Featured Image
Foto: Emelia Staugaard

Sebastian Schub: Der Straßenmusiker aus Hogwarts

Sebastian Schub zieht als Teenager nach London und schlägt sich mit Straßenmusik durch. Wenige Jahre später ist der Songwriter eins der Highlights beim renommierten Great Escape Festival und begeistert auch beim Reeperbahn Festival. Wie konnte das so schnell gehen?

Er braucht keinen Verstärker, keine Band, keine große Geste, hinter der man sich eh nur verstecken kann: Gebt Sebastian Schub eine Gitarre und eine Straßenecke. Und es wird garantiert magisch. Hier ist plötzlich ein junger Songwriter aufgetaucht, der das Talent von Jeff Buckley und die Aura von Ben Howard vermacht bekommen hat – und diese Geschenke auch zu nutzen weiß.

Sein minimalistischer, folkiger Liedermacher-Sound wird auf den Straßen Englands geboren. Damals ist Sebastian Schub noch Teenager, frisch aus Hamburg nach London gezogen. Das aber nicht, um Musiker zu werden, wohlgemerkt: „Ich mochte Harry Potter sehr gerne und wollte unbedingt auf eine Zauberschule in England“, verrät er in unserem Interview. „Dann bin ich aber doch bei der Schauspielerei gelandet.“ Hätte gepasst: Ein wenig sieht Sebastian Schub tatsächlich so aus wie Newt Scamander aus der Fantastic Beasts-Filmreihe.

Mit 17 ab nach London

Damals ist Sebastian Schub 17. Und lernt schnell eine prägende Lektion: Wenn man sich nicht einfach bei Gringotts einen Topf mit Gold besorgen kann, muss man Geld verdienen. Also schnappt er sich eine Gitarre, macht tagsüber Straßenmusik und arbeitet abends freiwillig und ohne Lohn am Theater. Ein ganzes Jahr lang. „Für mich war es wie eine Schule“, sagt er über seine Zeit als Busker auf der Straße. „Die Straßenmusik war ein grandioses Training. Während meine Freunde an Musikschulen waren, habe ich als Straßenkind jeden Tag etwas anderes gelernt.“

Die Straße ist eine harte Schule. Niemand kennt dich, niemand ist deinetwegen hier, die meisten eilen nur hastig vorüber. Doch Sebastian Schub schafft es, dass die Menschen stehenbleiben. Dass sie diesem kaum volljährigen jungen Mann zuhören. Sein Geheimnis ist neben seiner markanten Stimme auch sein Talent, den Blues Amerikas mit dem Folk Irlands zu vermählen. Hart war diese Schule dennoch: „Du kannst am Montag ein Set spielen und ganz viel Geld damit verdienen. Dienstag spielst du dann dasselbe Set und verdienst nichts. Das lehrt einen, einfach weiterzumachen. Auch wenn es wirklich hart sein kann.“

Straßenmusik in Thermounterwäsche

Mittlerweile hat er die Straßen gegen Bühnen eingetauscht. Unterwegs ist er aber immer noch genau so viel. Er war einer der Top Picks beim Great Escape 2023, spielte 2024 beim Reeperbahn Festival. Wo er auftritt, lauschen die Menschen andächtig. Weil er dieses gewisse Etwas hat, das einen Barden von einem bloßen Musiker unterscheidet.

Der größte Unterschied für Schub ist eher klimatischer Natur: „In einem Club zu spielen ist immer noch gemütlicher, als mit nassen Füßen irgendwo draußen im Schnee zu stehen“, grinst er. „Da lernt man die Vorzüge von Thermounterwäsche kennen.“ Trotzdem: So ganz kann er die Straßenmusik, das Busking, nicht lassen. „Wenn ich in London bin, gehe ich immer noch gern irgendwo an die Themse und spiele. Da habe ich angefangen.“

„Jedes Lied hat seine eigene Geschichte. Meistens muss ich die erst mal selbst herausfinden.“

Damals spielt er vermehrt Coversongs, füllt sie aber mit so viel Seele und Persönlichkeit, dass seine Auftritte bald millionenfach geklickt werden. Längst schreibt er eigene Songs. Deine Debüt-Single Sing Like Madonna etwa, ein hinreißender, bei aller Dramatik federleichter Song über Träume und Zweifel. „Jedes Lied hat seine eigene Geschichte. Meistens muss ich die erst mal selbst herausfinden“, sagt er. „Ich stürze mich immer in alles rein. Manchmal schreibe auch nicht für mich, sondern für andere Leute. Für meine Schwester oder einen Kumpel. Ich versuche eben immer, Geschichten zu finden, die mich interessieren. Wenn ich einen Song über ein Thema geschrieben habe, schreibe ich wahrscheinlich nie wieder einen Song über dasselbe Thema.“ Ganz neu draußen ist jetzt auch I Can’t Believe We Never Went Out Dancing, ein Lied, das tatsächlich schon mit dem Titel eine ganze Geschichte erzählt.

Nachdem er in diesem Jahr schon bei Late Night Berlin auftrat, in Los Angeles Musik schrieb und bei BBC London zu Gast war, stehen die Zeichen so langsam aber sicher wirklich auf Sturm. 2025 wird er daher überwiegend damit zubringen, live zu spielen und seine erlebten Geschichten in Musik zu verwandeln. Weil er nicht anders kann. „Ich habe so viele Lieder geschrieben in den letzten Jahren“, meint er. „Jetzt muss ich sie auch in die Welt setzen.“ Gut so. Die Welt wartet darauf.

Weiter stöbern im Circle Mag: