Ihr queeres Liebeslied Sailor Song machte sie noch vor ihrem ersten Album weltberühmt. Jetzt hat Gigi Perez mit At The Beach, In Every Life endlich ihr Debüt veröffentlicht. Es ist eine grandiose Indie-Folk-Reise durch Tod, Trauer und Liebe.
Manchmal ist man live bei dem Moment dabei, in dem ein Star geboren wird. Bei Indie-Folk-Sensation Gigi Perez ist es ihr Auftritt in Jimmy Fallons Tonight Show, wo sie eine absolute Gänsehausversion ihres Durchbruchs Sailor Song performt. Wem es bis dahin noch nicht klar war, der ist spätestens jetzt überzeugt: Hier entsteht etwas Großes. Etwas sehr, sehr Großes.
Das hat man durchaus kommen sehen: Seit zehn Jahren macht die 25-jährige Künstlerin aus New Jersey Musik, besucht eine Weile das Berklee College Of Music, bis Covid alles dichtmacht. 2022, am Tag ihres 22. Geburtstags, wird sie von Coldplay gefragt, ob sie nicht deren Show in Florida eröffnen will. 2024 ändert sich dann alles: Sie veröffentlicht die queere Ballade Sailor Song, ein wunderschönes Lied über eine Frau, die so aussieht wie Anne Hathaway. Das Ding geht unheimlich steil, steht bei Spotify kurz vor der Milliarden-Marke. „Sailor Song entstand in einer Zeit meines Lebens, in der ich wirklich mit meiner Weltanschauung zu kämpfen hatte und sehr verliebt war. In der Leere in meinem Herzen war mir damals keine Person näher. Aus diesem tief verzweifelten Gefühl ist der Song entstanden.“ Für sie ist es nur die Spitze des Eisbergs, wie sie sagt: der Song, der die Türen in ihr Innerstes öffnet.
Gigi Perez im Circle Store:
Vor wenigen Tagen veröffentlichte sie jetzt endlich ihr fabelhaftes Debüt At The Beach, In Every Life. Für sie ist es selbstproduzierte Trauerbewältigung: Sie schreibt das Album für ihre 2020 verstorbene Schwester. „Das ist das Album, was ich hätte hören müssen, als ich 20 Jahre alt war, nach dem Tod meiner Schwester Celene“, so sagt Gigi Perez selbst über dieses Album.
Der Geist von Bon Iver und Imogen Heap huscht durch die Songs, maßgeblich geprägt durch ihren charakteristischen Gitarrensound und die großen, die essentiellen Themen des Lebens. Das macht Gigi Perez aber eben so ungefiltert und verletzlich, dass man gar nicht anders kann, als sich dieselben Fragen zu stellen. Unbemerkt bleibt das alles nicht lang, große Talente wie sie werden zwangsläufig irgendwann nach oben gespült. So landet sie auf Rolling Stones Liste der 2025 Pop Acts To Watch ebenso wie auf Billboards Artists To Watch 2025.
Und Gigi Perez? Ist effortlessly cool, was das alles angeht. Im Interview kurz vor dem Release eines der mit größter Spannung erwarteten Alben des Jahres plaudert sie so locker über ihre Eindrücke von Berlin, als wäre sie mit einer Freundin auf einen Kaffee verabredet. „Ich wollte schon als Kind hierherkommen“, meint sie. „Ich erinnere mich, dass ich früher dieses Spiel namens Tony Hawk’s Underground gespielt habe. In einem der Level skatete man durch Berlin. Diesen Ort will ich mir unbedingt ansehen.“
Gigi Perez ist locker und entspannt, hat große Freude an allem, was gerade um sie herum passiert. Sie weiß aber eben auch, dass At The Beach, In Every Life das Album ist, das sie ihrer verstorbenen Schwester gewidmet hat. Als Kind kritzeln beide für ihr Leben gern Doodles, nach dem Tod der kleinen Schwester hört Gigi nicht auf damit. „Nachdem meine Schwester starb, war es eine Möglichkeit, meine Zeit zu nutzen und mich abzulenken. Also habe ich diesen Account namens Doodles by Jesus eröffnet.“ Damit macht sie weiter, zeichnet auch das Artwork ihres Debüts selbst. Es ist zum Weinen schön – mit einer Person, die am Strand steht und einer anderen, die in einem Boot steht. Vielleicht sie und ihre Schwester? Musik und Kunst sind eben immer schon mehr für sie als reiner Zeitvertreib. „Ich hatte ja noch keine Ahnung, dass sich mir damit eine ganz neue Welt eröffnen würde“, sagt Gigi zur Verzahnung von Musik und Zeichnerei. Therapie, nichts weiter als das.
Mit ihren wunderschönen, ahnungsvollen Lieder begibt sich Gigi Perez jetzt auf eine große Reise. Eine Reise, zu der alle eingeladen sind, die sich in ihren Songs selbst begegnen. Spoiler: Wir alle also! „Dieses Album handelt davon, die Türen zu öffnen, die ich öffnen musste, und die zu schließen, die ich schließen musste.“ Im Kern des Albums steht der Ozean als Symbol für das Leben, für den Übergang zwischen den Welten, für das, was kommt und das, was geht. „Damals wusste ich noch nicht, wie sehr mich das Meer in meinem Leben geprägt hat“, sagt sie. „Ich habe mein ganzes Leben am Strand verbracht und habe unglaubliche Erinnerungen an meine Familie, an meine Schwester am Strand. Ich habe auch viele unschöne Erinnerungen an den Strand. Es bleibt aber dieser Ort, an dem ich mir alles vorgestellt habe und an dem für mich alles möglich ist.“