
Von Yungblud bis Lady Gaga: Das sind die 20 besten Alben des ersten Halbjahrs 2025
popkultur01.07.25
Erfahrene Pop-Diven, Genre-Grenzsprenger und deutsche Newcomer: Das erste Musikhalbjahr 2025 hatte einiges zu bieten. Auch Sam Fender, Lorde und Ghost meldeten sich mit neuen Veröffentlichungen zurück, ebenso wie The Weeknd und Yungblud. Das sind die 20 besten Alben der vergangenen sechs Monate!
Sam Fender – People Watching
Für sein drittes Album People Watching hat sich Sam Fender endgültig gefunden. Wie es Springsteen Jahrzehnte vor ihm getan hat, erzählt Fender die Geschichten der Menschen seiner Heimat, die einfachen und doch einzigartigen Geschichten dieser einfachen und doch einzigartigen Menschen. Das ist so bewegend, nah und nachvollziehbar wie es heutzutage nur sehr wenige Songwriter sind. Und klar, musikalisch ist Sam Fender eh eine Nummer für sich, ein Ausnahmetalent, das den Heartland Rock in Großbritannien verankert hat und ihn mit dem dortigen Blue-Collar-Sound gekreuzt hat.
Lady Gaga – Mayhem
Sie ist die Grand Dame der modernen Popmusik und macht seit vielen Jahren nur noch eins: was sie will. Das ist auch auf Lady Gagas siebtem Album Mayhem nicht zu überhören. Ob anspruchsvoller Düsterpop wie Disease, Mega-Hits wie Abracadabra oder spannende Features wie Killah mit dem französischen DJ Gesaffelstein: Hier ist für alle „Little Monsters“ und solche, die es werden wollen, etwas dabei.
Haim – I Quit
Haim bleiben sich treu – nämlich darin, sich nie festlegen zu lassen. Schon der Opener Gone auf ihrem vierten Album I Quit klingt wie eine Mini-Rockoper: vollgestopft mit Ideen und Wendungen. Kaum meint man als Hörer:in, einen Song des Schwestern-Trios aus L.A. durchschaut zu haben, zünden die Musikerinnen das nächste kleine Feuerwerk – und stellen alles noch einmal auf den Kopf.
Turnstile – Never Enough
„In der Zukunft wird es keine großen Rockstars mehr geben.“ Ein Mantra, das man seit vielen Jahren immer wieder hört – vor allem von jenen, die vor 20 Jahren aufgehört haben, neue Musik zu entdecken. Die (ehemaligen) Hardcore-Punks Turnstile aus Baltimore beweisen das Gegenteil und zeigen eindrucksvoll, dass innovativer Rock alles andere als tot ist. Mit Never Enough brachte die Truppe Anfang Juni ihr viertes Album raus. Hört hier rein:
Spiritbox – Tsunami Sea
Mit nur einem Album wurden Spiritbox 2021 zu einer der größten Hoffnungen im Bereich des modernen Metal. Nach Eternal Blue festigen sie diesen Status im März 2025 mit dem massiven Tsunami Sea. Wo das erste Album schon eine emotionale Blendgranate war, ist der Nachfolger ein wahrer Leviathan, ein akustischen Angriff, der ebenso anmutig wie abgründig ist. Weniger experimentell mag diese Platte daher nur auf den ersten Blick sein – Spiritbox perfektionieren hier einfach ihre einzigartige Mischung, die dem Metal vor vier Jahren eine verheißungsvolle Zukunft gegeben hat. Das ist zu einem großen Teil Stimmgewalt und Songwriterin Courtney LaPlante zu verdanken, die längst zu den Tonangeberinnen dieser Szene gehört.
Julien Baker & Torres – Send A Prayer My Way
Make country queer again: Mit ihrem gemeinsamen Debüt Send A Prayer My Way haben sich Julien Baker und Torres vom Fleck weg als neue Stimme im Alternative Country etabliert. Ihre Songs tragen die Insignien des Genres – die Weite, die geschundenen Herzen, die endlosen Highways –, kleiden sie aber in libertäre und diverse Texte und brechen damit den Konservatismus des Genres aufs Feinste auf. Die Lieder sind gefühlvoll, aber nie kitschig, tief im Americana-Mythos verwurzelt, ohne Allgemeinplätzen zu viel Raum zu geben. Country eben – nur 2025.
