Also, was genau waren Mods?
Es mag Euch überraschen zu hören, dass der Begriff seinen Ursprung im Modern Jazz der 1950er Jahre hat. Damals wurden Musikfans, die die Platten von Labels wie
Blue Note Records hörten, ‘Modernists’ genannt – oder eben Mods. Die Mod-Bewegung entstand in London und schon Mitte der 60er konnte man die gut gekleideten jungen Leute in italienischen Anzügen und Scootern – Lambrettas oder Vespas – in Clubs in ganz Großbritannien tanzen sehen.
Digging deeper...
Die Liebe zur Mode war ein wichtiger Teil der Modszene, aber auch ohne Musik wäre sie nicht denkbar gewesen. Es war die schwarze Musik, zu der die Mods in Clubs wie dem Marquee, La Discothèque, The Flamingo und ihrer spirituellen Heimat, dem angesagtesten Club von allen, The Scene Club im Ham Yard in London, tanzten. Für viele Leute sind heute
The Who gleichbedeutend mit der Modkultur. Sie waren eine der ersten vom Mod beeinflussten Bands und ihre Zugehörigkeit ist vor allem ihrem Album Quadrophenia (1973) ganz deutlich anzumerken. Als 1979 das Mod-Revival Fahrt aufnahm, von dem auch
The Jam ein Teil waren, wurde das Album sogar in einem Film verarbeitet. Die Musik von The Who fand bei den Mods aus den ländlichen Gegenden sehr viel mehr Anklang als bei den Londonern, die sich wahrscheinlich für etwas Besseres als ihre Kameraden in der Provinz hielten.
Die Begeisterung der Mods für schwarze Musik galt den Künstlern auf
Motown, Stax Records, und Aufnahmen unbekannter amerikanischer Labels, sowie Jamaican Ska. Die Tourneen von Motown-Künstlern in Großbritannien und ihr früher Ansturm auf die britischen Charts mit den
Supremes,
Martha and the Vandellas und
Marvin Gaye – dem bestangezogenen der bestangezogenen Motown-Künstler – wurde von den Plattenkäufern aus der Modszene, nicht nur in London, sondern immer mehr auch in anderen großen und kleineren britischen Städten, angefeuert.
Die Fernsehshow ‘Ready Steady Go! – the Weekend starts here’, die im August 1963 auf Sendung ging, war absolutes Pflichtprogramm für jeden Mod, der was auf sich hielt; und auch all jene, die zwar vorgaben Mods zu sein, aber noch nicht mal alt genug waren, um einen Scooter zu besitzen (das Mindestalter für den Führerschein war 16). In der ersten Folge von RSG! traten Bill Fury, Brian Poole und die Tremeloes auf, aber es dauerte eine Weile, bis sich die Sendung etablierte. Von Anfang an durchstreiften die Produzenten die Clubs und Tanzbars in und um London - wie z. B. den Orchid Ballroom in Purley - auf der Suche nach den besten Tänzern, von denen alle zu den neuesten Sounds der amerikanischen Black R&B- und Soulkünstler tanzten.
The Who traten Ende Januar 1965 mit einer Playbackversion von ‘I Can’t Explain’ zum ersten Mal bei RSG! auf und wer sie dort gesehen hat, konnte sofort erkennen, was die Band so großartig machte. Es gibt keine Bilder von dem Auftritt, aber wenn man sich den Auftritt in der amerikanischen Fernsehsendung Shindig ansieht, der sechs Monate später in den Twickenham Studios aufgezeichnet wurde, dann versteht man die Aufregung. Daltrey sah in seinem Hemd fantastisch aus und er erhob hier definitiv Anspruch auf den Titel als bester Rocksänger aller Zeiten.
Moon prügelte das Leben aus seinem Schlagzeug heraus und der dreckige Sound von Townshends Gitarre ist einfach perfekt.
Oh, und auf Keith Moons Sweatshirt prangt das kreisrunde rot-weiß-blaue Logo der Royal Air Force – welches mittlerweile untrennbar mit der Modszene verbunden ist.
Im April 1965 hatte
Dusty Springfield die Idee, eine Special Edition von Ready Steady Go! dem Motown zu widmen. Die Show begann mit einem Duett des Klassikers ‘Wishin and Hopin’ zwischen Dusty und Martha and the Vandellas. Außerdem traten
Smokey Robinson and the Miracles,
Stevie Wonder, Marvin Gaye,
The Temptations und The Supremes auf. Die Supremes, mit Frontsängerin
Diana Ross, zeigten zum ersten Mal ihren ‘Stop In The Name of Love’-Tanz und die Temptations performten ‘My Girl’ mit seiner ebenfalls nicht zu verachtenden Choreographie. Und ab dem Moment tanzten die Mods genau so; es war einfach total cool.
