
Miley Cyrus gewährte uns schon in den letzten Wochen kleine Einblicke in ihre neue Geschichte. Jetzt, wo die vielen Mosaikteile sich als Ganzes erschließen, ergibt alles Sinn. Something Beautiful ist zweifelsohne Cyrus’ bestes Album bisher – aber warum?
13 Tracks, darunter ein Intro und zwei Interludes: viel Raum, viel Gefühl. Schon das ist ungewöhnlich für ein Popalbum dieser Größenordnung – aber vielleicht ist es eben auch kein klassisches Popalbum.
Cyrus spricht darin außerdem über das Ende einer Liebe, über den Wunsch, geliebt zu werden, und darüber, wie schwer es manchmal ist, selbst Liebe zu geben. Es geht um Verluste, um die eigenen Grenzen – und vielleicht auch um das Loslassen von der Idee, jemand Bestimmtes sein zu müssen. Man hört: Sie ist angekommen. Und vielleicht bedeutet das, wie sie bei einem intimen Listening-Event zu Wochenbeginn scherzte, weniger große Bühnen und mehr kleine Teppiche: „Ich liebe es, mit allen auf diesem Teppich Musik zu machen – ich mache jetzt keine Bühnen mehr.“
Authentischer Pop verlangt nicht nach Hits
Auf eben jenem Teppich, in einem kleinen Raum im Chateau Marmont in Los Angeles entstand, mitunter zusammen mit ihrem Partner Maxx Morando, Something Beautiful. Doch mit ihrem mittlerweile neunten Studioalbum ist etwas in den Hintergrund getreten: das Streben nach dem nächsten Hit. Wie Miley Cyrus im Interview mit Zane Lowe erklärt, war der Gewinn ihres ersten Grammy Awards für die Single Flowers ein Wendepunkt.
Im Vergleich zum letzten Album Endless Summer Vacation unterscheidet sich Something Beautiful auf vielen Ebenen. Es wirkt, als hätte Cyrus sich endlich erlaubt, Musik als ihr wahrhaftigstes Ich zu machen – und genau das macht das Album so besonders. Das und die Dynamik: Es schwingt, fällt, bäumt sich auf, fällt wieder in sich zusammen. In einer Zeit, in der Musik oft auf TikTok-Momente getrimmt ist, fühlt sich Something Beautiful an wie ein bewusstes Gegenstück: langsam, organisch, persönlich.
Wie klingt Something Beautiful?
Musikalisch bewegt sich das Album irgendwo zwischen dem Folk der 70er, dem Dance-Pop der 90er und einem gegenwärtigen Minimalismus und zugleich Maximalismus. Cyrus’ Stimme steht dabei natürlich immer im Zentrum – rau, warm und brüchig.
Songs wie More To Lose oder Dancepop zeigen genau diese Spannbreite: mal fast herzzerreißend verletzlich, mal versponnen und tanzbar. Das Ende der Platte und somit der Geschichte, die erzählt wird, Give Me Love entspringt dabei inhaltlich einer ganz anderen Quelle: einem Gemälde von Hieronymus Bosch. Dessen Symbolik, insbesondere der mystische Schwan, inspirierte Cyrus zu der Zeile: „A fountain fathers swans form the lake“. Eine Metapher, die wir in der visuellen Sprache zum Album, in Form von Federn, immer wieder bemerken können.
Eine Popoper
Die Künstlerin selbst beschreibt die filmische Umsetzung als „Pop-Oper“, inspiriert von The Wall von Pink Floyd. Die Initialzündung war der Titeltrack Something Beautiful, dessen erste Akkorde sie spontan zum Singen brachten. Als die Worte „flashing star“ entstanden, wusste sie: Dieses Album braucht ein visuelles Pendant.
Was in Cyrus’ Musik und Darstellung stets mitschwingt, ist die Inszenierung, Performance – und sie selbst als Muse. Mit diesem Album wird das nicht nur hörbar, sondern unübersehbar. In den Musikvideos und Visuals erinnert sie optisch an Showgirls der 50er/60er oder Filmdiven der 90er. Man kann kaum den Blick von ihr abwenden. Der vollständige Film wird ab dem 26. Juni auch in den Kinos in Deutschland zu sehen sein.
Von Musen und Mode
Wiederkehrend ist der Look des Covers, auf dem sie wie ein Schwan in Boschs Malerei glänzt. Fotografiert wurde es von Glen Luchford, bekannt für seine Arbeit mit Prada, Saint Laurent, Givenchy, Calvin Klein und Gucci. Dabei spielt die Mode eine wichtige Rolle: Cyrus trägt darauf ein glitzerndes Feder-Archivstück aus der Herbstkollektion 1997 von Thierry Mugler, betitelt Les Chimères – Mythische Kreaturen. Diese Mystik zieht sich vom Cover über die Visuals bis zu den Videos.
Und wenn wir schon von Musen sprechen, darf ein Name nicht fehlen: Naomi Campbell. Neben der großartigen Brittany Howard ist sie das einzige Feature auf dem Album – und mehr braucht es vielleicht gar nicht.