Ein animiertes Bild auf einer Schallplatte? Das geht! Die sogenannten Zoetrope-Platten bedienen sich bei einer der ältesten Formen des Bewegtbilds, die aus dem 19. Jahrhundert stammt. Aber wie funktioniert das und was ist der Unterschied zu anderen Schallplatten?
Ein weiterentwickeltes Daumenkino
Im Jahr 1834 erfand William George Horner einen der ersten Vorläufer der Animation: das Zoetrop. Es handelt sich um eine zylindrische, mit Schlitzen versehene Trommel, an deren Innenseite ein Papierstreifen befestigt ist. Auf diesem Streifen sind mehrere Bilder gezeichnet, die nacheinander den Verlauf einer Bewegung darstellen. Wenn sich nun diese Trommel dreht, kann man durch die Schlitze die Bilder als flüssige Bewegung wahrnehmen – quasi eine Art Daumenkino und die Grundlage für Filmprojektoren.
Nun sind Vinyl-Nerds natürlich immer auf der Suche nach einem neuen, fancy Hingucker-Feature, das man Schallplatten verleihen kann – warum also nicht Platten als Zoetrop? Die sind immerhin auch rund und drehen sich, daher kann man hier einen ähnlichen Effekt erzeugen.
Wie spielt man eine Zoetrope-Platte richtig ab?
Das Ganze funktioniert so, dass die Platte selbst quasi als der Papierstreifen fungiert; das heißt, die Plattenoberfläche zeigt die vielen Bilder, die zusammen ein bewegtes Bild ergeben. Wenn man sie nun aber lediglich auf den Plattenteller legt und drehen lässt, wird man noch wenig erkennen. Das Bild wird verschwommen aussehen, denn es fehlt das Element, das die Bewegung in einzelne Frames aufteilt – das waren beim Zoetrop die Schlitze in der Trommel. Das kann man aber auf verschiedene Weisen simulieren.
Die eine Möglichkeit ist, eine Strobolampe mit 30 Hertz auf die Platte zu leuchten. Prinzipiell gilt: Je mehr direktes Licht auf die Platte scheint, desto besser. Wer keine Strobolampe besitzt, kann zur anderen Möglichkeit greifen: dem Handy. Durch dessen Kamera sollte man das Bild erkennen, wenn man sie auf 30 FPS stellt – in manchen Fällen funktionieren auch 24 FPS besser. Zur Unterstützung kann man die Belichtung der Kamera anpassen. Alternativ gibt es auch Apps, die aus der Handy-Taschenlampe ein Strobolicht machen.
Die Entstehung des Zoetrope-Hypes
Schon in den 70ern wurde mit den ersten Platten dieser Art experimentiert. Wie Drew Tetz, einer der gefragtesten Zoetrope-Vinyl-Designer aktuell, in einem Interview mit Precision Pressing erklärte, entstand die größte Pionierarbeit dieses Vinylformats aber vor allem in den frühen 2000ern. Als einen persönlichen Helden in diesem Gebiet sieht er Kev Foakes alias DJ Food, einen Grafikdesigner, der in den 2000ern insbesondere auf dem Label Ninja Tune einflussreiche Zoetrope-Platten erschuf.
Mittlerweile ist der Zoetrope-Hype in den letzten Jahren aber auch endgültig im Mainstream angelangt und immer mehr Künstler:innen veröffentlichen ihre Alben als solche limitierten Pressungen. Bei uns im Store gibt es einige Schmuckstücke: Aktuell kann man beispielsweise eine 7-Inch-Single von Abbas Happy New Year vorbestellen, bei der – passend zum Songtitel – der Abba-Schriftzug in einer Feuerwerk-Grafik erscheint. Ebenfalls vorbestellbar ist John Lennons War Is Over! (If You Want It), dessen Zoetrop-Effekt Ausschnitte aus dem Animations-Film War Is Over! zeigt.
Zoetrope-Vinyl im Circle Store:
Wie werden solche Platten hergestellt?
So trippy die Zoetrope-Platten aussehen, so sind sie letzten Endes auch einfach Picture Discs. Bei Picture Discs zeigt die Platte ein statisches Bild, das in der Herstellung auf die beiden Seiten der Vinylmasse in Papierform gepresst wird. Auf diesen dünnen Papierfilm kommt dann eine Polyethylenfolie. Die Maschinen ritzen daher die Rillen – also die Musik – nicht in die Vinylmasse, wie es bei regulären Schallplatten der Fall ist, sondern in die Polyethylenfolie.
Dahingehend ist die Herstellung von Picture Discs und Zoetropes komplett gleich, nur dass bei Zoetropes auf der Papierschicht eben viele kleine Bilder nebeneinander abgedruckt sind. Die einzige Hürde daran liegt wahrscheinlich bei den Illustrator:innen, die darauf achten müssen, dass die Bilder beim richtigen Tempo im genau richtigen Abstand nebeneinander liegen, um eine flüssige Bewegung zu formen – ein bisschen Mathematikverständnis ist also nötig, wenn man solche Platten designen will. Aber an sich sind sie nicht komplizierter herzustellen als Picture Discs.
Preislich unterscheidet sich Zoetrope-Vinyl daher auch nicht stark von anderen Platten; man bekommt also besonders aussehende Platten für einen humanen Preis! Und die Hörerfahrung kann man dadurch nochmal visuell unterstützen – oder auch einfach seine Freund:innen mit dem trippy Feature beeindrucken.