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Foto: Fin Costello/Redferns/Getty Images

Der prügelnde Gitarrengott: „Fast“ Eddie Clarke von Motörhead

„Schnell“ heißt er, „schnell“ ist er: „Fast“ Eddie Clarke trägt seinen Spitznamen nicht umsonst. Doch wer war der Mann, der für Motörhead so herrlich aufs Gaspedal treten konnte? Werfen wir einen Blick auf seinen Werdegang — und auf seine wilden Prügeleien mit Schlagzeuger Phil „Philthy Animal“ Taylor.

von Timon Menge

Hier könnt ihr euch Ace Of Spades von Motörhead anhören:

Overkill, Bomber, Ace Of Spades: Eins haben all diese legendären Motörhead-Alben gemeinsam. Der Mann an der Gitarre heißt „Fast“ Eddie Clarke. Von 1976 bis 1982 lässt der Brite seine Finger unter dem „Snaggletooth“-Banner über das Griffbrett flitzen; keine Band rockt zu jener Zeit lauter und schneller als Motörhead. Hinter der Bühne prügeln sich die Jungs auch gerne mal, wobei Clarke laut Motörhead-Mastermind Lemmy Kilmister besonders rigoros zur Sache geht. Doch sobald das Schweinwerferlicht aufflammt, ist klar: „We are Motörhead and we play Rock’n’Roll.“ Warum war der Gitarrist so wichtig für Motörhead? Unternehmen wir eine kleine Zeitreise durch das Leben des „Fast“ Eddie Clarke.

„Fast“ Eddie Clarke: Proleten-Rock und Prügeleien

Das Licht der Welt erblickt Edward Allan Clarke am 5. Oktober 1950 in Twickenham (England). Schon mit 15 Jahren hat er in unterschiedlichen lokalen Bands gespielt; 1973 tritt er der Gruppe Zeus bei. (Zu der gehört übrigens auch Curtis Knight, der einige Jahre zuvor mit einem jungen Gitarristen namens Jimi Hendrix zusammengearbeitet hatte.) Band um Band gründet Clarke. Mit seiner Gruppe Blue Goose kann er sogar einen Plattenvertrag eintüten. Doch so richtig verändern soll sich sein Leben erst, als er Mitte der Siebziger ein Hausboot im Londoner Stadtteil Chelsea renoviert. Clarkes Kollege an jenem Tag hört auf den Namen Phil Taylor und erzählt ihm von der Band, in die er gerade eingetreten ist: Motörhead.

Bis auch Lemmy Bekanntschaft mit Clarke macht, dauert es noch ein wenig. Erst „Aeroplane Gertie“, die Empfangsdame eines Aufnahmestudios, stellt die beiden Musiker vor. („Aeroplane Gertie“ heißt die Dame, weil sie oftmals einen Hut mit einem angesteckten Plastikflugzeug trägt.) Wenig später nimmt Clarke an einer Motörhead-Probe teil. Gründungsgitarrist Larry Wallis gehört damals auch noch zur Band, verspätet sich an jenem Tag aber und steigt nach der Session aus. Das neue Line-up: Lemmy an Mikro und Bass, Phil Taylor am Schlagzeug und „Fast“ Eddie Clarke an der Gitarre. Taylor und Clarke verstehen sich gut — manchmal sogar etwas zu gut, wie Lemmy in seiner Autobiografie White Line Fever schreibt.

„Sie standen sich so nah wie Brüder“, berichtet die Rock’n’Roll-Legende. „Das war gelegentlich problematisch, denn sie stritten auch wie Brüder. Der eine drehte sich beispielsweise um und der andere sagte etwas und im nächsten Moment – peng – schlugen sie sich gegenseitig die Birne weich. Die beiden prügelten sich die ganze verdammte Zeit.“ Auf der Bühne klappt es dafür umso besser. Lemmy, Taylor und Clarke harmonieren perfekt und bilden gemeinsam das vielleicht legendärste aller Motörhead-Line-ups. Das liegt nicht zuletzt an Clarkes virtuosem und schwer kopierbarem Gitarrenspiel, denn der junge Wilde weiß nicht nur mit dem Tremolo umzugehen, sondern auch, dass Geschwindigkeit bei Motörhead eine zentrale Rolle spielt. „Fast Eddie“, eben.

„Fast“ Eddie Clarke, das Rock’n’Roll-Genie

Ebenfalls wichtig: der musikalische Kontrast zwischen Clarke und seinen beiden Kollegen. Wo Lemmy und Taylor gerne losknüppeln und die Anlage auf elf drehen, ist Clarke im Rock’n’Roll der Fünfziger zuhause und bringt mit seinem lockeren Spiel den Boogie in den Motörhead-Sound. Manchmal bemerkt Clarke seine Genialität noch nicht einmal. „Capricorn schrieben wir in einer Nacht“, erinnert sich Sänger Lemmy. „Eddies Solo in dem Stück erfolgte, wie ich mich erinnere, während er stimmte. Das Band lief, während er mit seiner Gitarre herumalberte, und Jimmy [Miller, Produzent] legte etwas Echo darüber. Als Eddie mit dem Stimmen fertig war, kam er rein und sagte: ‚Ich mach‘ es jetzt’, und Jimmy antwortete ihm: ‚Oh, wir haben es schon.‘ Das sparte uns Geld!“

Als Motörhead im Mai 1982 ihre EP Stand By Your Man aufnehmen, kommt es zum Streit. Das ist im Bandgefüge nichts Neues, doch diesmal knallt es heftiger als sonst. Der Hintergrund: Für die EP arbeitet Lemmy mit Sängerin Wendy O. Williams von Plasmatics zusammen, die nicht auf Anhieb die richtigen Töne trifft. Clarke wird ungeduldig — und das Szenario endet schließlich damit, dass er noch am selben Tag die Band verlässt. „Tatsächlich verließ Eddie die Band ungefähr alle zwei Monate“, schreibt Lemmy in seiner Biografie. „Aber diesmal fragten wir ihn nicht, ob er zurückkommen würde.“ An Clarkes stelle tritt Brian Robertson von Thin Lizzy, mit dem Motörhead ein einziges Album aufnehmen. Doch das ist wieder einmal eine andere Geschichte.

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