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Foto: Rodin Eckenroth/Getty Images

Finneas, Skrillex & Co.: Der Aufstieg der „Bedroom Producers“

Früher, ganz früher, musste man für professionelle Musikaufnahmen ins Tonstudio. Das Problem daran? Es war sündteuer und definitiv nicht für alle mach- und bezahlbar. Eine Neve-Konsole, so groß wie ein Raumschiff, kostete ein Vermögen, und die Bedienung musste von bezahlten Fachkräften übernommen werden. Einfach mal so ein Album aufnehmen? Das ging nur mit einer Plattenfirma, großzügigen Mäzenen oder einer tiefen Geldtasche.

Dann kam das Homestudio – und mit ihm die Möglichkeit, im eigenen Keller, Wohnzimmer oder Hobbyraum aufzunehmen. Computer, Harddisk-Recorder, Mikrofone, Vorverstärker, Instrumente – das alles war zwar immer noch kostspielig, aber plötzlich war es machbar. Doch der nächste Evolutionsschritt veränderte die Audiowelt endgültig: die „Bedroom Producers“.

Alles, was man braucht

Heute braucht es nur noch einen Laptop, eine DAW (Digital Audio Workstation wie Logic Pro X, Cubase oder ProTools), ein paar Plug-Ins und ein gutes Mikrofon. Hochwertige Nachbauten legendärer Studiomikrofone sind mittlerweile erstaunlich erschwinglich. So lassen sich nicht mehr nur Demos oder Hobbyaufnahmen im Schlafzimmer (oder jedem anderen Raum der Wohnung) machen – sondern auch weltweite Megahits.

Finneas & Billie Eilish: Bedroom Producer goes Grammy

Das prominenteste Beispiel für erfolgreiche „Bedroom Producers“ sind niemand Geringeres als US-Superstar Billie Eilish und ihr Bruder, Produzent und Solokünstler Finneas. Die beiden nahmen nicht nur ihre ersten Demos, sondern auch das mehrfach Grammy-ausgezeichnete Debütalbum When We All Fall Asleep, Where Do We Go? zuhause auf – mit einem MacBook, Logic Pro und ein paar Instrumenten. Vor allem aber: mit jeder Menge Kreativität.

Klar, zum finalen Mix und Mastering geht es in vielen Fällen doch in ein professionelles Studio. Doch den Großteil der kreativen Arbeit erledigen selbst Weltstars wie Billie Eilish in ihrem eigenen Tempo, an ihrem eigenen Rechner – und oft ganz intim in ihrem eigenen Schlafzimmer.

Skrillex: Tourbus statt Bedroom

Oder Skrillex. Dessen „Bedroom Studio“ ist eher ein mobiles Studio – denn nach seinem ersten großen Erfolg fand sich der Musiker in einer Situation wieder, in der er ohne mobiles Setup kaum produktiv sein konnte: Er war ständig auf Tour.

„Ich bin immer auf Tour, also teste ich neue Tracks live aus, bevor sie veröffentlicht werden. Das ist eher eine Notwendigkeit als alles andere, weil ich nicht wie andere Produzenten die Möglichkeit habe, in einem Studio zu sitzen und an Tracks zu arbeiten. In der zweiten Jahreshälfte war ich nur etwa vier Tage zu Hause“, wird er auf der Website einer Audiofirma zitiert.

Skrillex setzt dabei auf vergleichsweise erschwingliches Equipment: ein MacBook Pro, Ableton Live, zwei KRK-Monitorboxen und ein Focusrite-Audiointerface. Kein raumschiffgroßes Neve-Pult, kein gigantisches High-End-Studio – sondern ein mobiles Setup, mit dem er von unterwegs aus Hits produziert.

Er und Finneas sind längst nicht die einzigen erfolgreichen Bedroom-Producers. Auch Flume, der australische Produzent hinter Hits wie Never Be Like You, begann seine Karriere mit einem Laptop und einer kostenlosen Version von Ableton Live. Steve Lacy, bekannt für seine Arbeit mit The Internet und als Solo-Künstler, produzierte ganze Tracks nur mit seinem iPhone und GarageBand. Kaytranada, der mit seinem einzigartigen Mix aus House, Hip-Hop und R&B die Musikszene prägt, produzierte viele seiner ersten Werke in seinem Kinderzimmer.

Diese Künstler:innen zeigen, dass es heute nicht mehr ein Millionenbudget oder ein High-End-Studio braucht, um weltweite Hits zu erschaffen – sondern vor allem Kreativität, technisches Know-how und den Mut, mit minimaler Ausstattung zu experimentieren.

Natürlich, nicht jedes Produktionsvorhaben eignet sich für das Schlafzimmerstudio. Wer etwa ein ganzes Orchester aufnehmen will (und dabei nicht auf Plug-Ins und VSTs setzt), wird das Sinfonieorchester schwer in sein Zimmer reinkriegen. Für Bedroom Producer sind VSTs und Plug-Ins sowieso am einfachsten, denn man braucht nicht mal eine gute Raumakustik oder gute Mikrofone, um hier tolle Klägen zu erzeugen. 

Auch eine Rockband, die in voller Besetzung live aufnehmen will, ist eher was fürs reguläre Studio – Ausnahmen bestätigten natürlich die Regel. Für andere Genres, elektronische Musik etwa, Hiphop, Experimentelles – oder eben lo-fi Bedroom Pop – ist ein Bedroom Studio hingegen ideal.

Checkliste: Was braucht man als Bedroom Producer?

Zu guter Letzt wollen wir euch eine Checkliste geben, was angehende Bedroom Producers so an Basics brauchen, um loszulegen:

1. Computer & Software

  • Laptop oder Desktop-PC mit ausreichend Arbeitsspeicher und schneller Prozessorleistung
  • Digital Audio Workstation (DAW) zur Musikproduktion
  • Plug-Ins und virtuelle Instrumente für Synthesizer, Effekte und Sounddesign

2. Audio-Interface & Aufnahme-Equipment

  • Audio-Interface
  • Kondensator- oder dynamisches Mikrofon für Gesangs- und Instrumentenaufnahmen
  • geschlossene oder offene Studiokopfhörer, die den Klang präzise wiedergeben

3. Monitore & Akustik

  • aktive Studiomonitore für eine unverfälschte Wiedergabe des Sounds
  • eventuell ekustische Maßnahmen wie Schaumstoff-Panels oder Bassfallen zur Optimierung der Raumakustik

4. MIDI-Controller & Instrumente (optional, aber nützlich)

  • Midi-Keyboard
  • optional: Drumpad-Controller für das Einspielen von Beats
  • Instrumente wie Gitarre, Bass oder Synthesizer

Na, Lust bekommen, das nächste Grammy-Gewinneralbum im Bedroom zu produzieren und Billie Eilish Konkurrenz zu machen? 

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