
Letzten Herbst ist James Bay mit seinem Album Changes All The Time zurückgekehrt. Nun liefert er direkt weiter: Die neue Single Sunshine In The Room hat auch Jon Batiste zu Gast. Wir trafen uns mit Bay auf ein Gespräch.
Vor zehn Jahren feierte Singer-Songwriter James Bay seinen Durchbruch: Der Überhit Hold Back The River erschien Ende 2014, ein paar Monate später kam sein Debütalbum Chaos And The Calm . Es manifestierte Bay als einen neuen Musikstar, zwischen Pop, Blues und Folk, mit weiteren Hits wie Let It Go. Nun sind wir mittlerweile schon beim vierten Album des Künstlers, Changes All The Time , angelangt.
Dass er all das noch machen darf, dafür ist James Bay sehr dankbar, wie er im Interview verrät: „Für meine Fans bin ich ein Album-Artist. Wir leben in einer Welt mit vielen verschiedenen Arten von Künstler:innen. Manche machen nur Singles, manche nur Clips auf Social Media, manche machen Doppelalben. Wenn man im Streaming-Zeitalter ein Album veröffentlicht, bedeutet das nur für eine Woche etwas. 100.000 Songs werden jeden Tag veröffentlicht; herauszustechen ist heutzutage schwer. Daher bin ich umso dankbarer für meine Fanbase, die das wirklich verfolgt und jeden Tag auf Social Media sieht, was ich mache. Die sind wirklich da, wenn ein Album erscheint. Ich bin Leuten so dankbar, die Musik von mir wollen. Weil das heißt, dass ich ins Studio gehen darf. Es gibt einen Grund zu schreiben. Einen Grund, auf Tour zu gehen.“
Flucht in die Natur
Changes All The Time besinnt sich musikalisch auf Bays Wurzeln zurück: Manche Songs klingen ein wenig nach Country, manche nach Rock mit einem Springsteen-artigen Pathos – vor allem aber klingt es organischer als Bays Vorgängeralben. Wie ein privates Konzert, so sah auch das Produktionsziel aus, erzählt er: „Wir wollten, dass es irgendwie live klingt, als würden die Hörer:innen mit der Band im Studio stehen. Wir haben bei den meisten Songs alle zusammen im Studio gespielt. Die Musik wurde zu einer lebendigen, atmenden Kreatur.“
Eine noch schönere Beschreibung des Albums liefert James Bay, als wir ihn fragen, wie er das Album visuell zusammenfassen würde: „Ein Mensch wacht in einer Wohnung in der Stadt auf, läuft durchs Zimmer und packt seine Sachen. Dann rennt er gehetzt durch die Stadt und geht schließlich raus in die Natur, in den Wald. Es ist diese ganze Reise von der Vertrautheit eines vollen Zimmers, durch eine betriebsame Stadt in die Natur.“ Klingt erholsam.
Wenn man sich das Album mit dieser Beschreibung im Hinterkopf anhört, merkt man aber auch: Je mehr Zeit vergeht, desto persönlicher scheint es zu werden. Während die ersten Tracks noch eine zelebrierende Lebensfreude verkörpern, sind spätere Songs eher schmerzhaft. Go On etwa sei seinem verstorbenen Onkel gewidmet, erklärt Bay. Und als Lieblingssong auf dem Album wählt er den letzten Track, gerade weil er so persönlich sei: „Dogfight – aus Gründen, die schwer zu erklären und etwas zu persönlich sind. Aber ich hatte das Gefühl, ich stand wirklich hinter mir, als ich den Song schrieb. Und ich bin nicht so gut darin, hinter mir selbst zu stehen. Deswegen habe ich es versucht, indem ich einen Song geschrieben habe.“ Dazu hat er sich beim Songwriting von Dogfight auch Unterstützung geholt, und zwar von Holly Humberstone.
