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Zeitsprung: Am 27.4.1984 erscheint „We’re Not Gonna Take It“ von Twisted Sister.

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 27.4.1984.

von Tobi Wienke und Christof Leim

Klare Aussage, klare Kante: „Wir machen da nicht mit!“ Kein Wunder, dass Twisted Sister mit We’re Not Gonna Take It einen Nerv treffen. Am 27. April 1984 erscheint die Single und macht die Band zu MTV-Stars. Wegen des unterhaltsamen Videos bekommen sie allerdings Ärger.

Hier könnt ihr euch das dazugehörige Album Stay Hungry anhören:

Bereits seit 1980 arbeitet Dee Snider an dem Stück, dass später zum größten Hit seiner Band werden würde. Allerdings ist der Frontmann von der Melodie seiner Strophen noch nicht überzeugt, also hält er die Idee zunächst zurück. Die fehlende Inspiration findet er drei Jahre später, als Def Leppard Pyromania veröffentlichen. Snider fällt auf, dass Produzent Mutt Lange häufig Variationen des Refrains für die Strophen verwendet. „Das war die Information, die ich brauchte, um den Song zu vollenden“, gibt der Songwriter später zu Protokoll.

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We’re Not Gonna Take It erscheint als Vorabsingle des dritten Albums Stay Hungry (mit You Can’t Stop Rock’n’Roll als B-Seite). Dass die Nummer so einschlägt, liegt nicht zuletzt am immer populärer werdenden Fernsehsender MTV. Die Band weiß: Mit einem guten Video können sie noch mehr potenzielle Fans erreichen.

Legendäres Video

Wieder kommt die richtige Idee von außen: Regisseur Arthur Ellis überzeugt Dee Snider davon, dass ein Musikvideo eben nicht nur eine Performance des Stückes sein muss, sondern mehr Möglichkeiten bietet. Und die spielt die Band hier voll aus. Als Fan der Comedy Serie National Lampoon’s Animal House wünscht sich Snider einen Charakter, wie ihn Schauspieler Mark Metcalf dort verkörpert: Einen durch und durch amerikanischen Vater und Soldaten.

Das Video fällt für damalige Verhältnisse ungewöhnlich aus: Bevor der eigentliche Song startet, sehen wir eine knapp dreiminütige Szene, geschrieben von Regisseur Marty Callner, der hier seinen ersten Clip abliefert. In diesem schnauzt Metcalf als Vater seinen Teenager-Sohn (gespielt vom Sohn des Regisseurs) zusammen, bevor der sich in Dee Snider verwandelt und der konservativen Generation der Reagan-Ära sein Credo entgegenbrüllt. Den Zuschauern gefällt das offenbar, der Clip läuft rauf und runter. Die Single erreicht Platz 21 in den US-Charts und markiert damit den einzigen Top-40-Erfolg der Band. Noch im gleichen Jahr erhält das Quintett eine Goldauszeichung für eine halbe Millionen verkaufter Exemplare. In Neuseeland, Australien, Kanada und Schweden schafft es We’re Not Gonna Take It sogar unter die ersten zehn.

Tipper Gore vs. Dee Snider

Leider sehen nicht alle die total überdrehten Szenen des Videos mit Humor – vor allem nicht Tipper Gore und ihr Parents Music Resource Center. (Das ist der Laden, dem wir die „Explicit Lyrics“-Aufkleber verdanken.) Wegen des Videos landet der Song auf der legendären Liste der Filthy Fifteen, der fünfzehn „schmutzigen“ Songs, vor denen die Jugend geschützt werden muss. Im Video sieht die Vereinigung einen direkten Aufruf zur Gewalt, weil der Vater mehrere „Unfälle“ durch die aufrührerische Band erleidet, die in das vermeintliche Familienidyll eindringt. Er bekommt beispielsweise eine Tür an den Kopf, wird die Treppe heruntergeschleift und fliegt aus dem Fenster. Die Darstellung fällt äußerst Slapstick-haft aus und findet sich schon damals in jeder Vorabendserie. Einen Aufruf zur Gewalt enthält der Text in keiner Zeile.

Bei einer vom PMRC initiierten Anhörung vor dem US-Senat gibt Snider zu Protokoll, die Szenen aus dem Video basierten auf den Filmchen der bekannten Zeichentrickfiguren Road Runner und Wile E. Coyote. Wie der Jäger dort erhole sich der Protagonist des Videos ebenfalls nach jedem Unfall, weshalb Snider die Einstufung als „gewaltverherrlichend“ nicht nachvollziehen kann. Und Dee Snider hat noch ein weiteres Ass im Ärmel: Eine Anfrage der Organisation United Way of America. Diese würde gerne Szenen des Clips für ein Aufklärungsvideo zum Umgang mit Teenagern verwenden. Das Filmchen wurde übrigens nie zensiert oder verboten.

Weihnachtslieder, FC Bayern und Donald Trump

Musikalisch erinnert die Nummer ein wenig an das Weihnachtslied O Come All Ye Faithful, in hiesigen Christmetten als Nun Freut Euch, Ihr Christen bekannt. Als die Band 2006 das Album A Twisted Christmas veröffentlicht, machen sie aus der musikalischen Nähe keinen Hehl: Sie singen den kirchlichen Text auf die Melodie ihres größten Hits – und es passt.

Der Ohrwurmcharakter des Songs macht ihn seit Dekaden zu einem Dauerbrenner. 2002 feiern die Donots mit ihrer Coverversion einen ihrer höchsten Singleerfolge in Deutschland; bis heute spielen sie den Song auf ziemlich jedem Konzert. Weniger schön: Auf dem Soundtrack zur Saison 2014/2015 des FC Bayern München findet sich ein Ballermann-Mix eines eigentlich originellen Stadiongesangs auf die Twisted-Sister-Melodie.

Auch die Politik macht vor dem Song nicht halt. Donald Trump, ein persönlicher Freund Dee Sniders, fragt den Sänger, ob der die Nummer für seinen Wahlkampf nutzen darf. Snider stimmt zunächst zu. Als Trump sich jedoch zusehends radikalisiert, bittet Snider ihn, den Song nicht weiter zu verwenden. Was heute unglaublich scheint: 2016 hört Trump offenbar noch auf andere und nutzt den Song nicht mehr. Dee Snider selbst veröffentlicht 2016 eine balladeske Version der Nummer. Funktioniert auch: Ein guter Song ist ein guter Song ist ein guter Song.

https://www.udiscover-music.de/popkultur/zeitsprung-ab-13-5-1985-will-das-pmrc-vor-schlimmen-songtexten-warnen