The Who wurden stark von der Modkultur und der Musik beeinflusst, und als sie den Kleidungsstil annahmen und begannen, schwarze Musik zu covern, verbreiteten sie die Modkultur noch weiter. Auf ihrem Debütalbum My Generation (1965) coverten sie
James Browns ‘I Don’t Mind’ und auf A Quick One (1966) Martha and the Vandellas‘ ‘Heatwave’.
Bei ihren frühen Liveshows sangen The Who Songs von Miracles,
Bo Diddley, Booket T & the MG’s und
Howlin’ Wolf. Mods liebten die Tanzmusik von Motown und Stax, und den Blues von Chess Records. Auch Ska, der Vorbote von Reggae, war für Mods Pflicht: Songs wie Jimmy Cliffs ‘King of Kings’ und ‘Train to Skaville’ von The Ethiopian.
Die Carnaby Street war ein Mekka für Mods. 1963 eröffnete John Stephen, der selbsternannte King der Carnaby Street, seinen ersten Shop, ‘His Clothes’. Bald folgten ‘I Was Lord Kitchener’s Valet’, ‘Lady Jane’, ‘Kleptomania’, ‘Mates’, ‘Ravel’ und noch einige mehr, die sich speziell an Mods richteten. Für die meisten männlichen Mods verkörperte kaum jemand den Stil besser als Marvin Gaye. Seine unverwechselbare Art, den schicksten Anzug von allen zu tragen, hätte schon ausgereicht, ihn zum Star zu machen. Aber sein musikalisches Talent war außergewöhnlich. Sein erster UK-Hit als Solokünstler, ‘How Sweet It Is (To Be Loved By You)’, entwickelte sich zu einer Art Mod-Hymne und für viele Mod-Pärchen waren seine Duette mit Kim Weston und
Tammi Terrell ‘unser Lied’. Eine spätabendliche Knutscherei zu ‘Your Precious Love’ von Marvin und Tammi war für viele Teenager der Vorgeschmack auf Sex.
Im Rahmen ihrer Verbreitung über das Stadtgebiet Londons hinaus, entstanden regionale Variationen der Modkultur. Am bekanntesten ist wohl der Northern Soul. Er hatte seine Wurzeln in der Modszene der 1960er Jahre und konzentrierte sich im Norden Englands, und besonders in Clubs wie dem Wigan Casino, dem Twisted Wheel in Manchester und dem Torch in Stoke-on-Trent. Northern Soul ist viel weniger Mainstream als normale
Soul Musik und es geht hauptsächlich ums Tanzen. Er führte zu Disco und später auch Breakdance. Anwesende im Wigan Casino konnte jeden Abend Spins, Flips, Karate Kicks und Backdrops sehen, die allesamt von amerikanischen Soulacts inspiriert waren, die zu der Zeit in Großbritannien auf Tour waren.
The Jam waren eine Punkband, aber in ihren Marvin Gaye-Gedächtnisanzügen und musikalischen Einflüssen wie The Who und Small Faces waren sie der Inbegriff einer Mod-Revivalband. 1977 wurden sie von Polydor unter Vertrag genommen und die Songs auf ihrem ersten Album, das im Mai desselben Jahres erschien, darunter z. B. ‘Non Stop Dancing’ und ein Cover von dem zehn Jahre zuvor schon von The Who aufgenommenen ‘The Batman Theme’, erinnerten sehr an die Modkultur. Die B-Seite der zweiten Single war ein von Bassist Bruce Foxton geschriebener Song mit dem vielsagenden Titel ‘Carnaby Street’. Nach der Auflösung von The Jam gründete Paul Weller 1983 zusammen mit Mick Talbot die Band The Style Council. Talbots frühere Band hieß The Merton Parkas: Ein Parka gehörte zur Standardgarderobe jedes Mods, wenn er auf seiner Lambretta TV 175 oder Li125 unterwegs war. Komplettiert wurde das Outfit durch eine Sonnenbrille – bei jedem Wetter – Bügelfaltenhose, Ben Sherman Hemd, kein Helm, und einen Fuchsschwanz, den es bei Esso kostenlos zur Tankfüllung gab und der an der knapp 2 Meter langen Antenne am hinteren Ende des Scooters befestigt wurde.
Mehr brauchte man nicht, um zur ‘In Crowd’ dazu zu gehören. ‘The In Crowd’ war auch der Titel des Dobie Gray Songs, einer weiteren Mod-Hymne. Einen eindrucksvollen Beleg, dass der Song nicht unterzukriegen ist, liefert Gregory Porters Album Liquid Spirit (2013 auf Blue Note), auf dem sich eine Coverversion von ‘The In Crowd’ findet, deren Sound unweigerlich Bilder von Marvin Gaye vor dem inneren Auge hervorruft.
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