JB meets JB: James Bay und Jon Batiste
Wo wir schon beim Thema Kollaboration sind: Nun erschien ein paar Monate nach dem Album bereits eine weitere Single von James Bay, Sunshine In The Room – mit Jon Batiste als Gast. Wie kam es zu diesem Aufeinandertreffen? „Wir dachten, es wäre cool, mehr Features auszuprobieren, da ich noch nicht viele gemacht habe. Als erste Single des Albums veröffentlichten wir Up All Night mit den Lumineers und Noah Kahan. Und das lief gut, weil wir uns eine ähnliche Fanbase teilen. Es war schön, dieser Gemeinschaft etwas von uns allen zu geben. Jon und ich haben nicht die gleiche Fanbase und sind unterschiedliche Künstler. Aber wir sind beide Instrumentalisten, wir singen nicht nur, wir spielen. Da gab es dann doch viele Verknüpfungspunkte mit Jon, von dem ich schon ein Fan war, aber den ich noch nie getroffen hatte.“
James Bay im Circle Store:
Sunshine In The Room klingt soulig und so wie der Titel es verspricht: leichtfüßig, voller Energie, hoffnungsvoll. Es geht um die Präsenz einer geliebten Person; darum, wie wunderbar, schön und aufregend jemand uns fühlen lassen kann. „I don't know why, I don't know how / You turn gray skies into blue / You're the best, how you burn so bright / You're like sunshine in the room“, singt James Bay. „Und das kommt von jemandem aus dem regnerischen, grauen England! Wenn man in einem Raum ist und das Sonnenlicht durch die Wolken bricht und den Raum erhellt, ist das ein tolles Gefühl. Das wollte ich in einem Song einfangen. Es geht darum, durch jemandes Anwesenheit beflügelt zu werden“, erklärt der Musiker.
Für ihn war Jon Batiste ein wenig dieser Sonnenschein im Raum während ihrer Recording-Session. Bay erzählt begeistert: „Er ist wie ein riesiger Sonnenschein, wie ein Wirbelsturm aus Begeisterung, wenn er in den Raum kommt. Als er dann nach einigen Stunden das Studio verließ, musste ich erstmal tief durchatmen und von diesem großen Hoch runterkommen.“ Diese Energie und die Chemie zwischen den beiden hört man im Song. Bay ergänzt: „Jon Batiste ist für mich vor allem ein Held. Der Song schien sehr gut zu ihm und zu allem, was er tut, zu passen. Ich hoffe, dass wir ihn zusammen live spielen können.“
Die Elektrizität von Live-Konzerten
Generell bedeutet das Live-Spielen James Bay sehr viel. Egal, ob neue oder alte Songs, er liebt es, die Reaktion des Publikums zu sehen: „Ein Traum für mich als Künstler ist es, ein Set zu haben, wo sich das Publikum bei jedem Song denkt: ‚Oh, wie cool, dass er den spielt!‘ Ich bin keine Dua Lipa, aber ich hatte schon mindestens zwei große Hits. Daher weiß ich: Wenn Leute aufs Konzert kommen, werden sie auf diese Songs warten. Aber es wäre cool, wenn sie sich genauso über die anderen Songs freuen würden. Und in letzter Zeit fühlt es sich so an, als würde das passieren.“
Er selbst sei als Konzertgänger tatsächlich eher ein stiller Genießer, gibt Bay zu: „Jeden Abend rede ich mit dem Publikum und fordere sie dazu auf, laut zu singen und alles zu geben. Wenn sie das nicht tun, dann hören sie sehr aufmerksam zu. Das ist so respektvoll, ich liebe das. Aber wenn ich auf ein Konzert gehe, dann will ich tatsächlich nicht ausrasten. Ich will nicht das tun, was ich mir von meiner Crowd wünsche, sondern einfach die Musik verinnerlichen – das ist irgendwie heuchlerisch. Aber ja, bei einem Konzert will ich die Songs genießen, die ich kenne, und will sie manchmal leicht verändert hören. Manche aber auch genauso, wie ich sie erwarte. Irgendwie vertraut und gespannt zugleich sein.“
Genau diese Momente, in denen ein vertrauter Song eine unerwartete Wendung nimmt, das seien die besten am Live-Spielen, schwärmt Bay schließlich: „Wenn ich etwas aus dem Affekt heraus mache, mir etwas Neues überlege, das nicht geplant war, und das Publikum das checkt und mitmacht – das sind die besten Momente auf der Welt. Diese Elektrizität und diese Verbindung zwischen Künstler und Publikum ist immer das Highlight.“