen wir es gewöhnungsbedürftig. Und die Klamottenauswahl zeigt, dass auch in den Achtzigern nicht alles besser war. 

Dancing In The Street von Mick Jagger und David Bowie: Typisch Achtziger

Wir können uns darauf einigen, dass die Achtziger eins der spannendsten Jahrzehnte von allen waren – aber auch eins der prätentiösesten. Dafür steht irgendwie auch Dancing In The Street in der Version von Mick Jagger und David Bowie. Die beiden Briten nehmen damals das politisch aufgeladene Original von Martha Reeves & The Vandellas, stülpen ihm einen neonfarbenen Trainingsanzug über und bringen den Kalorienverbrauch eines einstündigen Zumba-Kurses in einem dreiminütigen Musikvideo unter. Der Erfolg gibt den beiden Musikern recht: In Großbritannien führen Jagger und Bowie vier Wochen lang die Singlecharts an; in den USA belegen sie immerhin Platz 7, womit es sich bei Dancing In The Street um Bowies letzten Top-Ten-Erfolg in Übersee handelt.

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