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Foto: Mairo Cinquetti/NurPhoto via Getty Images

„Walls Of Jericho“: Helloween und ihr wegweisendes Debüt

Es ist der Beginn eines deutschen Metal-Märchens: Am 18. November 1985 veröffentlichen Helloween aus Hamburg ihr Debütalbum Walls Of Jericho und legen damit den Grundstein für ihre jahrzehntelange Erfolgsgeschichte. Nicht nur das: Sie leisten auch einen wichtigen Beitrag zur Erfindung des Speed Metal.

Hamburg, 1984. Aus den lokalen Bands Gentry, Iron Fist, Second Hell und Powerfool geht eine neue Gruppe hervor. Wie Helloween damals zu ihrem Namen kommen, ist nicht eindeutig überliefert. Laut mancher Quellen hat der fast gleichnamige Horrorfilm von Genre-Meister John Carpenter etwas damit zu tun. Andere behaupten, Drummer Ingo Schwichtenberg habe sich eine Bezeichnung mit dem Wort „Hell“ darin gewünscht. Vielleicht stimmt beides. Wichtig ist nur: Die Nordlichter treten damals an, um die deutsche Metalszene gehörig durchzurütteln. Das gelingt ihnen – auch wenn sie ihren finalen Sound zunächst noch finden müssen, wie auf ihrem Debüt Walls Of Jericho deutlich zu hören ist. 

Walls Of Jericho: Helloween und ihr Metal-Turbostart

Schon kurz nach ihrer Gründung kommen Helloween bei Noise Records unter – Mitte der Achtziger eine der Top-Adressen, wenn es um harte Klänge geht. Wenig später, im Mai 1984, erscheint der Split-Sampler Death Metal mit Songs von Helloween, Hellhammer, Running Wild und Dark Avenger. Hansen und Co. steuern die beiden Songs Oernst Of Life (Aua …) und Metal Invaders bei. Letzteren spielen sie kurz danach gleich noch einmal ein, und zwar für ihr Debütalbum Walls Of Jericho. Dabei tritt die Band noch stärker aufs Gaspedal als für den Split-Sampler, sodass die Neuaufnahme von Metal Invaders deutlich schneller gerät als die erste Version. Generell: Helloween klingen auf ihrem Debüt härter als auf ihren späteren Platten. Das hat Vorteile – aber auch Nachteile.

Ein großer Vorteil: Helloween klingen auf Walls Of Jericho härter. Punkt. Die Kehrseite der Medaille: Dadurch, dass die Hamburger 1985 noch nicht ihr finales Line-up und somit auch nicht ihren finalen Sound gefunden haben, ziehen sich streckenweise Wachstumsschmerzen durch ihr Debüt. Das liegt unter anderem daran, dass Gitarrist Kai Hansen damals eher notgedrungen auch den Gesang übernimmt. Vor allem, als die Arrangements der Band immer umfangreicher werden, entstehen durch den Doppel-Job Probleme. „Ich hatte nie Gesangsstunden oder so“, verrät Hansen Jahre später in einem Interview. „Und an der Gitarre war ich auch noch nicht so sicher, also wurde es schwierig.“ Liebenswert klingt Walls Of Jericho trotzdem – und bleibt wegen seiner Songs bis heute ein Fan-Favorite.

Helloween und ihr wegweisendes Debüt

Da wären zum Beispiel die Speed-Metal-Blaupause Murderer, der NWOBHM-Gedächtnissong Victim Of Fate  oder der Quasi-Titeltrack Walls Of Jericho/Ride The Sky, der nach einem feierlichen Fanfaren-Intro in ein Heavy-Metal-Donnerwetter der heftigsten Sorte umschlägt. Hier stimmt übrigens auch gesanglich alles und Hansen erledigt einen hervorragenden Job. Etwas später auf dem Album zu finden ist How Many Tears, ursprünglich ein Powerfool-Song. Das siebenminütige Melodie-Meisterwerk liefert einen 1A-Vorgeschmack auf das, was Helloween in den kommenden Jahren ausmachen soll und ist völlig zurecht ein Klassiker. Dennoch: Hansen fühlt sich am Mikro zunehmend überfordert und läutet damit einen wichtigen Wandel ein.


„Wir dachten, es wäre cool, einen richtigen Frontmann zu haben, einen echten Sänger“, erklärt Hansen im Interview. „Wir hatten Queensrÿche und ihr erstes Album gehört und dachten, wow, das wäre super, wenn wir auch so einen Sänger hätten, der die hohen Noten zuverlässig trifft und zudem jede Menge Ausstrahlung hat.“ Fündig werden Helloween mit Michael Kiske, der damals in einer Gruppe namens Ill Prophecy singt. Das erste Angebot von Helloween lehnt er ab. Die Begründung: Walls Of Jericho haut ihn nicht gerade aus den Socken. Doch die Hamburger können ihn schließlich überzeugen und ebnen damit den Weg für die Keeper Of The Seven Keys-Dilogie (1987 und 1988). Doch das sind wieder einmal andere Geschichten.

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