The Weeknd – Hurry Up Tomorrow
Das Album Hurry Up Tomorrow von The Weeknd erschien im Januar als musikalisches Begleitstück zum gleichnamigen Psychothriller von Trey Edward Shults. Klingt nach Konzeptkunst und genau das zieht sich auch durch die Platte: R&B, Synth-Pop und brasilianische Einflüsse – dazu gibt’s ein Feature mit Lana Del Rey. Mit diesem wachen Blick auf die Musik der letzten 40 Jahre klingt The Weeknd, wie wir ihn am liebsten hören.
Pulp – More
Während viele Bands von sich behaupten, in keine Genre-Schublade zu passen, trifft das auf Pulp aus England tatsächlich zu. Fans von Nick Cave und David Bowie sollten bei diesem großen Comeback ein Ohr riskieren, aber auch Anhänger:innen von Alabama 3, ABBA, Leonard Cohen und The Smiths. Klingt nach einer wilden Mischung? Ist es auch, und genau deshalb funktioniert More von Pulp auch so gut.
FKA Twigs – Eusexua
Nach dem Brat Summer 2024 hat sich natürlich jede und jeder gefragt, was das Gegenstück 2025 werden wird. Und auch wenn es mittlerweile stark nach einem Lorde-Summer aussieht, hat der Anfang des Jahres definitiv FKA Twigs mit ihrer sexuell aufgeladenen Electro-Utopie Eusexua gehört. Ein Album wie eine Sexpositiv-Party, mal Avantgarde, mal verkommener Techno-Abriss, immer selbstbestimmt und mit einer Transzendenzwirkung für das gesamte Genre der elektronischen Musik. So entwickelt man Musik weiter.
Steven Wilson – The Overview
Mit The Overview ließ Steven Wilson einen Traum unzähliger Fans wahr werden: Das Album markierte im Frühjahr eine Rückkehr zum ausufernden Prog, der insbesondere auf seinen letzten Releases etwas zu kurz kam. Jetzt aber schöpft Maestro Wilson wieder aus dem Vollen: Nur zwei überlange Songs, ein absolut hinreißendes Konzept über den sogenannten Overview Effect, den Astronaut:innen beim Blick auf die Erde aus dem All verspüren, und überbordende Prog-Rock-Musikalität, die auch an Tangerine Dream denken lässt. Es ist eben schon so etwas wie sein persönliches The Dark Side Of The Moon. Und da ist dann eh alles erlaubt. Wilson ist und bleibt der Progfather.
Bad Bunny – Debí Tirar Más Fotos
„Ich hätte mehr Fotos machen sollen“: So lässt sich der Titel von Bad Bunnys achtem Album übersetzen. Das klingt nach Nostalgie und ein bisschen Reue – und passt ziemlich gut zu einem Künstler, der seit 2018 mit Vollgas durch seine Weltkarriere rauscht. Viel Zeit zum Innehalten blieb da wohl nicht. Genau deshalb wirkt Debí Tirar Más Fotos vermutlich wie eine Sammlung tiefgründiger, aber trotzdem tanzbarer Tagebucheinträge.
Mumford & Sons – Rushmere
Mit ihrem bittersüßen Indie-Folk sind Mumford & Sons weltberühmt geworden. Irgendwann wandte sich die Band von diesem Pfad ab und versuchte sich an großen Stadion-Songs, kehrte dann aber dieses Jahr in den Schoß von Banjo und sehnsüchtiger Fernwehmusik zurück. Das aber eben nicht reuevoll, sondern eher lustvoll und froh über die neuen Abenteuer abseits der Wege. Die machen das fünfte Album Rushmere nämlich zu feinstem Eskapismus, zu einem Roadtrip, gegossen in wunderbare Songs. Allein der emporschwebende Titeltrack gehört zum Besten, was die Band jemals geschrieben hat. Und das Album hat noch sehr viel mehr zu bieten als das.
Ghost – Skeletá
Mit dem sechsten Album Skeletá ging Tobias Forge durchaus ein Wagnis ein. Mehr denn je schraubt der Mastermind den Arena-Rock-Regler auf Anschlag und entfesselt Songs, die Foreigner, Queen oder Def Leppard huldigen und spätestens jetzt nicht mehr als Metal zu bezeichnen sind. Manche alten Fans schreckte das mal wieder ab, Tausende neue Fans liebten es. Ghost sind spätestens jetzt in ihrer Stadion-Ära angekommen – und das noch dazu mit einem Album, das bei aller Introspektion weltumspannende Hymen en masse bietet. Und dabei ganz einfach Spaß macht. Hard-Rock-Entertainment im Breitwand-Format eben.
