Als sich in diesem Jahr die High Society im New Yorker Metropolitan Museum of Modern Art für die alljährliche Met Gala traf, stand alles unter dem Motto der Black History, denn Thema war: Superfine: Tailoring Black Style. Wir werfen einen Blick auf die Inspirationen, Kunstwerke und auf die Geschichte unserer liebsten Looks.
2025 ging es kulturgeschichtlich zu, als bei der Met Gala die Stars zusammenkamen. Das Motto Superfine: Tailoring Black Style ermöglichte den Gästen einen Deepdive in das Schwarze Dandytum, das die letzten 300 Jahre die Modewelt geprägt hat und der Ursprung vieler Designtrends darstellt. Die Professorin für Africana Studies an der Columbia University Monica Miller gab zum Thema 2009 ein Buch heraus, das für den Abend wegweisend war. In Slaves to Fashion: Black Dandyism and the Styling of Black Diasporic Identity erzählt, wie die heutige Dandykultur von Freiheits- und Identitätskämpfen der Sklaven geprägt wurden. Sie hat mit dem Metropolitan Museum Of Modern Art gearbeitet und die laufende Ausstellung kuratiert. Mit ihren Looks haben die Stars sich dieses Mal also nicht nur selbst geschmückt, sondern anhand von Kleidungsstücken, Accessoires, Gemälden, Fotografien und dekorativer Kunst eine Geschichte erzählt, die oft zu kurz kommt. Doch weil nicht jedes Outfit mit einem Steckbrief daher kommt, wagen wir einen Versuch einige der Looks zu entschlüsseln.
Der Star des Abends: Der Zoot Suit
Klar: Der gut geschnittene Anzug gehört zum Dandy. Doch geht man in der Fashiongeschichte Harlems noch ein Stück weiter zurück, finden wir in der Harlem Renaissance in den 1920/30ern den Zoot Siut: Das Jacket hat weite, gepolsterte Schultern und es ist lang, geht fast übers Knie, die Hose hat ein weites Bein, dass am unteren Bund enger wird. Der Stoff fließt also unten zusammen. Er beschreibt eher eine v-artige Silhouette und steht im Kontrast zum maßgeschneiderten Anzug mit Einstecktuch und klaren Kanten. Der Zoot Suit spielte damals vor allem im Jazz eine Rolle und war damit ein Symbol des Widerstands, so wie die Musik selbst auch.
Teyana Taylors Hommage an die Harlem Renaissance
Neben Chance The Rapper hat sich Teyana Taylor mit ihrem Outfit, dem Zoot Suit gewidmet. Die Schauspielerin und Musikerin, die selbst aus Harlem kommt, hat mit riesigen, überzeichneten Schultern und den eng-zulaufenden Hosenbeine die ikonische Silhouette des Zoot Suits besonders eindrucksvoll auf die Gala gebracht. Denn in Zusammenarbeit mit der Oscar-ausgezeichneten Kostümdesignerin Ruth E. Carter hat sie dem Look einen ganz individuellen Anstrich verpasst und neben dem Zoot Suit noch weitere historische Details in den Look einfließen lassen. Hier kommen Federn, Spitze und Edelsteine zusammen. Außerdem trägt sein einen farblich passenden Durag, darüber einen Hut mit großer Feder und einen Gehstock. Im Interview mit Vogue erklärt die Designerin den überlagerten Look: „Als wir unsere Reise in dieses Land antraten, wurde uns alles genommen. Oft war das Einzige, was man hatte, das, was man am Körper zeigen konnte.“ Auch auf ihre eigene Biografie spielt der Look an, denn auf der breiten Borte des ausladenden Capes sind die Worte „Rose Of Harlem“ gestickt – Der Titel einer Single von Teyana Taylor.
Von Muscheln und Perlen
Accessoires werden bei den Black Dandys großgeschrieben. Von Hüten bis hin zu Broschen, Perlenketten, Muscheln, Armbänder, Gehstöcken und sogar Federboas, scheint hier nichts zu viel. Besonders die Perlen und Muscheln konnte man in mehreren Outfits der Met Gala sehen. Besonders prominent platziert wurden sie beim Co-Host Lewis Hamilton und bei FKA Twigs. Hamilton hat seinen elfenbeinfarbenen Anzug von Designerin Grace Wales Bonner erarbeitet und mit Stylist Eric McNeal auf viele Accessoires gesetzt. Das Barett (von Stephen Jones Millinery) ist in der Schwarzen Fashiongeschichte das Symbol der Black-Panther-Bewegung. Der Anzug ist außerdem mit zahlreichen Muscheln verziert. Bonner erklärt der Vogue: „Es gibt Geschichten, die durch Schmuckverzierungen erzählt werden, mit Symbolik in Baobab-Blumenmotiven und natürlichen Materialien wie Kaurimuscheln und Perlmuttknöpfen“. Dabei gelten die besonderen Muscheln in verschiedenen afrikanischen Kulturen als Talisman.
