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Foto: Brian Rothmuller/Icon Sportswire via Getty Images

Mama, I’m Coming Home: Der Madman des Rock’n’Roll hat die Bühne für immer verlassen

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Nur wenige Tage nach seinem bewegenden Abschiedskonzert hat Ozzy Osbourne diese Welt verlassen. Niemand, einfach niemand war wie er. Jetzt ist er endlich wieder mit Randy Rhoads vereint.

Es war ein symbolträchtiger Moment der Staffelübergabe: Nach dem Black-Sabbath-Abschiedskonzert empfängt Ozzy Osbourne hinter der Bühne den rund 50 Jahre jüngeren Yungblud. Dort die absolute Legende, die gerade zum letzten Mal auf der Bühne war, hier die nächste Generation eines Rockstars, der gerade die Welt aus den Angeln hebt. Sie reden miteinander, herzlich, innig, umarmen sich. Wenige Tage später ist Ozzy Osbourne tot. Und Yungblud schreibt: „Du wirst in jeder Note sein, die ich singe. Du wirst jedes Mal bei mir sein, wenn ich auf die Bühne gehe.“

Abgang von der Bühne

Also ist es passiert. Die Welt hat die größte Ikone verloren, die die Rockmusik jemals hervorgebracht hat. Ozzy Osbourne, der motherfucking Prince of Darkness, der Übervater des Heavy Metal, der Madman, Mister Crowley, der Mythos, der Nationalheilige der Gitarrenmusik, ist tot. Nur gut zwei Wochen nach seinem triumphalen und schon jetzt legendären Abschiedskonzert in Birmingham. Und die Welt gefriert.

Wie geht man um mit einem solchen Verlust? Wieso trifft uns diese Nachricht wie ein elektrischer Schock, obwohl wir alle wussten, wie krank er war? Und vor allem: Wie verarbeitet man eine solche Nachricht? In stiller Trauer? Mit Instagram-Posts? Mit Tränen oder doch eher mit Dankbarkeit? Wenn es nach Ozzy gegangen wäre, dann am ehesten mit lauter Musik und Geschichten, die man sich über ihn erzählt. Denn wenn dieser Mann, dieser Titan des Heavy Metal, für eines gesorgt hat, dann für Geschichten, die von niemand anderem übertroffen wurden. Oder jemals werden.

Vom Mann zum Mythos

Denn eines muss uns allen bewusst sein: Er war es, der Heavy Metal zum Mythos gemacht hat. Er war es, der Magie, Gefahr und das Übernatürliche in dieser Musik nach außen trug. Er war es, der dieses Genre synonym mit Exzess und Ausschweifung gleichsetzte. Doch da war auch immer der Ozzy, der bei allem Wahnsinn hinter seiner Stirn ein Herz aus Gold hatte.

Musik wie diese braucht urbane Legenden. Ozzy war eine einzige urbane Legende – lauter, größer, chaotischer als alle anderen. Genie und Wahnsinn als Pole, zwischen denen er konstant schlitterte, als wäre er auf Glatteis. Zehntausend Geschichten ranken sich um ihn wie wilder Wein, der Kopf der Fledermaus, die geschnupften Ameisen, das Alamo-Denkmal… Es ist beinahe egal, ob diese Storys wahr sind oder nicht. Man würde sie ihm auf jeden Fall zutrauen. Gegen ihn sahen selbst Mötley Crüe aus wie eine Bande Chorknaben.

Bescheidene Anfänge

Wie aber wurde aus John Michael Osbourne eigentlich Ozzy, der Prince of Darkness? Fangen wir mal an: Er wurde am 3. Dezember 1948 als Kind einer Arbeiterfamilie in Birmingham geboren. Er litt unter Legasthenie, wurde in der Schule missbraucht, versuchte mehrfach, sich das Leben zu nehmen. Die Musik war schließlich seine Rettung. Sein Akzent war schon immer ausgeprägt, seine Stimme wie Donner und Verletzlichkeit gleichzeitig. Doch wer hätte ahnen können, dass diese Stimme ein ganzes Genre begründen würde? Dass diese Stimme dafür sorgen würde, dass Heavy Metal auch außerhalb einer verschworenen Zunft gekannt wurde?

Er gründete mit Geezer Butler erst die Polka Tusk Blues Band, später kamen Tony Iommi und Bill Ward hinzu. Das ikonischste Line-Up des Heavy Metal. 1969 schenkte uns Ozzy Black Sabbath – eine Band, die im Alleingang den Heavy Metal erfand. Als der Rest der Welt von Frieden und Liebe sang, gab Ozzy uns Untergang, Dunkelheit und Realität. Paranoid, War Pigs, Iron Man – das waren nicht nur Songs. Das waren Erdbeben.

Aber Ozzy und die Exzesse, das war eben immer so eine Sache, also flog er irgendwann aus seiner eigenen Band und schaffte es als Solokünstler sogar, die stählerne Strahlkraft von Sabbath zu übertreffen – an der Seite von Teufelsgitarrist Randy Rhoads. Ozzy wurde zur Popkultur, spätestens seit der Reality-TV-Show Die Osbournes kannte ihn die ganze Welt. Das mögen manche für Trash, für Rufschädigung und Sharon Osbournes unendlichen Geschäftssinn halten. Es hat aber dafür gesorgt, dass Heavy Metal nach der Satanic Panic der Achtziger ein Stück weit normaler, akzeptierter wurde. Ozzy hat Seltsamkeit und Anderssein salonfähig gemacht. Hat gezeigt, dass man ein Spinner, ein Wahnsinniger, ein Madman sein kann – und dennoch friedliebend.

„Ich habe keine Angst vor dem Tod – ich will nur nicht dabei sein, wenn es passiert“, hat er mal auf seine trockene Art gesagt. Das war er jetzt zwar. Dafür konnte er sogar Abschied nehmen – ganz zufällig bei der größten Heavy-Metal-Show aller Zeiten, bei der die Größten der Großen ihrem Star, ihrem Vorbild, ihrer Inspiration die letzte Ehre erwiesen. Beinahe bekommt dieses Konzert in Birmingham den Charakter einer vorgezogenen Trauerfeier. Und die Auftritte von Metallica, Slayer, Guns N’Roses und unzähligen anderen sind die lauten und furiosen Trauerreden auf Ozzy den Großen. Eigentlich passend: Worte wie diese hier werden ihm eh nicht gerecht. Man muss seine Musik hören oder spielen, um ihn zu verstehen.

Ozzy ist tot. Lang lebe Ozzy. Und jetzt all aboard!

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