Featured Image

Für immer jung: Alphavilles „Forever Young“ wird 40

Am 27. September 1984 veröffentlichten Alphaville ihr Debütalbum Forever Young – und schufen damit einen zeitlosen Synth-Pop-Klassiker.

Manchmal kann einen der eigene Erfolg schon etwas überrumpeln: So ging es zumindest Marian Gold und seinen Kollegen von Alphaville, als sie im Januar 1984 ihre Single Big In Japan veröffentlichten. Für den Titel ließ sich Gold damals von der britischen Punkband Big In Japan inspirieren – und als der Song im Erscheinungsjahr an die Spitze der deutschen Charts ging und Frankie Goes To Hollywoods Megahit Relax verdrängte, war das durchaus ironisch, denn deren Sänger Holly Johnson war Mitglied ebenjener Punkband.

„Big in Japan hat uns in den Showbiz-Himmel gebeamt.“

Auch in anderen Ländern auf der ganzen Welt lief es hervorragend. In den Liner Notes zu einer Deluxe-Edition erinnerte sich die Band an den großen Erfolg: „Big in Japan hat uns in den Showbiz-Himmel gebeamt, die Hälfte des Albums musste noch geschrieben werden. Während wir also dabei waren, die restlichen Songs zu komponieren und zu arrangieren, wurden wir sozusagen von unserem zukünftigen Ich überholt.“

Und weiter: „Früher trugen wir zerschlissene Jeans und verschwitzte Lederjacken ... jetzt waren wir obdachlose Millionäre, die in Hotelsuiten und Flughäfen lebten.“ Im Gespräch mit der Washington Times erklärte Marian Gold außerdem, dass die Band mit dem Ruhm zunächst nicht so wirklich umgehen konnte, da sie sich einfach nicht wie Stars fühlten: „Der Erfolg kam wie eine Lawine auf uns zu. Am Anfang waren wir nicht die Stars, die jeder von uns erwartete. Wir waren einfach ganz normale Leute. Es war ein wahr gewordener Traum, aber wir hatten große Schwierigkeiten, mit der Situation umzugehen, psychologisch gesehen. Man konnte nicht nach draußen gehen, weil die Leute einen erkannten. Das hat uns ein bisschen paranoid gemacht. Wir zogen uns zurück. Versteckten uns. Wir haben nicht viele Interviews gegeben. Unser Manager hat sich deswegen fast umgebracht.“

„Die ganze Angelegenheit fühlte sich wie eine Beleidigung unserer naiven Hippie-Instinkte an.

Zunächst waren drei Songs fertig: Big In Japan, der nächste Hit Forever Young sowie Seeds, das als B-Seite von Big In Japan zu hören war. Allerdings gab es eine kleine Intervention der Plattenfirma. Diese wollte nämlich nicht, dass Forever Young als Single direkt auf Big In Japan folgt. Deswegen begab man sich ins Studio und zimmerte in kürzester Zeit Sounds Like A Melody zusammen. Für die Band gingen solche kommerziellen Gedanken damals irgendwie gegen das eigene kreative Verständnis, wie Gold erklärte: „Die ganze Angelegenheit fühlte sich wie eine Beleidigung unserer naiven Hippie-Instinkte an. Musik ausschließlich um des kommerziellen Erfolges willen zu schreiben, erschien uns wie der Ausverkauf unserer virtuellen Überzeugungen. Andererseits eröffnete dies nicht wunderbare Spielmöglichkeiten in der schönen neuen Welt der Popmusik?“

Die Band tüftelte im Studio auch an zahlreichen deutschsprachigen Songs, die es schlussendlich aber nicht aufs Album schafften. Inhaltlich gibt sich Forever Young durchwachsen. Mal ist es politischer und zeitgeschichtlicher Kommentar, mal meditiert die Band über den eigenen Ruhm und das Geschäft – und dann wäre da natürlich Forever Young, eine Hymne an das Leben und die eigene (Un)Endlichkeit.

Marian Gold: „Keines der ersten Mitglieder der Band, mich eingeschlossen, war Musiker“

Das Interessante an der Sache ist auch, dass Alphaville, so erklärte Gold gegenüber der Washington Times, eigentlich vor dem Großwerden der elektronischen Musik gar keine Musiker im eigentlichen Sinne waren – und auch deshalb in den 1980er-Jahren nie in den USA auftraten. „Wir waren sehr stark von Drumcomputern und Sequenzern abhängig. Die Existenz von Alphaville wurde durch die Erfindung dieser Geräte ermöglicht. Keines der ersten Mitglieder der Band, mich eingeschlossen, war Musiker. Wir waren im Grunde Fans von Musik. Wir saßen vor der Stereoanlage, hörten die Musik der Künstler, die wir liebten, und träumten davon, unsere eigene Musik zu machen. Mit der Erfindung dieser Maschinen wurde es uns plötzlich möglich, unsere eigene Musik zu machen. Unsere Ideen, die Melodien in unseren Köpfen, erwachten zum Leben, und Instrumente spielten sie. Wir weigerten uns auch, große Touren mit Playback oder zusätzlichen Musikern zu machen, weil das nicht zu unserer Hippie-Ideologie passte. Für uns war das wie eine Lüge. Also gingen wir bis Mitte der 90er Jahre nicht auf Tournee.“

 

Das Erbe von Forever Young

Forever Young ist bis heute das wichtigste Werk von Alphaville. Besonders die Songs Forever Young und Big In Japan wurden im Laufe der Jahrzehnte so oft gecovert und wiederverwertet, dass sie gar nicht umhinkommen, stets neue Generationen an Hörerinnen und Hörern zu gewinnen. So machte Jay-Z aus Forever Young den Song Young Forever, die Band Youth Group brachte den Song in die Indie-Rock-Welt, auch Imagine Dragons covern den Song. Mit Big In Japan sieht es nicht viel anders aus – von Ane Brun über die Guano Apes ist auch dieser Song immer wieder aufgegriffen worden.

 

Mehr Musikjubiläen: