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Foto: KAMIL KRZACZYNSKI/AFP via Getty Images

Warum Oasis Live ’25 die größte Reunion aller Zeiten war

The stars have aligned, the guns have fallen silent. Als Oasis am 16.02.2024 die frohe Botschaft ihrer Reunion verkündeten, war das nichts weniger als eine Sensation. Natürlich hatte man seit vielen, vielen Jahren immer wieder darauf gehofft und jedes kleinste Zeichen als Anlass für Spekulationen genutzt, dass sich die heillos zerstrittenen Gallagher-Brüder doch noch einmal zusammenraufen würden, um gemeinsam einige Konzerte zu spielen.

Über die Jahre schien es jedoch zunehmend unwahrscheinlich, dass es je passieren würde. Zunächst machte sich Liam einen Spaß daraus, seinen Bruder Noel auf Twitter immer wieder zu beleidigen. Noel wiederum war mit seiner Solo-Karriere beschäftigt und machte keinen Hehl daraus, dass er an eine Oasis-Reunion überhaupt nicht dachte.

Später wendete sich das Blatt ein wenig. Liam, der mit Beady Eye zunächst nur mäßigen Erfolg hatte, startete eine erfolgreiche Solo-Karriere und übertrumpfte Noel schließlich sogar bei den Verkaufszahlen und in puncto Impact. Liam wurde umgänglicher und bekundete offen, wie viel ihm eine Oasis-Reunion bedeuten würde. Noel hingegen wollte dies offenbar lange nicht.

Doch irgendwann raufte man sich tatsächlich zusammen – und die Sensation war perfekt, als Oasis eine riesengroße Welttournee ankündigten, die sie allerdings bis dato nicht nach Europa führte.

Oasis-Reunion: So ging es los

Am 01.06.2025 war es dann soweit. Oasis spielten ihr erstes Konzert – nicht in Manchester, wovon man eigentlich hätte ausgehen können, da dies schließlich die Heimatstadt und Brutstätte der Band ist, sondern im walisischen Cardiff, wo Oasis auch die ersten drei Konzerte ihrer Oasis-25-Reunion-Tour absolvierten.

Es wäre eine glatte Untertreibung zu sagen, dass die Euphorie groß gewesen wäre – denn von Anfang an hatte man hier eindeutig das Gefühl, dass es sich nicht um eine einfache Reunion, sondern um ein kulturelles Ereignis handelte.

Die Leute, so sagte Noel Gallagher, würden eben nie vergessen, welches Gefühl man ihnen einmal gegeben habe. Genau darum geht es bei Musik mit kulturellem Impact. Und die 1990er-Jahre in Großbritannien waren in dieser Hinsicht natürlich gigantisch. Oasis, Blur, Pulp und all die anderen stehen nicht nur für große Hits, sondern für ein ganz spezifisches Lebensgefühl. Sie stehen für eine Generation, sie stehen mittlerweile für Nostalgie – für Erinnerungen an eine Zeit, in der vermeintlich alles einfacher gewesen ist.

Das hat natürlich auch damit zu tun, dass jene Menschen, die heute mitten im Leben stehen und Steuern zahlen müssen, damals noch jung waren. Insofern verkauft sich Nostalgie immer – aber es geht weit darüber hinaus. Es ist auch die Erinnerung an eine Ära, in der Musik nicht aus kostenlos downloadbaren oder streambaren Files am Computer bestand.

Erinnerungen an das Epizentrum der Popkultur

Es war die Zeit, in der Großbritannien das Epizentrum der Popkultur war, in der sich Blur und Oasis in den Medien bekriegten, in der Plattenveröffentlichungen kulturelle Großereignisse waren und Menschen eine ganze Nacht vor dem Plattenladen standen, um die CD als Erste zu ergattern.

Erinnerungen an eine vergangene Zeit, die man nun also wieder erleben konnte – vielleicht mit neuen Generationen, vielleicht diesmal sogar mit den eigenen Kindern, mit Fans, die damals noch gar nicht auf der Welt waren, als Oasis die größte Band, wenn schon nicht der Welt, dann zumindest Europas war.

Und auch all diejenigen, die damals die Chance verpasst hatten, Oasis live zu sehen oder vielleicht erst später auf ihren Geschmack gekommen sind, hatten nun die Möglichkeit, die Gallaghers endlich live zu erleben. Die großen Songs endlich live zu erleben. Nun, nicht alle hatten diese Möglichkeit – denn eines war klar: Die Tickets gingen weg wie warme Semmeln, wurden auf dem Schwarzmarkt zu horrenden Preisen gehandelt und waren absolute Mangelware. Alle Shows, egal auf welchem Kontinent, waren restlos ausverkauft. Mit etwas Glück ergatterte man vielleicht noch ein Ticket. Es war jedenfalls absolute Madness.

Oasis trafen voll ins Schwarze

Als Oasis also in Cardiff die Bühne enterten, boten sie genau das, was man von ihnen erwartete, allerdings in absoluter Perfektion. Oasis feuerten – so abgegriffen dieser Ausdruck auch klingt – ein wahres Hitfeuerwerk ab und hauten einen Gassenhauer nach dem anderen raus.

Die Band war grandios und bestand aus drei Gitarristen. Urgitarrist Paul „Bonehead“ Arthurs war dabei, was die Reunion noch viel schöner machte. Liam Gallagher war in bemerkenswert großartiger stimmlicher Form, zeigte sich extrem diszipliniert, ging auf keine Partys, trank während der gesamten Tour keinen Alkohol und war der perfekte Frontmann: launige Ansagen, grandioses Mancunian-Geschnodder, Witzeleien auf der Bühne, der Rockstar-Habitus, die Interaktionen mit seinem Bruder Noel – die Gallaghers waren on fire.

Apropos Interaktion mit Noel: Darauf schaute die Welt ganz besonders. Wie würden die beiden Brüder miteinander umgehen? Und irgendwie schafften sie es, einen wunderbaren Draht zueinander zu finden. Man umarmte sich auf der Bühne, betätschelte sich manchmal – vor allem Liam Noel. Alles schien herzlich, aber nicht übertrieben. Emotionale Übertreibung gab es bei dieser Reunion ohnehin nicht. Man sah, dass sich zwei Brüder wieder angenähert hatten, ihr Verhältnis kitteten und gemeinsam noch einmal die Rock’n’Roll-Welt regierten.

Natürlich spielte die Oasis-Reunion auch mit Nostalgie, was nicht zuletzt die tollen Videos auf der LED-Leinwand zeigten. Selbstverständlich ist das ein großer Teil. Aber man setzte nicht auf reine Sentimentalität – hier gab es Rock’n’Roll. Songs, die damals toll waren, sind heute toll und werden es auch morgen sein.

Die Show ließ keine Wünsche offen. Natürlich durften die großen Hits nicht fehlen. Natürlich gibt es immer Songs, die man hier oder da vermisst. Aber Oasis machten ihre Sache einfach absolut großartig – und die Fans rasteten aus.

Erinnerungen ans Wembley Stadium

Der Autor dieser Zeilen selbst hatte das Glück, am 2. August 2025 Tickets für das Londoner Wembley-Stadion geschenkt zu bekommen. Es ging mit hohen Erwartungen nach London. Die wurden bei weitem übertroffen. Schon bei der Ankunft war klar, dass man es hier mit einem kulturellen Phänomen zu tun hatte. Die Straßen waren voll mit Oasis-Werbung. Konzerne wie Specsavers nutzten das, um griffige Werbeslogans zu platzieren (etwa: „The original Blur rivals“).

Heerscharen von Oasis-Shirts ließen keinen Zweifel daran, was an diesem Abend passieren würde. Und als sogar die Polizisten, die nach dem Konzert zum U-Bahn-Eingang geleiteten bzw. den Regenverkehr kontrollierten, Oasis-Songs über ihre Handys und kleinen Lautsprecher für die Passagiere abspielten, wusste man, dass man es hier tatsächlich mit etwas kulturell und gesellschaftlich Bedeutendem zu tun hatte.

Die größte Reunion aller Zeiten

Der Gedanke, dass man es hier mit der größten Reunion aller Zeiten zu tun hatte, kam sofort, als man ins Stadion hineinkam. Nach dem Konzert war er noch viel stärker da – und je länger man die Tour verfolgte, je intensiver man die mediale Berichterstattung sah, desto mehr verfestigte sich dieser Eindruck. Was hat es bei Rock’n’Roll-Bands sonst noch für große Reunions gegeben? Klar, wir hatten Led Zeppelin – aber das war letztlich nur eine One-Off-Show, die vor allem vor reichen Leuten in der Londoner O2 Arena stattfand. Sie war natürlich grandios und unfassbar wichtig, aber in ihrer Dimension als einmaliges Ereignis schlicht nicht vergleichbar.

Und dann hatten wir in letzter Zeit auch Guns N’ Roses. Die sind inzwischen seit vielen Jahren mit ihrer Not in This Lifetime Tour und den nachfolgenden Tourneen höchst erfolgreich in den Stadien der ganzen Welt unterwegs. Es ist grandios, vor allem die nicht weniger heillos zerstrittenen Mitglieder Axl Rose und Slash wieder gemeinsam auf einer Bühne zu sehen. Guns-N’-Roses-Konzerte sind toll, aber was man von Axl, sicherlich einem der größten Frontmen aller Zeiten, nicht immer behaupten kann: Liam Gallagher und die Oasis von 2025 klingen vielleicht sogar besser denn je. Es gab wirklich nichts, was man am Oasis-Sound hätte bemängeln können. Er klingt frisch und relevant wie eh und je und evoziert eine kulturelle Reaktion im Publikum, wie man sie noch nie gesehen hatte. Man lag sich (sogar als nüchterne Person) mit Fremden in den Armen, machte auf Liams Befehl den Poznan, kam mit überglücklichen Leuten ins Gespräch.

Zum Schluss: Ein paar Statistiken

Zu guter Letzt werfen wir einen Blick auf die Statistik, um die doch recht emotionale Einschätzung zu untermauern. Die Zahlen der Oasis Live ’25 Tour sprechen eine klare Sprache: 41 Konzerte, fast 2,9 Millionen verkaufte Tickets, ein Gesamtumsatz von knapp 400 Millionen Pfund – Werte, die Oasis nicht nur in die Riege der erfolgreichsten Reunions überhaupt heben, sondern sie dort ganz oben platzieren. Mit durchschnittlich über 70.000 Besucherinnen und Besuchern pro Show, durchgehend ausverkauften Stadien auf fünf Kontinenten und Ticket-Anfragen im zweistelligen Millionenbereich wurde eindrucksvoll bestätigt, was man als Fan bereits im Stadion spürte: Diese Reunion war nicht nur ein nostalgisches Wiedersehen. Sondern ein globales kulturelles Ereignis, das in dieser Dimension seinesgleichen sucht … und hoffentlich fortgesetzt wird.

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