Featured Image
Foto: BIGHIT

CORTIS: Ist die Welt bereit für K-Trap?

Bitte Zählermarke einfügen

Im August debütierte mit CORTIS eine neue fünfköpfige Boygroup aus dem Hause BIGHIT, das heute zu HYBE Labels gehört. Da werden K-Pop-Fans automatisch hellhörig, denn BIGHIT ist immerhin die Hitschmiede, die BTS hervorgebracht hat. Schon die erste Veröffentlichung, GO!, begeisterte die einen und verunsicherte die anderen. Der Grund: Die Fünf mischen K-Pop mit Einflüssen wie Mac Miller, Tyler, The Creator und vor allem dem Trap-Sound, der von Artists wie Travis Scott, Gucci Mane, Playboi Carti, Migos oder Lil Baby geprägt wurde. Da fragten sich einige: Funktioniert das? Und vor allem: Dürfen die das?

Wer sind CORTIS?

Der Name CORTIS ist eine Abkürzung für „Color Outside The Lines“. Das soll laut BIGHIT bedeuten, dass diese Band recht freigeistig unterwegs ist und kreativ neue Wege geht. Die fünf jungen Männer heißen Martin, James, Juhoon, Seonghyeon und Keonho und seien laut BIGHIT „a next-generation creator crew“. Tatsächlich sind die Member nicht nur Performer, sondern ausdrücklich involviert in Songwriting, Choreografie, Produktion und in der Gestaltung der Outfits und Videos.

Der 17-jährige koreanisch-kanadische Bandleader Martin zum Beispiel produzierte schon in den letzten Jahren für HYBE und hat Co-Producer-Credits bei erfolgreichen K-Pop-Songs wie Magnetic von Illit, Outside von Enhypen oder Beautiful Strangers von TXT. Er nennt Mac Miller und Tyler, The Creator als wichtige Einflüsse. James wiederum, der mit 19 der Älteste in der Band ist, stammt aus Taipei, ist Choreograph und hat zum Beispiel den ikonischen Tanz zu Illits Magnetic mit entwickelt. Ach ja, einen schwarzen Gürtel in Taekwondo hat er auch noch. Juhoon ist seit frühen Jugendjahren Model: Sein Gesicht zierte schon vor der K-Pop-Karriere Werbeplakate oder lächelte in TV-Werbeclips. Seonghyeon ist der Haupt-Topliner und Songtextschreiber der Band, während der Jüngste in der Runde, Keonho, in großen Teilen für die Ästhetik und Konzepte der Musikvideos zuständig ist.

CORTIS im Circle Store:

Zwischen Trap, K-Pop und Emo

Kaum hatten CORTIS mit den ersten Songs GO! und What You Want (das es auch in einer alternativen Version mit Teezo Touchdown gibt) debütiert und einige Wochen später ihre erste EP COLOR OUTSIDE THE LINES vorgelegt, kam in einigen TikTok- und Reddit-Ecken eine wohlbekannte und interessante Diskussion auf.

Vor allem PoC warfen der Band und ihrer Produktionsfirma vor, sich recht schamlos an Schwarzer Musik vergriffen zu haben und eine Art weichgespülte Trap-Variante zu liefern. Die Emo-Vibes von What You Want ließ man ihnen durchgehen, aber viele erkannten die musikalische Nähe von CORTIS’ FaSHion zu A$AP Rockys Praise The Lord. Und klingt GO! nicht nach FE!IN von Travis Scott? Und JoyRide nach Circles von Post Malone?

Die Kritiker:innen haben hier einen Punkt: K-Pop war schon immer recht, sagen wir mal, schmerzfrei, wenn es darum geht, andere Stile aufzugreifen. US-Rap ist zwar seit den frühen 90er-Jahren ein wichtiger Einfluss in Südkorea und löste quasi den K-Pop-Urknall aus, als Seo Taiji And Boys 1992 West- und Eastcoast-Rap-Einflüsse in die koreanische Popkultur übersetzten (wie hier schon einmal erzählt haben). Aber in den letzten Jahren gab es immer wieder Skandale und berechtigte Empörung über Idols, die sich musikalisch und modisch an Black Culture bedienten, aber wenig Wissen oder Respekt für das Quellenmaterial und den speziellen, kulturellen Background mitbrachten. Googelt einfach mal Kiss Of Life-Skandal und ihr wisst, was gemeint ist.

Die Fans lieben sie trotzdem – und ein Teil der Musikpresse auch

Trotzdem haben CORTIS recht schnell eine erste Fanbase aufgebaut und wurden – nicht zuletzt wegen ihres BIGHIT-Backgrounds und ihrer guten Englischkenntnisse – auch von der westlichen Musikpresse hofiert. Der amerikanische Rolling Stone bekam das allererste Interview und auch Weichspül-Interviewer Nummer eins, Zane Lowe von Apple Music, hofierte die Fünf. In diesem Gespräch machten sie allerdings eine recht gute Figur, wirkten sehr sympathisch und gaben Einblicke in ihren kreativen Prozess, die sehr authentisch wirkten. Wobei sie ein wenig zu oft betonten, was sie alles selbst machen würden – das klang schon fast ein wenig eingebrieft.

Trotzdem kann man sich leider nicht dagegen wehren: Der CORTIS-Sound mag noch zu nah an den hörbaren Vorbildern sein, aber er bringt eine neue Note in die K-Pop-Playlisten und hat schon viele Fans eingefangen. Außerdem sind die CORTIS Rookies, die noch sehr jung sind und am Anfang ihrer Karriere stehen. Man sollte ihnen die Chance geben, die Kritik anzunehmen und in ihrem kreativen Prozess zu bedenken.

Das war übrigens auch ungefähr das, was ihnen die Labelkollegen von BTS mit auf den Weg gaben. Im Rolling Stone-Interview verriet Juhoon: „Ein Ratschlag, den BTS uns gegeben haben, ist, dass viele Leute denken, dass mit dem Debüt schon alles festgeschrieben ist für eine Band. Aber eigentlich ist das Debüt nur der Anfang. Man muss also nicht perfekt sein. Man sollte sich immer verbessern und weiterentwickeln.“ Wise words. 

Mehr K-Pop im Circle Mag: