Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 3.10.2000.
Als Beatles-Legende John Lennon im Dezember 1980 in New York ermordet wird, erlebt mindestens eine Generation ihren eigenen „Day The Music Died“. Sein Mörder Mark Chapman wird zu einer Gefängnisstrafe von 20 Jahren bis lebenslänglich verurteilt. Und genau um dieses „bis lebenslänglich“ geht es heute, denn am 3. Oktober 2000 darf Chapman zum ersten mal um Begnadigung und somit ein Ende seiner Haftstrafe bitten.
Hier könnt ihr Lennons letztes Album anhören:
In seiner Kindheit war der am 10. Mai 1955 geborene Mark David Chapman tatsächlich wie viele andere seiner Zeitgenossen beinharter Fan der „Fab Four“. Als Teenager schließt er sich dann einer Gruppe so genannter wiedergeborener Christen an, doch die Beatles begleiten ihn weiterhin. Als Chapman herausfindet, dass Lennon im Scherz behauptet hat, bekannter als Jesus zu sein, schlägt das Ganze zuerst in Besessenheit um, und endet beim Hass auf Lennon.
Kaltblütig und scheußlich
Am 8. Dezember 1980 erschießt er dann Lennon vor dessen Apartment im Dakota Building in New York, unmittelbar nach der Tat wird er festgenommen und gesteht wenig später. Im Rahmen der Untersuchungen lassen sich deutliche Hinweise auf psychische Störungen finden, während des Prozesses attestieren ihm Gutachten gleich reihenweise Psychosen, paranoide Schizophrenie und manische Depressionen.
Chapman erklärt dem Gericht, er habe sich mit Gott selbst darauf verständigt, sich schuldig zu bekennen. Das Urteil wird 1981 gesprochen und mit einer Gefängnisstrafe von „20 to life“ angesetzt, also mindestens 20 Jahren hinter Gittern. Das bedeutet gleichzeitig, dass Chapman erstmals im Jahre 2000 eine Begnadigung erbitten kann, ein im US-amerikanischen Rechtssystem durchaus üblicher Vorgang.
Erster Antrag nach 20 Jahren
Der erste Termin wird für den 3. Oktober 2000 angesetzt. Lennons Witwe Yoko Ono bittet den Begnadigungsausschuss im Vorfeld per Brief, Chapman nicht zu entlassen, der New Yorker Senator Michael Nozzolio äußert sich parallel dahingehend, dass „die Freilassung gefährlicher Krimineller wie Chapman die öffentliche Sicherheit gefährdet“. Während der 50-minütigen Anhörung argumentiert Chapman dagegen, versichert, keine Gefahr darzustellen und behauptet sogar, dass Lennon seiner Forderung nach Freilassung zugestimmt hätte.
Der Ausschuss kommt jedoch zum Schluss, dass eine Freilassung „die Ernsthaftigkeit des Verbrechens missachten und Respekt für Gesetze untergraben würde“. Das dreiköpfige Entscheidungsgremium erkennt zwar an, das sich Chapman im Gefängnis das Prädikat „gute Führung“ verdient habe, hält aber auch fest, dass er sich in Einzelhaft befunden habe, was schlechtes Verhalten teilweise ohnehin unterbindet. Außerdem habe der damals 45-Jährige keinen Zugang zu Anti-Aggressions-Training oder ähnlichem gehabt. Die vorzeitige Entlassung wird folglich abgelehnt.
Keine Freilassung
Von diesem Zeitpunkt an darf Chapman im zweijährigen Turnus sein Anliegen erneut vortragen. Doch bis zum heutigen Tage (2020) bleibt er hinter Gittern. Zeitweise sahen die Verantwortlichen sogar Chapmans Leben in Gefahr, da er von Lennon-Fans bedroht wurde. Mal sammelt eine frühe Online-Petition 6000 Stimmen gegen seine Freilassung, und immer wieder schaltet sich Yoko Ono ein und macht sich ebenfalls gegen eine frühzeitige Begnadigung stark.
Chapman selbst zeigt sich immer einsichtiger, beteuert seinen wiedergefundenen Weg zu Jesus. Diesen Glauben teilt er mit seiner Ehefrau Gloria Chapman, geborene Abe, die er im Sommer 1979, also vor dem Mord, geheiratet hatte. Bei seinem letzten Termin im August 2020 entschuldigt Chapman sich sogar bei Yoko Ono und erklärt, dass er die Todesstrafe verdiene. Das ändert nichts: Er bleibt im Gefängnis.