„Zum Glück sind sie nicht mehr!“: Pete Townshend irritiert mit Aussagen über Moon und Entwistle
news02.12.19
Nett klingt das nicht, wie Pete Townshend da über seine verschiedenen Kollegen John Entwistle und Keith Moon redet: „Zum Glück sind sie nicht mehr!“ In einem Interview sorgte der The-Who-Mitbegründer damit für hochgezogene Augenbrauen. Seine Richtigstellung folgte auf dem Fuße.
von Victoria Schaffrath
Eigentlich läuft es bei The Who ganz gut, wenn man in die Zukunft blickt: In ein paar Tagen gibt es mit Who das erste Album seit 13 Jahren, die Rock-Oper Tommy legt man auf dem Broadway neu auf und auch für die Moving On! Tour, die im Mai dieses Jahres startete, stehen noch ein paar Termine im Kalender. Man kommt also nicht umhin, Townshends neueste Äußerungen als beinahe undankbar zu empfinden.
In dem Interview mit dem Rolling Stone geht es primär um die Animositäten zwischen Townshend und Roger Daltrey, die auch nach 55 Jahren Bandgeschichte bestehen bleiben. Während der Aufnahmen zum neuen Album saßen die beiden angeblich nicht etwa auf unterschiedlichen Seiten der Aufnahmekabine, sondern auf unterschiedlichen Seiten des großen Teichs. Während der Tour halten sie es nicht einmal im gleichen Hotel aus. Auf die eher ungleich verteilten Autorennennungen in der Bandgeschichte angesprochen, kontert Daltrey mit: „Darüber rege ich mich nicht auf. Wenn er das Geld nötig hat…“
Wirklich überraschend kommen kritische Aussagen der übrig geblieben Who-Mitglieder also nicht. Townshends Kommentare über Moon und Entwistle stoßen dennoch auf: „Das wird The-Who-Fans sicher nicht erfreuen, aber zum Glück sind die beiden nicht mehr.“ Um Klarstellung gebeten, beharrt er auf dem fragwürdigen Standpunkt: „Es war verdammt schwierig, mit ihnen zu spielen. Sie haben sich selbst ja nie Bands aufbauen können. Ich schätze, meine musikalische Disziplin, meine musikalische Effizienz als Rhythmusspieler hielt die Band zusammen.“
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Zu vermissen scheint er Moon („Als er verstarb, musste ich nicht mehr für ihn auf die Zeit achten!“) und Entwistle („John spielte jede Note, jede Harmonie unter dem Himmel. Während der ersten Shows ohne ihn merkte ich: ‚Oh, ich habe ja einen Job!‘“) zumindest auf professioneller Ebene nicht. Diese wenig emotionale Herangehensweise bezieht er schließlich auf die gesamte Gruppendynamik: „Wir sind keine Band mehr. Viele Leute mögen nicht, dass ich das sage, aber wir sind einfach keine verdammte Band. Selbst früher saß ich da und dachte mir: ‚Das ist eine verdammte Zeitverschwendung. Lasst uns eine Pause machen, denn Keith Moon hatte schon wieder einen Brandy zu viel.’“
Bei den Geschichten über die Band, insbesondere über die Eskapaden Moons, kommt beinahe Verständnis für Townshends Sätze auf. Mal wird dieser hinter den Trommeln bewusstlos, mal sprengt er selbige in die Luft – und verursacht damit bei Townshend permanenten Gehörschaden. Der 74-Jährige weist selbst eine komplexe Lebensgeschichte auf, lebt als Junge bei der pflegebedürftigen Großmutter und übersteht sexuellen Missbrauch.
Dass solche Bemerkungen trotzdem in eine gänzlich unschöne Kerbe hauen, hat der Gitarrist dann schnell gemerkt. Auf Facebook gibt er zwei Tage nach Veröffentlichung des Interviews zu Protokoll: „PETE! VERDAMMT NOCH MAL! HALT DEN SCHNABEL“, und erklärt seine Aussagen. Auf Empathie der Fans hoffe er, schließlich wüssten sie doch, dass „niemand nachvollziehen kann, wie sehr ich Keith und John als Menschen, Freunde und Musiker vermisse“. Den fragwürdigen Ton seiner Angaben erklärt er mit dem guten, alten britischen Humor: „Auf meine eigene, englische Art versuchte ich mich an Ironie.“
Verärgerte Fans und entsetzte Kritiker*innen dürften durch den sensibel formulierten Post besänftigt werden: „Bis heute bin ich wütend auf Keith und John, dass sie gestorben sind. Manchmal spürt man das. Es ist egoistisch, aber so fühle ich mich.“ All diese Kontroversen tun der Qualität der aktuellen Live-Shows scheinbar keinen Abbruch, denn Kritiken der Moving On! Tour fallen durchweg positiv aus.