Auch FKA Twigs, in Flapperkleid abgerundet mit einer Stola aus Seidenchiffon, Feder Accessoires und Manolo Blahnik-Schuhen, wurde von Grace Wales Bonner eingekleidet und auch ihr Outfit war mit besonderen Muschel- und Edelsteinstickerein verziert. Ihre weibliche Version des Dandys ist an die amerikanische Kaberettistin Josephine Baker angelehnt und versprüht den Charme der 20er Jahre. „Der Look wurde durch verschiedene Vorstellungen von Schwarzer Spiritualität inspiriert“, erklärt Bonner. „Die Kleidungsstücke sind von einer gewissen Reinheit und Schlichtheit. Sie sind alle aus elfenbeinfarbener Rohseide gefertigt und mit Swarovski-Kristallen und Kaurimuscheln verziert. Es war schön, mit Stoffen und Techniken zu arbeiten, die für mich wie eine Handschrift sind.“
Monogramme, Monogramme, Monogramme
In den 90er Jahren hat sich der Dandy-Look dann mehr und mehr mit dem Street Style vermischt und es gab einen Austausch zwischen den verschiedenen Stilen. So spielten die Logos der High Fashion Labels eine immer größere Rolle und wurden zu Mustern und eigenen Style Elementen, wie Stylist Mike B erklärt. Doechii ist in einem ihrer klassischen Prepper-Outfits zur Met-Gala angetreten und hat einen LV-übersäten Anzug mit ihren ikokinschen kurzen Hosen zur Schau gestellt. Dabei hat sie außerdem. Das Emblem von Louis Vuitton sogar in ihr Gesicht geschminkt, um dem Tennis-Prepp-School-Look für diesen Anlass eben doch noch mal einen neuen Spin zu geben. Im Gespräch mit Vogue verweist Doechii, wie viele andere Gäste an dem Abend, auf die Modeikone André Leon Talley. Die Stylinglegende Dapper Dan, der wie kaum ein zweiter den Streetstyle Harlems geprägt hat, hat auf seinen selbst designten Anzug ein ganz eigenes Emblem gedruckt, das auch an die Marken-Fakes erinnern sollte, die die Straßen-Mode ausmachte.
André Leon Talleys Legacy
Eine Stying-Referenz, die den Abend von Anfang bis Ende begleitete, vor André Leon Talley. Als langjähriger Redakteur bei Vogue, oft als rechte Hand von Anna Wintour bezeichnet, brachte er nicht nur Glamour in die Redaktion, sondern öffnete auch Türen für Schwarze Talente in einer traditionell weißen Branche. André Leon Talley war bekannt für seine eindrucksvolle Erscheinung, sein tiefes Wissen über Modegeschichte und seinen unermüdlichen Einsatz für Diversität. Auch er hat oft von Met Gala berichtet oder ist selbst in großer blauer Robe über die Treppen des Museums stolziert.
Co-Host des Abend Colman Domingo hat mit seinem blauen Cape eben jenen Look referenziert und an Talley erinnert. Auch in der Ausstellung nimmt André Leon Talley einen besonderen Platz ein: Als krönender Abschluss sind seine berühmten, personalisierten Louis-Vuitton-Trunks drappiert. Die Koffer repräsentieren den seine steile Laufbahn, die ihn aus dem tiefen amerikanischen Süden nach New York, London, Mailand und Paris gebracht hat. Ganz direkt hat Schauspielerin Tessa Thompson den Pionier mit ihrem Outfit gewürdigt: Ihr kleiner Fächer wurde mit seinem Gesicht bedruckt.
Janelles Zeitreise-Dandy
Die Speerspitze des Afro-Futurismus Janelle Monáe hat auch in diesem Jahr bei der Met-Gala eine besondere Show abgeliefert. Kaum ein Look spielte auf der Gala so subtil mit Stilelementen und erschuf eben trotzdem etwas ganz und gar neues. Janelle betrat die Treppe als eine selbst erdachte Persona, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft miteinander verschmelzen lässt. Inspiriert vom Afrofuturismus und queerer Ästhetik, präsentierte Monáe einen Look mit einer übergroßen Cape-Illusion, einem tickenden Monokel und einem halb-maskulinen, halb-femininen Ensemble, das Gendergrenzen bewusst verwischt.
In Zusammenarbeit mit Oscarpreisträger Paul Tazewell und Designer Thom Browne entstand ein visuelles Statement gegen starre Normen – und für Selbstbestimmung, Stil und radikale Kreativität. Die geraden Linien auf dem starren Cape sind dabei von Fritz Langs futuristischen Film Metropolis inspiriert. Monáes Melonenhut erinnert an Gladys Bentley, eine Blues-Sängerin, die in den 1920er-Jahren für ihren maskulinen Kleidungsstil bekannt war. Unter dem Cape trägt Monáe ein dekonstruiertes Ensemble aus Sakko und Rock – die rechte Seite in schwarz-weißem Nadelstreifen, die linke aus rotem Wollkrepp.
„Ich habe über viele Jahre hinweg versucht, Systeme durch meine Arbeit, meine Kunst und meinen Aktivismus zu dekonstruieren“, sagte Monáe der New York Times. „Ich möchte die Respektabilitätspolitik rund um Anzüge und darum, wie Schwarze Menschen in der Welt auftreten dürfen, hinterfragen und aufbrechen. Ich wollte zeigen, dass wir selbst entscheiden, wer wir sind.“ Damit hat sie das Motto des Abends und alle die bunten, detailverliebten Looks und die Essenz des Black Tayloring Styles auf den Punkt gebracht.