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Foto: Universal Music

„One More Time“ von Aerosmith und Yungblud: Jung und Alt brillieren mit gemeinsamer Rock-DNA

Klar, seit seinem famosen Auftritt beim Black-Sabbath-Abschiedskonzert The End – Live in Birmingham im Juli 2024 bringt man den Namen Yungblud ganz besonders mit Ozzy Osbourne in Verbindung – und nach dem Tod des Prince of Darkness konnte man fast den Eindruck gewinnen, Dominic Harrison hätte das Fledermauszepter offiziell übernommen. Ehre, wem Ehre gebührt: Yungblud ist ohne Frage einer der spannendsten jüngeren – wobei „Küken“ der Gute auch nicht mehr ist – Sänger mit echtem Rockstar-Potenzial.

Aerosmith und Yungblud: Passt wie die Faust aufs Auge

Dabei, so hat man das Gefühl, wenn man die gemeinsame EP One More Time mit Aerosmith hört, passt Yungblud stimmlich eigentlich noch deutlich besser zu Steven Tyler. Doch selbst wenn wir Yungblud bislang in den Vordergrund gestellt haben – die eigentliche Sensation ist Tyler. Die Rockikone hatte zuletzt derartige Stimmprobleme, dass er ernsthaft darüber nachdachte, das Handtuch zu werfen. Touren galten als ausgeschlossen. Das Leben (und erst recht ein Rockerleben) fordert seinen Tribut, und eine solche Röhre wie die von Tyler hält nicht ewig.

Hört man sich jedoch die gemeinsame EP von Aerosmith & Yungblud an, klingt Steven Tyler überraschend frisch und präsent. Seine Gesangsleistung reiht sich mühelos neben jene großer Momente vergangener Jahrzehnte ein. Und die Messlatte liegt bei ihm bekanntlich hoch. Natürlich ist das Studio ein geschützter Raum und erlaubt gewisse technische Hilfen. Doch Tyler röhrt sich so charismatisch durch die hohen Töne, dass viele Aerosmith-Fans vermutlich die eine oder andere Träne verdrücken werden.

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Die Entstehung der EP

Zur Entstehung der EP: Aerosmith und Yungblud hatten bereits zuvor zusammengearbeitet, verstanden sich großartig und beschlossen, ins Studio zu gehen, um zu sehen, was sich aus dieser Chemie entwickeln lässt. Die Stimmung passte, besonders zwischen Tyler und Yungblud. Ersterer fühlte sich vom jungen Kollegen angespornt und motiviert, trotz angeschlagener Stimme über sich hinauszuwachsen. Und auch Yungblud dürfte die Zusammenarbeit mit einer Rocklegende deutlich inspiriert haben. Insgesamt entstanden vier neue Songs; als fünften Titel nahm man sich den Aerosmith-Klassiker Back In The Saddle vor.

Schon der Opener My Only Angel macht eine klare Ansage. Der Song beginnt a cappella, Tyler klingt herrlich kratzig, Yungblud setzt die tiefere Harmoniestimme darunter – und nachdem dieses Eröffnungsstatement steht, kommt Joe Perry ins Spiel. Der Aerosmith-Gitarrist schleudert ein paar markante Licks hin, ehe sich der Song zu einem griffigen Midtempo-Rocker mit starken Hooklines aufbaut. Ein Volltreffer, der problemlos auf jedes gute Aerosmith-Album gepasst hätte.

Der zweite Track Problems ist ebenfalls ein Stampfer. Hier übernimmt zunächst Yungblud und zeigt überraschend viel Tyler-DNA in seiner Stimmfärbung, bevor der beim Refrain kraftvoll einsteigt. Wild Woman bringt dann akustische Gitarren ins Spiel: herrlich anachronistisch, als käme der Song direkt aus der Pump-Ära. Trotz prominenter junger Unterstützung versucht hier niemand, sich an moderne Trends anzubiedern – im Gegenteil: Geboten wird guter, alter Rock’n’Roll mit zwei starken Frontmännern.

Ballade darf nicht fehlen

Natürlich darf eine Ballade nicht fehlen: A Thousand Days ist prädestiniert für ein Feuerzeugmeer – pardon, wir leben in 2025: ein Handy-Displaymeer. Als Closer folgt die neue Version von Back In The Saddle: Vergangenheit und Gegenwart treffen aufeinander, und auf bemerkenswerte Weise klingen beide Epochen miteinander verwandt. Hier bekommt man eine mehr als solide Rock-EP serviert.

Yungblud macht derzeit einfach alles richtig und scheint endgültig auf dem Weg in die oberste Liga zu sein – falls er dort nicht längst angekommen ist. Und Aerosmith geben, fast noch erfreulicher, ein eindrucksvolles Lebenszeichen. Sowohl für Yungblud-Fans als auch für Aerosmith-Anhänger:innen ist diese EP eine klare Empfehlung.

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