„One Size Fits All“: Als Frank Zappa & The Mothers Of Invention ihren Abschied einläuteten
popkultur24.07.25
One Size Fits All – Was bei Socken oft eine Lüge ist, trifft beim vorletzten Album von Frank Zappa & The Mothers Of Invention voll ins Schwarze. Die Platte deckt fast alle Tugenden der virtuosen Band ab und ist ein guter Einstieg für Zappa-Neulinge – obwohl sie unter Sauerstoffmangel aufgenommen wurde.
Im August 1974 sind Frank Zappa & The Mothers Of Invention in Höchstform. Hinter ihnen liegt eine schweißtreibende Tour durch die USA; die Pause danach nutzen sie, um die Arbeit an ihrem 14. Album One Size Fits All aufzunehmen. Die Besetzung gleicht einem perfekt trainierten Sondereinsatzkommando für experimentelle Rockmusik: George Duke spielt Keyboard, Chester Thompson das Schlagzeug, Tom Fowler den Bass (er ist auch auf Ray Charles’ Album Genius Loves Company von 2004 zu hören), Napoleon Murphy Brock die Flöte und das Saxofon. Legendenstatus genießt auch Percussionistin und Vibraphon-Virtuosin Ruth Underwood, die Frau von Keyboarder und Saxofonist Ian Underwood, der ebenfalls wiederholt bei den Mothers anheuerte. „Wir konnten alles spielen, was wir wollten“, erklärt Bassist Fowler im Jahr 2000 in einem Interview. Beste Voraussetzungen für die nächste Platte also – wären da nicht die Höhenbedingungen im Studio.
One Size Fits All: Ein Zappa-Standardwerk
Die Aufnahmen von One Size Fits All gehen in zwei Studios in Los Angeles über die Bühne, aber auch in den Caribou Studios in Colorado. Der Aufnahmetempel liegt mitten in den Rocky Mountains – etwa 2.500 Meter über dem Meeresspiegel. „Nach meinen Sessions brauchte ich Sauerstofftanks“, erinnert sich Schlagzeuger Chester Thompson an die Aufnahmen in luftiger Höhe. Zum Glück ist man im Studio auf sich verausgabende Musiker:innen eingestellt – und es stehen tatsächlich mehrere Sauerstoffflaschen bereit. Das sind noch nicht alle Besonderheiten, die die Höhe mit sich bringt. „Die Entfernung zwischen den Luftmolekülen beeinflusst den Sound der Instrumente und die Akustik“, erklärt Bandleader Frank Zappa 1978 im Interview mit einem Recording-Magazin. „Außerdem entstehen Probleme beim Monitoring.“ Trotz dünner Luft heben Frank Zappa und die Mothers auf One Size Fits All in neue Sphären ab – und schaffen ein Meisterwerk.
One Size Fits All: Der Name der Platte ist Programm. Wer bisher absolut keine Ahnung hat, was die experimentierfreudige Truppe um ihr bärtiges Mastermind Frank Zappa musikalisch zu bieten hat, kann die 14. Platte der Band als eine Art Einstieg in die Welt des Wahnsinns betrachten. Hier gibt es alles, was die Mothers ausmacht: Fingerverrenkungen am Gitarrengriffbrett, die jeden Normalsterblichen ins Krankenhaus befördern würden, absurden Humor, der seine ganz eigenen Regeln befolgt, Vibraphon-Einlagen, die das Instrument von einer nie zuvor gehörten Seite zeigen und natürlich die Zappa-typischen komplexen Kompositionen, bei denen man sich mit jeder Sekunde mehr fragt, wie es möglich ist, dabei den Überblick zu behalten. Zudem gibt’s ein paar Gastauftritte, zum Beispiel von Johnny „Guitar“ Watson und Captain Beefheart, Frank Zappas Bruder im Geiste.
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Der Anfang vom Ende: Zappas Quasi-Abschied mit den Mothers
Leider läutet One Size Fits All auch das Ende von Frank Zappa & The Mothers Of Invention ein. Auf einen Höhepunkt der Band folgt das Tief und die Musiker:innen leben sich auseinander. Bongo Fury, das wirklich allerletzte gemeinsame Album der Gruppe, erscheint am 2. Oktober 1975, besteht allerdings vor allem aus Live-Aufnahmen. Fünf Jahre später rufen einige ehemalige The-Mothers-Musiker:innen, wie zum Beispiel Bassist Tom Fowler, die Band The Grandmothers ins Leben, mit der sie vor allem Mothers-Songs von 1965 bis 1969 zum Besten geben, also aus einer Phase, in der Fowler zum Beispiel noch gar nicht in der Band war. Den Nebenverdienst seiner ehemaligen Weggefährt:innen findet Oberchef Frank Zappa nicht so gut, doch vor seinem Tod im Jahr 1993 stehen er und seine alten Bandkolleg:innen wieder in Kontakt. Es wäre auch schade gewesen, wenn nicht, wenn man bedenkt, wie viel Großes diese fantastischen Künstler:innen miteinander geleistet haben.