Am 11. Juni 2025 wurde ein Kapitel Musikgeschichte geschlossen, denn Brian Wilson von den Beach Boys verstarb im Alter von 82 Jahren. Die Band führt seit Jahren mit ihrem Album Pet Sounds zahlreiche Listen der besten Alben aller Zeiten an – zu Recht.
Meisterwerke wie „God Only Knows“
Ich bin der festen Überzeugung, dass sich alle daran erinnern können, wo sie zum ersten Mal God Only Knows gehört haben. Oft scheinen die größten Hits von Bands gar nicht so repräsentativ, doch dieser Titel ist und bleibt auch heute, 59 Jahre später, bahnbrechend. Brian Wilson hat die Beach Boys mit harmonischen Meisterwerken an die Spitze der Charts gebracht, doch die gleißende Melancholie dieses Titels, bleibt ein ganz besonderer Schatz. Die chorische Mehrstimmigkeit dieses Titels, die zackigen Violinen, die die träumerischen Vocals durchreißen, die kindlichen Glöckchen und der Rhythmus, der mit Plastikbechern entstand: Man muss sich einfach daran erinnern können, dieses Stück Musik zum ersten Mal zu gehört zu haben.
Der Start der größten Strandparty
Brian Wilson, der älteste unter den drei Wilson-Bründern, galt als der Kopf hinter der US-Amerikanischen Surfrockband, die mit ihrer Musik vor allem Leichtigkeit und sonnige Lebensfreude ausstrahlte. Seit ihrem ersten Hit Surfin USA von 1962 standen die Beach Boys für ausgelassene Sommergefühle, die die Zeit überdauerten. Dabei liegt das vor allem an den außergewöhnlichen Arrangements, die vor allem Brian Wilson ausklügelte. Mit großer Experimentierfreude entdeckte Brian in täglichen Sound musikalischen Potenzial, war quasi ein Pionier der Ambient Sounds und diese Leidenschaft brachte die Beach Boys mit ihrer Leichtfüßigkeit schnell an die Spitze der Charts. Wie am Fließband produzierten sie Alben, feierten Erfolge und stiegen in den Pop-Olymp auf.
Bereits 1964 lässt der Song I Get Around schon durchblicken, dass der Erfolg nicht nur Brian Wilson, sondern auch seinen Bandkollegen nicht gut bekommt. Hastig erzählt der Song von dem neuen getrieben Leben und trotz der strahlenden Harmonien, bricht hier bereits durch, dass das Leben an der Spitze der Charts nicht nur sonnig ist. Der Output der Band war enorm und so folgte ein Weihnachtsalbum, Beach Boys Today, Summer Days und Beach Boys Party bis schließlich ‘66 dann Pet Sounds den Gipfel der Karriere markieren sollte und das Brian Wilson quasi im Alleingang geschrieben hat. Der Karrierehöhepunkt, der kreative Höhepunkt und für viele Musikjournalist:innen, Verlage auch bis heute der Höhepunkt des Pop.
Obwohl die Bandgeschichte hier noch lange nicht am Ende angekommen ist, wurden die Suchtprobleme und die psychischen Krankheiten der einzelnen Mitglieder, insbesondere auch von Brian Wilson, immer präsenter und Brian Wilson Pet Sounds nicht überbieten oder sich von vollends erholen.
Brian Wilson war der letzte verbleibende Bruder der Beach Boys. Dennis starb bereits 1985 und Carl Wilson verließ uns 1998 nach mehreren Monaten Lungenkrebs, die ihn trotzdem nicht davon abhalten weiter auf der Bühne zu stehen. Nachdem Brian in den letzten Jahren an immer schwerer werdender Demenz litt, verkündeten seine Kinder via Instagram die Nachricht seines Ablebens.
Die Schattenseiten
Allerspätestens mit Pet Sounds brach dann die Fassade der sonnigen Strandzeiten, denn der eher introvertierte Brian Wilson hatte mit Panikattacken, Depression, Halluzinationen und Schizophrenie zu kämpfen. Es folgte eine Phase, in der er fast manisch daran arbeitete, das Konzeptalbum zu überbieten, doch das vermeintliche Meisterwerk Smile wurde nie in der Form, wie es angedacht war, veröffentlicht. Erst 2002 teilte er es als Soloprojekt mit der Öffentlichkeit, also über 30 Jahre nach den ersten Songskizzen für dieses Album.
Ich saß auf der Rückbank im schwarzen Saab 9000 meiner Eltern, als ich God Only Knows zum ersten Mal hörte, und noch immer höre ich diesen wunderbaren Song mit den kleinen Kinderohren, die gar nicht wissen, wie ihnen geschieht, bei all diesen gefühlvollen Stimmen. Ein Stück Musikgeschichte geht damit zu Ende, doch dass diese Musik die Zeit überdauern wird, das steht außer Frage und so wird die Strandparty, zu der die Band 1961 geladen hat, nie ganz aufhören.