Miley Cyrus – Something Beautiful
Something Beautiful sollte Miley Cyrus’ Version von Pink Floyds The Wall sein – aber mit besseren Outfits. Das zeigt ja schon, dass die Sängerin hier ihre altbekannten Pfade verlässt und sich an einem Indie-Großprojekt versucht, das einer Suche nach dem Licht in der Dunkelheit gleichkommt. Höher zielte Cyrus nie zuvor, tiefer hätte sie nie fallen können. Tut sie aber nicht: Something Beautiful ist ein entschlossenes Statement ihrer künstlerischen Ambitionen. Eine tolle Stimme hat sie eh, das musste sie niemandem mehr beweisen. Mehr vielleicht schon, dass sie mehr ist als ein Pop-Star. Operation gelungen.
Inhaler – Open Wide
Inhaler zeigen auf ihrem dritten Album Open Wide, dass sie sich seit ihrer Gründung kräftig weiterentwickelt haben – denn die Songs klingen noch erwachsener als auf den ersten beiden Platten und Frontmann Elijah Hewson wirkt souveräner denn je. Sein Gesang ist nuancierter, selbstbewusster – und überzeugt sowohl in den energiegeladenen Momenten als auch in den nachdenklicheren Passagen. Gelungener Pop-Rock aus Irland!
Blumengarten – Ich liebe dich für immer
Im Fall von Blumengarten braucht es nicht mehr als zwei begnadete Musiker für einen ureigenen Sound: Indie, Pop, Singer/Songwriter, Folk, House, Hip-Hop, Alternative – und all das gepaart mit der unverkennbaren Stimme von Sänger Rayan. Besonders schön sind auf Ich liebe dich für immer die poetischen Texte, die zeigen, dass dieses Duo aus Velbert (bei Essen) einen ganz besonderen Blick auf die Welt hat.
Deafheaven – Lonely People With Power
Das ist keine Zeit für Träumereien: Mit ihrem sechsten Album Lonely People With Power begraben Deafheaven ihren melodischen Shoegaze-Sound und kehren zu fauchendem und gurgelndem Black Metal zurück. Das aber eben mit ordentlich Songwriting-Chuzpe und viel mehr Erfahrung, was zu einem künstlerischen Triumph und zum bisher besten Album der Band führt. Rohe Aggression und Ohrwurmmelodien balancieren sich aus und erschaffen einen Sog, den man in dieser Intensität selbst von Deafheaven noch nicht gehört hat.
Lorde – Virgin
Schon mit zwölf Jahren wurde Lorde entdeckt – durch die Teilnahme an einem Talentwettbewerb an ihrer Schule. Im Juni 2025 erschien nun ihr viertes Album Virgin, auf dem sie einmal mehr zeigt, wie verletzlich und doch selbstbewusst Pop klingen kann. Fragilität und Empowerment als Synergie, quasi. Ein besonderes Highlight: die Single What Was That, ein kraftvoller Trennungssong.
Sleep Token – Even In Arcadia
Vorreiter gibt es viele, Innovatoren und Pioniere auch. Die Welt der harten Musik mal so eben neu erfinden und auf den Kopf stellen, das kommt dann aber eben doch nur alle paar Jahrzehnte vor. Was Korn oder Slipknot in den Neunzigern und frühen Zweitausendern gemacht haben, übernehmen jetzt Sleep Token: Mit Even In Arcadia mischen sie die Karten neu, schreiben ein neues Regelwerk für die harte Gitarrenmusik, in der die einzige Regel diese ist: Mach es verdammt noch mal geil. Metal, R’n’B, Ambient, Pop, Rock und Rap-Beats fügen sich zu einem gewaltigen Album zusammen, das erschüttert, bewegt, inspiriert und begeistert.
Yungblud – Idols
Dass sich Yungblud immer wieder neu erfinden kann, hat der 27-jährige Musiker aus England längst bewiesen. Auf seinem vierten Album Idols treibt er diesen stetigen Wandel konsequent weiter und mischt Britpop, Punk, Emo, New Wave, Glamrock und sogar Beach-Boys-hafte Mehrstimmengesänge zu einem Sound, der so widersprüchlich wie stimmig ist. Seine bisher abwechslungsreichste Platte!