
Der Summer Of Britpop ist zurück. Und mit ihm die größte Band von allen: Oasis. Wir waren beim ersten Wochenende der gigantischen Comeback-Tournee in Cardiff. Und haben eine Menge gelernt. Hier kommen unsere Erkenntnisse.
Wie groß Oasis sind, wird an diesem Wochenende in Großbritannien auf besonders eindringliche Weise deutlich. Da geben Black Sabbath in Birmingham ihr Abschiedskonzert, da spielt Lana Del Rey zwei Nächte im Wembley Stadion und Sabrina Carpenter zwei Shows im Hyde Park. Und die Welt redet doch nur über Oasis. Darüber, dass Liam und Noel Gallagher wirklich wieder vereint auf der Bühne stehen. Am 4. und 5. Juli 2025 geben Oasis zwei spektakuläre Comeback-Konzerte vor jeweils knapp 75.000 Menschen im walisischen Cardiff. Und zeigen mit dieser Machtdemonstration zwei Dinge: Rock’n’Roll ist am Leben. Und sie sind immer noch die größten. Was wir dabei gelernt haben? Hier haben wir unsere Erkenntnisse gesammelt.
1. Ohne Fischerhut geht gar nichts
Es mögen 30 Jahre seit der Britpop-Explosion vergangen sein. Die Mode ist spätestens jetzt zurück: Ganz Cardiff trägt den Fischerhut, die offizielle Kooperation mit Adidas führt dazu, dass man sich auch modetechnisch in die Neunziger zurückversetzt fühlt. Die meisten Fans sind damals schon so rumgelaufen. Und wer nicht, kleidet sich einfach im Oasis-Pop-Up-Store neu ein. Vorausgesetzt man möchte stundenlang in der Schlange warten.
2. Brit:innen rocken anders
Ganz Cardiff ist an diesem Wochenende voller Oasis-Fans. Viele waren damals schon Fans, viele waren 1995 noch gar nicht geboren. Alle vereint die Liebe zum Rock’n’Roll und die Begeisterung für Livemusik. Aus jedem Pub schallt Oasis oder anderer Rock’n’Roll, die ganze Stadt taumelt zu lauter Gitarrenmusik auf den Abend zu. Großbritannien liebt diese Musik immer schon inniger und leidenschaftlicher als alle anderen.
3. Oasis sind bigger than Jesus
Bei den Beatles löste das damals einen handfesten Skandal aus, ein paar Jahrzehnte später hat man es einfach akzeptiert: Oasis sind die Größten. Das waren sie in den Neunzigern, als sie natürlich trotzdem irgendwie cooler waren als Blur, und das sind sie bis heute. Die Band wird religiös verehrt, das Comeback ist heilsam für viele geschundene britische Herzen, die seit dem Brexit sehr viel Mist mitmachen mussten.
4. Lauter ist besser
Eine Rock’n’Roll-Show braucht Größe und Größenwahn. Oasis verkörpern beides. Und drehen bei ihren beiden ersten Comeback-Konzerten ordentlich auf. Es dröhnt, es scheppert, es knallt gewaltig. Sogar außerhalb des Stadions hört man es mehr als anständig, in der Halle erlebt man eine Katharsis aus Lärm.
5. Textsicherheit aus einer anderen Welt
So laut es auch ist: Oasis können ihre Fans nicht übertönen. Jeweils 74.500 Kehlen grölen praktisch jede Zeile, jedes Wort mit. Diese Songs haben sich tief eingebrannt in die Identität des Landes, waren Kompass für eine ganze Generation, sind quintessenziell britisch. Sie endlich wieder gemeinsam singen zu können, gleicht einer spirituellen Erfahrung.
6. Noel und Liam sind besser gemeinsam
Es hat 16 Jahre gedauert, aber: Die Gallaghers haben endgültig eingesehen, dass sie zu zweit eben doch am stärksten sind. Die beiden wieder gemeinsam auf einer Bühne zu sehen, wirkt regelrecht surreal. Die Brüder haben erkannt, was sie aneinander haben, recken gemeinsam ihre Fäuste in die Höhe, stehen endlich wieder Seite an Seite. Das Verrückte: All das wirkt, als hätte es all diese Jahre der Streitereien und Zerwürfnisse und Anschuldigungen nie gegeben.
7. Hits sind nicht ohne Grund Hits
Wie über alles andere, wurde im Vorfeld der Reunion des Jahrhunderts auch über die Setlist spekuliert. Am Ende machen Oasis auch da alles richtig – und liefern ein furioses Best-Of-Programm, das keine Wünsche offen lässt. Sie eröffnen natürlich mit Hello und schließen mit Champagne Supernova. Dazwischen: Britpop-Geschichte pur. Rock’n’Roll Star, Stand By Me, Don’t Look Back In Anger… Klassiker nach Klassiker kracht ins ergriffene Hallenrund.
8. Ein Herz für Wonderwall
Mehrfach schon haben sich Oasis abfällig über Wonderwall geäußert, und wenn wir mal ehrlich sind, ist der größte Hit der Band alles andere als ihr bester. In Cardiff spielen sie ihn dennoch. Und Wales dankt es ihnen natürlich.
9. Es kann nur einen geben
Wer bitteschön hat die Coolness und die Größe, für die größte Rock’n’Roll-Band des Planeten zu eröffnen? Nur einer: Richard Ashcroft. Praktisch der dritte Gallagher, eine weitere strahlende Ikone des Britpop und als lässiger Frontmann von The Verve selbst ein veritabler Rock’n’Roll Star. Er spielt ein kurzes, fantastisches Set, zieht seine Sonnenbrille die ganze Zeit nicht ab und schließt mit Bittersweet Symphony. Es gab keine andere Möglichkeit als ihn.
10. Biblisch
Als man Liam Gallagher im Vorfeld der Tour fragte, wie das denn alles werden wird, wenn Oasis wieder zusammen auf der Bühne stehen, sagte er nur „biblisch“. Nach diesen beiden ersten Konzerten in Cardiff ist klar: Er hat nicht übertrieben.